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Blutgrab

Blutgrab

Titel: Blutgrab
Autoren: Andreas Schmidt
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Verhältnis hat zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht mehr bestanden?«, fragte er vorsichtig. »Nein, ich habe die Sache damals beendet. Bernd hat mich angehimmelt, mir stundenlang zugehört und er war ein guter Liebhaber.« Bei den letzten Worten errötete sie ein wenig und senkte den Blick. »Georg beachtet mich seit der Fehlgeburt unseres Kindes nicht mehr, er bevormundet mich und geht mir garantiert auch fremd.«
    »Denken Sie über eine Scheidung nach?«
    »Natürlich. Georg würde es teuer bezahlen müssen, wenn ich mich von ihm trenne, vielleicht ist das der Grund, weshalb ich bisher davon Abstand genommen habe. Außerdem ist mir die Ehe im Grunde genommen sehr heilig. Ich hatte ein schrecklich schlechtes Gewissen damals und habe unsere Affäre beendet. Bernd kam nicht damit zurecht, glaube ich. Kurze Zeit später hat er die Scheidung von Carolin Mertens eingereicht. Und gestern Abend habe ich ihn zum ersten Mal seit einer langen Zeit wiedergesehen. Warum er mich aber gekidnappt hat, kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Er schaffte mich hierher und sperrte mich in das Gewölbe. Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
    »Hatten Sie den Eindruck, dass er geistig verwirrt war?«
    »Das kann ich Ihnen nicht beantworten, Kommissar.«
    Ulbricht nickte und zog seinen Block aus der Tasche. »Ich benötige den vollständigen Namen und nach Möglichkeit seine Anschrift. Und alles, was Sie mir von ihm erzählen können. Wir werden ihn kriegen, das verspreche ich Ihnen.« Kaum, dass Ulbricht den letzten Satz ausgesprochen hatte, bereute er ihn. Normalerweise versprach er den Opfern einer Straftat nichts, weil er nichts versprechen konnte. Die Wahrscheinlichkeit, einen Entführer festzunehmen, war recht groß. Sollte der Mann aber in die Vorfälle der letzten beiden Tage involviert sein, verhielt sich die Lage wahrscheinlich anders.
    Es würde wohl auch heute ein ereignisreicher Tag werden.
    Gisela Brabender schwieg beharrlich.
    »Sind Sie okay?«, fragte er sie und legte eine Hand auf ihren rechten Unterarm.
    Gisela Brabender nickte. »Ich will nicht ins Krankenhaus, sondern einfach nur nach Hause, will mich ausruhen.«
    »Aber dort ist Ihr Mann; sie werden ihm etwas erzählen müssen«, wandte Ulbricht ein und ließ den Notizblock wieder verschwinden.
    Sie holte tief Luft. »Da muss ich durch. Vielleicht ist das ein Anlass, endlich Nägel mit Köpfen zu machen und die Scheidung einzureichen.«
    Ulbricht nickte. Sie musste nicht wissen, dass Brabender ihnen erzählt hatte, ähnlich über seine Ehe mit Gisela zu denken. Erstens wäre das nicht der richtige Augenblick, zweitens ging es ihn nichts an, und üblicherweise hielt er sich aus privaten Belangen raus, insofern sie nicht direkt etwas mit laufenden Ermittlungen zu tun hatten. Vielleicht gab es dennoch eine Gelegenheit, Georg Brabender unter vier Augen zu sprechen. Ulbricht blickte auf die Armbanduhr. Wenn für den Juwelier heute, einen Tag nach dem Raubüberfall, wieder der Alltag einkehrte, blieb nicht mehr viel Zeit, bis er ins Geschäft fuhr.
    Aber wahrscheinlich, so konstatierte Ulbricht, blieb der Laden in der Poststraße heute noch geschlossen.
    »Ich fahre Sie nach Hause«, sagte er und lächelte Gisela Brabender an.
    »Das würden Sie tun?« Die junge Frau klang erleichtert, als sie von der Pritsche aufstand.
    »Natürlich.« Ulbricht stieß die Heckflügeltüren des Krankenwagens auf. Sofort drang die herrschende Geräuschkulisse wieder ungefiltert an ihre Ohren. »Ich habe sowieso noch im Zooviertel zu tun.«
    Wuppertal-Barmen, An der Bergbahn, 7.35 Uhr
    Als Maja erwachte, kitzelte sie die Sonne, die durch den Spalt der altmodisch gemusterten Gardinen in den Raum fiel. Staubpartikel tanzten im gleißenden Licht, und zum ersten Mal, seitdem sie in Wuppertal war, erahnte sie einen Hauch von Frühling. Im hellen Licht erkannte sie, wie alt das Mobiliar tatsächlich war, und sie verspürte den Wunsch, Norbert bei der Einrichtung seiner Wohnung behilflich zu sein.
    Apropos Norbert - wo steckte er bloß? Als sie in die Wohnung lauschte, hörte sie keinen Laut. Auch sein Schnarchen drang nicht an ihre Ohren. Sie wunderte sich ein wenig darüber, dass er es gestern Abend nach der zweiten Flasche Weißwein vorgezogen hatte, auf der unbequemen Couch im Wohnzimmer zu schlafen. Sie hätte nichts gegen ein wenig Gesellschaft einzuwenden gehabt, doch Ulbricht schien seine Prinzipien zu haben. Wie dem auch sei - Maja fragte sich, ob er tatsächlich noch schlief.
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