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Blutgrab

Blutgrab

Titel: Blutgrab
Autoren: Andreas Schmidt
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selig.«
    »Glauben Sie, was Sie denken.« Sie hielt das schnurlose Telefon hoch. »Also«, sagte Maja. »Was soll ich tun?«
    »Wähl seine Handynummer, den Rest erledige ich.«
    »Stromausfall«, bemerkte Maja, die ahnte, dass der Stromausfall zwischenzeitlich behoben war. »Das Telefon wird nicht funktionieren.«
    »Unsinn, da sind Batterien drin.«
    Maja zwang sich dazu, ruhig zu bleiben und analytisch zu denken. So wie sie es sonst tat, wenn sie in einem Fall ermittelte. Dieser Mann war einer der Räuber, was nach dem gestrigen Zwischenfall bedeutete, dass er über Leichen ging. Ein Toter mehr oder weniger bedeutete ihm nichts. Also würde er auch keine Sekunde zögern, sie zu töten. Andererseits war er mit einem Anliegen zu ihr gekommen, er verfolgte mit dieser Aktion ein Ziel. Um sein Ziel zu erreichen, würde er Maja zwar bedrohen, sie aber nicht töten. Denn so wie Maja den Sachverhalt einschätzte, war sie der Schlüssel zu seinem Erfolg. Sie atmete tief durch, als sie Norberts Nummer eintippte, die sie Gott sei Dank schon auswendig kannte.
    Wuppertal-Sonnborn, Zooviertel, 9.05 Uhr
    Ulbricht fühlte sich leer und ausgebrannt. Er hatte sich mit Gisela Brabender in einen VW-Bus der Polizei zurückgezogen, den die Kollegen der Streife am Straßenrand abgestellt hatten. Durch die großen Fensterflächen des Bulli konnten sie auf Brabenders Villa blicken. Soeben war der Leichenwagen vorgefahren. Zwei schwarz gekleidete Männer stiegen aus und fragten sich durch. Heinrichs nahm sie in Empfang und brachte sie ins Haus.
    »Ihr Mann wird jetzt abgeholt«, sagte Ulbricht und verkniff sich den Zusatz »jedenfalls das, was von ihm übrig geblieben ist.« In seiner Laufbahn als Polizist hatte er schon viel erlebt, doch dass sich jemand das Gesicht wegpustete, war ihm erst ein, zwei Mal begegnet. Es war ein schrecklicher Anblick und sicher auch ein qualvoller Tod, dessen einziger Vorteil war, dass es schnell ging.
    »Er war pleite«, sagte Gisela Brabender leise und stierte auf den kleinen Tisch zwischen ihnen. Ihre Hand wischte fahrig über die Holzplatte. »Ihm stand das Wasser bis zum Hals, und nur deshalb habe ich die Scheidung hinausgezögert.«
    Ulbricht nickte, als er das Vibrieren in seiner Jackentasche spürte. Ihm saß eine Frau gegenüber, die in den letzten zwölf Stunden eine Menge erlebt hatte und sichtlich ergriffen war. Ulbricht beschloss, das Handy zu ignorieren. »Er war gestern Vormittag beim Rechtsanwalt«, sagte er stattdessen.
    Ihr Kopf ruckte mit einer mechanischen Bewegung hoch. »Er wollte sich von mir scheiden lassen?«
    »Das hat er gesagt. Wir waren bei seinem Anwalt -der Mann ist Fachanwalt für Insolvenzrecht.«
    »Dann hatte er also vor, einen Schlussstrich zu ziehen.«
    Ulbricht nickte und faltete die Heinde auf dem kleinen Tisch. Das Klingeln hatte aufgehört.
    »In jeder Hinsicht. Aber den Neuanfang hat er irgendwie nicht hinbekommen.«
    »Kein Wunder. Er war zu schwach. Ein Mann, der sich vierundzwanzig Stunden am Tag hinter einer Maske versteckte.«
    »Das ist Teil seines Jobs als Geschäftsmann«, entgegnete Ulbricht.
    »Aber nicht, wenn er zu Hause bei mir ist. Aber er hat mit mir nicht über solche Dinge gesprochen.«
    »Woher wissen Sie denn, dass es schlecht um ihn bestellt war?«
    »Ich bin nicht blöd. Und ich war immer zu Hause, wenn die Post kam. In letzter Zeit häuften sich die Einschreiben und die gelben Briefe mit der so genannten förmlichen Zustellung'. Meistens Briefe, die ein Mahnverfahren gegen Georg androhten.«
    »Steckt er hinter dem Überfall auf seinen Laden?«, wagte Ulbricht einen Vorstoß.
    Sie lächelte. »Sie meinen, ob er alles inszeniert hat, um sich von der Versicherungssumme gesundzustoßen?« Gisela Brabender schüttelte den Kopf, bevor sie fortfuhr. »Es gab keine Versicherung mehr, weil das Geld fehlte. Georg fuhr volles Risiko und hat nur die Versicherungen behalten, die er aufrechterhalten musste.«
    »Moment«, rief Ulbricht ungläubig. »Es gab keine Versicherung, die für den Schmuck, die Uhren und all das aufkommt?«
    »Nein - nichts. Ihm stand das Wasser bis zum Hals.«
    Ulbricht staunte nicht schlecht. Er wusste nicht, wie er in Brabenders Situation gehandelt hätte, aber wahrscheinlich würde er keine Villa mehr besitzen und keinen Jaguar fahren, wenn er so hoch verschuldet wäre wie der tote Juwelier.
    »Nach außen den Schein wahren war sein oberstes Gebot«, sprach Gisela Brabender seine Gedanken aus. »Es kam für Georg nicht infrage,
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