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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag
Autoren: Heinz G. Konsalik
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traten aus dem schützenden Wald hinaus ins Freie, gingen, jeder drei Schritte Abstand vom anderen, hintereinander am Waldrand entlang, erreichten den Telefonkasten an dem Baum und schwenkten dann hinein in den Todesstreifen.
    Sie marschierten ganz ruhig und sicher, so wie es sich für eine Patrouille gehört, die Köpfe hoch erhoben, den Blick geradeaus, die Hände an den Maschinenpistolen. Kurz vor dem ersten Drahtverhau fragte Muratow über die Schulter:
    »Gehe ich zu schnell?«
    »Nein, ich komme gut mit …« sagte Irena. »Es kann sogar schneller werden …«
    »Noch zweihundert Meter.«
    Pilny und Muratow räumten die Gasse durch den Verhau aus, ließen Irena durch und schlossen den Durchschlupf wieder, so wie sie es von der sowjetischen Streife gesehen hatten.
    »Jetzt kommt die Minengasse«, sagte Muratow. »Bleibt genau in meiner Spur. Ich weiß, daß sie die Minen sehr eng legen und durch Stolperdrähte miteinander verbinden.«
    Und weiter ging der Marsch.
    Drei Schritte Abstand. Genau in den Fußstapfen des Vordermannes.
    Die Lautlosigkeit um sie herum war bedrückend. Die Bodennebel umwehten sie, der Himmel zersetzte sich zu fahlen Streifen. Unter ihren Stiefeln knirschte die Feuchtigkeit des Taus.
    Die zweite Sperre.
    Muratow hakte den Durchgang auf, ließ Pilny und Irena passieren und blickte beim Schließen der Gasse zu den beiden stummen Wachttürmen. Er ahnte, daß jetzt an den Sehschlitzen die Wachen standen und sie beobachteten, ratlos, was das da unten sein konnte, denn die normale Streife hatte sich über das Feldtelefon noch nicht gemeldet. Außerdem war es viel zu früh. Doch was da durch den Todesstreifen marschierte war ganz klar ein sowjetischer Trupp von drei Mann. Im Feldstecher erkannte man deutlich den ersten Mann: Ein Offizier, ein Leutnant. Ihm folgte ein Gefreiter und ein Bürschchen von höchstens achtzehn Jahren, ein Rekrut sicherlich, schlank und feingliedrig.
    »Man hat sie uns nicht gemeldet«, sagte in dem Augenblick, als Muratow das zweite Hindernis hinter sich schloß, der Wachhabende auf dem linken Turm ins Telefon. »Was sollen wir tun, Genosse Leutnant … bei der Streife ist auch ein Leutnant dabei?«
    Der rechte Turm meldete im gleichen Augenblick die gleiche Wahrnehmung: Eine fremde Streife von drei Mann marschiert durch das Minenfeld. »Sie müssen sich auskennen«, sagte der Wachhabende von Turm 49 zur Zentrale. »Sie gehen genau durch die Gassen. Soll ich den Scheinwerfer anstellen?«
    »Wartet ab!« Der Leutnant warf die Hörer hin, griff nach Koppel und Mütze und rannte aus der getarnten Baracke. Er sprang in den Jeep und ratterte über die schmale Waldstraße zu Turm 49. Dort hatte die Besatzung des in Deckung gefahrenen Panzerspähwagens die Planen von den schweren Maschinengewehren gerissen und die langen gebogenen Magazine eingeschoben. Auf dem Wachtturm herrschte helle Aufregung. Man hatte drüben auf deutscher Seite Lichtflecke im Wald gesichtet. Was das bedeutete, wußte man: Der deutsche Grenzschutz fuhr mit abgeblendeten Lichtern Streife und näherte sich dem Zaun.
    Dem Zaun, auf den auch der kleine sowjetische Trupp zumarschierte. Drei Mann … hintereinander … militärisch straff … die Hände an den Waffen … in Schlangenlinien durch die Minenfelder …
    »Noch knapp hundert Meter«, sagte Muratow über die Schulter. »Jetzt nicht nervös werden!« Pilny atmete ein paarmal tief durch. »Nicht schneller werden! Ganz ruhig weitermarschieren. Auch den Zaun heben wir aus, als sei es unsere tägliche Arbeit … erst wenn wir auf deutschem Gebiet sind, laufen wir …« Er umklammerte den Kolben seiner Maschinenpistole. »Wie geht es, Irena?«
    »Gut, Karel. Ob sie uns sehen?«
    »Natürlich sehen sie uns. Es ist für sie ein großes Rätselraten.«
    Der sowjetische Leutnant war unterdessen auf den Turm geklettert und folgte mit dem Fernglas den drei unbekannten Rotarmisten durch den Todesstreifen.
    »Ein Panzerleutnant«, sagte er, als er Muratow im Blickfeld hatte. »Das ist völlig verrückt! Hier gehen keine Panzerleute Streife. Ich weiß es genau.« Er drückte auf den Alarmknopf, der Turm 49 mit Turm 50 verband. »Es wird Ärger geben, Genossen … aber wir müssen unsere Pflicht tun. Keiner weiß, wo die drei Genossen herkommen.«
    Auf Turm 50 flammte plötzlich der starke Scheinwerfer auf und drehte sich auf die kleine Gruppe im Morgennebel. Grell ergriff der Lichtfinger sie und hob sie gegen die dunkle Wand des Waldes ab.
    »Weiter!« sagte
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