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Blutgrab

Blutgrab

Titel: Blutgrab
Autoren: Andreas Schmidt
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Flur sah er niemanden.
    »Hallo - ist hier jemand? Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus, hier ist die Polizei!«
    Wieder keine Reaktion. Ulbricht wartete einige Sekunden, die zäh wie Sirup zerrannen, und warf dann einen Blick in Brabenders Arbeitszimmer. Er hockte auf seinem Bürosessel, mit dem Rücken zur Tür.
    Etwas an seiner Haltung stimmte nicht, er hing zusammengesunken in dem Lederpolster seines Schreibtischstuhls.
    »Herr Brabender, ist alles in Ordnung?«, stieß Ulbricht hektisch hervor. Eine eher rhetorische Frage, auf die er erwartungsgemäß keine Antwort erhielt. Ulbricht blickte sich im Raum um und konnte keine weitere Person erkennen, die sich möglicherweise versteckt hatte, um ihm aufzulauern. Dann durchmaß Ulbricht den Raum mit weit ausholenden Schritten. Als er bei Brabender angekommen war, sah er, dass der Juwelier kein Gesicht mehr besaß -alles, was sich oberhalb seines Kinns befand, glich einer blutigen und breiigen Masse. Der Bereich um den Schreibtisch herum war voller Blut, und erst jetzt erblickte Ulbricht die kleinkalibrige Waffe in der Hand des Toten. Georg Brabender hatte seinem Leben ein Ende gesetzt, und Ulbricht fühlte, dass ihm die Angelegenheit über den Kopf wuchs.
    Wuppertal-Barmen, An der Bergbahn, 9.00 Uhr
    Maja erschrak, als es an der Wohnungstüre klopfte. Sie hatte in Ruhe gefrühstückt und sich dann um den Abwasch gekümmert, um sich ein wenig in Norberts Wohnung nützlich zu machen, wenn sie ihm schon nicht bei den Ermittlungen helfen konnte.
    Erneut klopfte es.
    Maja trocknete sich die Finger ab und warf das karierte Geschirrtuch über die Stuhllehne. Dann schlich sie so leise wie möglich durch den dunklen Flur. Sie trat an die Tür und warf einen Blick durch den Spion. Dort stand ein Mann, den sie auf den ersten Blick Ende dreißig schätzte. Durch die Linse des Spions war sein Gesicht verzerrt und wirkte spitz wie der Kopf einer Maus.
    »Hallo - ist jemand zu Hause? Es geht um den Stromausfall!« Wieder trommelte er gegen die Tür, und Maja wich unwillkürlich einen Schritt zurück.
    Wenn der Mann von Norberts Stromversorger geschickt worden war, dann lag der Fehler möglicherweise in seiner Wohnung. Man kümmert sich bereits darum, hatte Norbert in seiner Nachricht geschrieben.
    »Ich komme«, rief sie und gab sich einen Ruck. Maja öffnete die Tür und blickte in die Mündung einer Waffe.
    »Keinen Mucks, sonst gibt es eine Tote«, zischte er und fuchtelte mit der Waffe herum, die Maja als eine kurzläufige Maschinenpistole identifizierte. Eine Heckler & Koch vom Typ MP5. Diese Waffe wurde von der Bundespolizei verwendet. Maja fragte sich, wie er an die Waffe kam, denn dass er kein Bundespolizist war, lag auf der Hand, es sei denn, sie hatte es mit einem Amokläufer zu tun.
    Maja stutzte. Plötzlich explodierte in ihrem Kopf ein Bild: die Erinnerung an den Raubüberfall auf Brabender, mit dem gestern alles begonnen hatte. Drei Männer waren aus dem Laden gestürmt, in einer Hand die Beute, in der anderen Maschinenpistolen. Sie kombinierte, dass die Täter Norberts Spur bis zu seiner Privatwohnung zurückverfolgt hatten.
    »Sie müssen wahnsinnig sein, so etwas im Alleingang zu machen«, presste sie hervor. »Das LKA ist Ihnen auf den Fersen, und es ist eine Frage der Zeit, bis die Falle zuschnappt.«
    Der Fremde lachte. »Ja sicher. Und bis diese Zeit gekommen ist, bin ich schon mit meiner Nummer durch.«
    »Was haben Sie vor?«
    »Das werde ich dir gerade auf die Nase binden.« Dann stutzte er. Offenbar hatte er Maja auch erkannt. »Sag mal, hast du nicht vor dem Laden herumgelungert, als wir…«
    Maja schwieg.
    »Eigentlich wäre das dein Todesurteil, aber ich brauche dich noch.«
    »Was haben Sie vor?«, wiederholte Maja.
    »Wir werden einen kleinen Tausch machen. Der Typ, der hier wohnt, hat meine Frau, und ich habe seine Frau.«
    »Ich bin nicht seine Frau.«
    »Das interessiert mich nicht im Geringsten. Ihm wird schon etwas an dir liegen, sonst wärst du nicht alleine in seiner Wohnung.«
    Maja überlegte fieberhaft, was er mit seiner Andeutung gemeint haben könnte. Warum sollte Norbert seine Frau haben?
    »Wir rufen ihn jetzt an, deinen Bullen«, unterbrach er ihre Gedankenkette. Er erblickte das Telefon auf der Kommode, griff danach und warf es Maja zu. Im gleichen Moment streifte sein Blick den großen Akt. Er erkannte sie auf dem Bild und grinste schmierig.
    »So so«, machte er ironisch. »Der Bulle ist also nicht dein Mann? Wer es glaubt, wird
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