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Blutige Rache

Titel: Blutige Rache
Autoren: John Sandford
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Jahren wechselte er auf Wunsch von Lucas Davenport, bekannt für seine bisweilen unkonventionellen Methoden, zum SKA. Davenport erklärte Virgil, dass er ihn auf die harten Fälle ansetzen würde. Und das tat er.
     
    Virgil verfasste in seiner Freizeit Artikel für Jäger- und Angler-Magazine und machte sich schon bald einen Namen; manchmal zweigte er auch ein paar Stunden Arbeitszeit dafür ab.
    Er liebte es, an einem kühlen Sommermorgen um halb sechs, wenn die Sonne gerade aufging und noch Nebelschwaden über dem Wasser standen, auf einem Fluss oder See zu sein. Und er liebte die Rotwildjagd in verschneiten Kiefernwäldern.
    Virgil wohnte im südlichen Minnesota, genauer gesagt in Mankato, und war hauptsächlich in den Bezirken südlich und westlich der Twin Cities bis hinunter zur Grenze nach Iowa und im Westen zu der nach South Dakota im Einsatz. Inzwischen holte Davenport ihn allerdings immer häufiger ins Stadtgebiet. Virgil hatte beim SKA, genau wie früher in
St. Paul, eine erstaunlich hohe Aufklärungsrate bei Ermittlungen vorzuweisen.
    Niemand, nicht einmal Virgil selbst, wusste, wie er das machte. Vermutlich hatte es mit Straßenpräsenz, Chuzpe, Skepsis, Glück und vielleicht auch ein paar Gebeten zu tun. Davenport gefiel die Mischung jedenfalls, weil sie funktionierte.
     
    Dieser Fall hatte seinen Anfang in New Ulm genommen, mitten in Virgils Territorium, wo man die übel zugerichtete Leiche von Chuck Utecht am Fuß des örtlichen Veteranendenkmals fand, eine Zitrone im Mund und zwei Schusswunden von einer.22er Pistole im Kopf -.22er verwendeten Scharfschützen oder kaltblütige Killer, keine Amateure.
    Virgil verbrachte fast zwei Wochen im Brown County Law Enforcement Center, arbeitete mit der Polizei von New Ulm und den Sheriff Deputies von Brown County zusammen, führte Befragungen durch, sammelte Hinweise und suchte nach jemandem, der Utecht genug hasste, um ihm den Garaus zu machen. Danach war er so weit, sich in den örtlichen Lebensmittelläden zu erkundigen, wer in der fraglichen Zeit Zitronen gekauft hatte.
    In drei Gesprächen mit Utechts Frau Marilyn kristallisierte sich heraus, dass nicht einmal sie eine eindeutige Meinung über ihren Mann hatte. Offenbar war sein Tod für sie eher eine Unannehmlichkeit als eine Tragödie gewesen. Doch vielleicht täuschte er sich ja.
     
    Im Jahr zuvor hatte Virgil einen Mann getötet; das beschäftigte ihn immer noch. An manchen Abenden sprach er mit Gott darüber. Er hoffte, dass ihn der Vorfall ein wenig nüchterner und erwachsener gemacht hatte.

    Trotzdem brauste er nun mit einem Affenzahn durch die Nacht, ein Bif-Naked-T-Shirt und Cowboystiefel am Leib, ein schlechtes Gewissen wegen seinem wunden Schwanz. Er beschleunigte auf einhundertsechzig Stundenkilometer. Im Radio lief Willie Nelsons »Gravedigger«, einer seiner fünf Lieblingssongs von Nelson. Virgil sang mit - gar nicht so schlecht, wie er fand.
     
    In Stillwater bog er in die Osgood Avenue ein und fuhr in Richtung Norden, vorbei am Friedhof, dunkle Straßen entlang, missachtete ein Stoppschild, sah das Blaulicht der Polizei. An der Absperrung zeigte er seinen Dienstausweis einem Beamten, der ihn durchwinkte. Virgil ließ den Wagen die Anhöhe hinunterrollen, fand eine Lücke zwischen den Streifenwagen, parkte seinen Truck und stieg aus.
    Vier Uhr früh, und die Anwohner scharten sich, mit Polizisten oder Nachbarn plaudernd, um die Absperrung oder beobachteten vom Vorgarten aus, was sich am Monument tat. Einige hielten Tassen mit Kaffee in der Hand, dessen Duft Virgil in die Nase stieg.
    Bei dem Gerichtsgebäude handelte es sich um einen alten Ziegelbau mit einer Kuppel im italianisierenden Stil auf einem Hügel über dem Fluss. Virgil war schon einmal dort gewesen, bei einer Hochzeitsfeier auf dem Rasen davor - das Bürgerkriegsdenkmal auf der einen Seite, die Kirchturmspitzen, die hinter den Bäumen hervorlugten, dazu schmale Straßen und Schindelhäuser aus der Blütezeit Stillwaters, in der auf dem Fluss noch Holz transportiert wurde.
    Weiter unten, auf der anderen Straßenseite, glänzte das knapp zwanzig Meter hohe Veteranendenkmal aus Edelstahl im Licht der von den Feuerwehrleuten aufgestellten Lampen. Eine Art Bauzaun schützte die Leiche vor den Blicken der Neugierigen.
Virgil steuerte auf eine Gruppe von Männern zu, die offensichtlich das Sagen hatten.
    Einer von ihnen, Mitte fünfzig mit Schnurrbart und zerknittertem Anzug, nickte ihm zu und fragte: »Sind Sie Virgil
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