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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag
Autoren: Heinz G. Konsalik
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feurige Genosse … er hat das Kätzchen doch bezwungen, auch wenn's Blut gegeben hat. Du kennst sie doch, unsere Menschen … oder hast du im tschechischen Bett deine russische Seele verloren?«
    Er ergriff sie am Arm, und so sehr sie sich auch wehrte, schleifte er sie hinunter zum Bach. »Nun wasch dich! Setz dich ins Wasser … ich helfe dir …«
    Und so hockte sich Valentina nackt in den kalten Bach, und Andrej Mironowitsch wusch ihr den Rücken und die Schultern, die Hüften und die Brüste, spülte das Blut von der bräunlichen Haut und empfand großes Mitleid, als er die dicken, aufgetriebenen Striemen befühlte.
    »Man wird sie in zwei, drei Wochen nicht mehr sehen«, sagte er stockend. »Du wirst wieder die schönste Frau sein. Deine Haut wird wie Samt glänzen. Aber konnte ich anders handeln? Wie eine Tigerin warst du. Und ich verlor den Verstand vor Haß.«
    Er trocknete sie mit der Decke ab, rieb ihren kalten Körper, aber ganz vorsichtig, damit sie keine neuen Schmerzen in den Striemen spürte, lief dann wieder hinunter zum Bach und wusch die Blutflecken aus der Bluse und den alten, zerrissenen Blue jeans. Beides legte er zum Trocknen in die Sonne und setzte sich dann neben Valentina in den Jeep.
    »So gefällst du mir schon besser«, meinte er gutgelaunt. »In ein paar Monaten wirst du gestehen, welch ein großer Irrtum diese Prager Liebe für dich war.« Er zündete sich eine Zigarette an, legte den Arm um Valentinas Schultern, und sie wehrte sich nicht, nur ihr Gesicht wurde merkwürdig steinern und ausdruckslos. Das kalte Bad im Bach hatte ihr Inneres beruhigt, die Unvernunft einer tobenden Seele war abgekühlt. Nun regierte wieder der klare Verstand, die nüchterne Abwägung der Tatsachen. Und sie sagten: Spiel dieses schreckliche Spiel weiter und warte. Warte auf die Gelegenheit, wo du die Pforten der Hölle aufstoßen kannst. Einmal wird sie kommen … und wenn es wirklich erst in diesem einsamen Fischerdorf am Kaspischen Meer ist. Vielleicht kannst du ihn im heißen Sand ersticken, während er schläft, vielleicht kannst du ihn im rauschenden Meer ersäufen wie eine Katze … einmal wird die Stunde kommen –
    Als ihre Sachen trocken waren, zog sich Valentina Kysaskaja an und setzte sich neben Tschernowskij vorne in den Jeep. Die sichtbaren Striemen an den Unterarmen umwickelte er mit zwei Päckchen Verbandsmull, die er im Sanitätskasten des Wagens fand.
    So fuhren sie in Prag ein, in die goldene Abendsonne, in dieses Wunder einer versteinerten Schönheit.
    In der Halle des beschlagnahmten Hotels empfing sie ein Major. Verblüfft sah er auf das noch immer wilde Bild, das die Kysaskaja bot.
    »Ein Autounfall war's«, sagte Tschernowskij leichthin. »Keine Sabotage, Genossen, o nein! Irgend etwas an der Lenkung stimmte nicht. Plötzlich zog der Wagen nach rechts, und wir kippten in einen Graben. Die Genossin Kysaskaja fiel in ein Dornengestrüpp. Ekelhaft war's.«
    »Ich werde den Wagen sofort untersuchen lassen, Genosse Oberst«, sagte der Major. »Immer dasselbe mit dem Material. Da erfüllen sie ein Übersoll, aber was dabei herauskommt, ist halsbrecherisch!«
    »Sind meine Zimmer noch frei?« Tschernowskij sah sich um. In der Hotelhalle herrschte ein ameisenhafter Betrieb. Hier liefen alle Fäden der sowjetischen Geheimpolizei zusammen, wurden alle Aktionen im Lande, jeder Plakatanschlag gegen die Sowjets, jeder Schweigemarsch, jedes gemeldete Anspucken der Rotarmisten, jede Regung des tschechischen Volkes gesammelt und registriert. Material stellte man zusammen, unauffällig, fast demütig geduldig … aber eines Tages würde man die Rechnung für jede Beleidigung präsentieren. Die alte russische Kunst, Zeit zu haben, wurde hier in den beschlagnahmten Zimmern aktenkundig –
    »Natürlich, Genosse!« Der Major winkte zwei Soldaten. »Haben Sie Gepäck bei sich? Es ist nichts verändert worden.«
    »Nur einen Koffer.« Tschernowskij wandte sich an Valentina. »Du wirst müde sein«, sagte er mit jener höllischen Höflichkeit. »Die anstrengende Fahrt … und dann der … Unfall … Leg dich gleich hin.«
    Er faßte sie unter und ging zum Lift. Einer der Soldaten brachte den berühmten schweinsledernen Koffer ins Hotel, bestaunt von allen, an denen er vorbeikam.
    In seiner Zimmerflucht fand Tschernowskij wirklich alles noch so, wie er es bei seiner überstürzten Abreise nach Horni Vltavice verlassen hatte. Nicht einmal Staub hatte man gewischt … wenn es schon hieß, nichts verändern,
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