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Blutgrab

Blutgrab

Titel: Blutgrab
Autoren: Andreas Schmidt
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einen Schritt nach hinten zu tun. Das hatte er von seinem Vater so anerzogen bekommen. Aus ständiger Verlustangst hat Georg viele Jahre lang hart gearbeitet, doch als die Umsätze zurückgingen, hat er es nicht geschafft, sich zu verkleinern.
    »War er selbstmordgefährdet?«
    Gisela Brabender schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich wüsste. Nach außen hin war er immer cool und Herr der Lage. Aber selbst ich als seine Ehefrau wusste nicht, wie es tief in ihm aussieht.«
    »Das Ergebnis kennen wir nun«, murmelte Ulbricht, als sich sein Telefon zum zweiten Mal meldete.
    »Gehen Sie ruhig dran.«
    »Nein, das hat Zeit.« Ulbricht schüttelte den Kopf. »Wie geht es jetzt weiter mit Ihnen?« Kaum, dass er die Frage ausgesprochen hatte, wusste er, dass sie für Gisela Brabender völlig unpassend und viel zu früh kam.
     
     
    »Ich werde mir eine Wohnung suchen und einem geregelten Beruf nachgehen, einfach neu anfangen.« Sie lächelte matt. »Vielleicht ist es gut, wie es gekommen ist, so hart und brutal das auch für Georg ist. Wahrscheinlich hätte ich niemals den Mut gefasst, mich von ihm zu trennen. Und ich hätte in den nächsten Tagen noch planlos in den Tag hineingelebt, ohne Visionen und ohne Träume.«
    »Sie sind sehr gefasst.«
    »Was erwarten Sie? Soll ich heulend zusammenbrechen, weil sich der Mann, der mich in den letzten jähren bevormundet hat wie ein kleines Kind, das Leben genommen hat?«
    Ulbricht schwieg und betrachtete das Treiben draußen. Den Plan, sich um den Toten vom Zoo zu kümmern, hatte er längst verworfen. Das mussten andere machen.
    »Wie war das mit der Entführung?«, brach er schließlich das Schweigen. »Können und wollen Sie darüber reden?«
    »Dann habe ich es schneller hinter mir.« Sie nickte. »Bernd hat mich mit irgendetwas betäubt, es war fast wie im Film. Er hat mir ein Tuch auf die Atemwege gepresst, und ich war innerhalb weniger Sekunden bewusstlos. Ich erinnere mich an einen süßlichen Duft.«
    »Das klingt nach Äther.«
    »Möglich.«
    »Wie war das damals, als Sie die Affäre mit ihm hatten?«
    »Wir haben uns ineinander verliebt, und zwar unsterblich. Immer wenn wir uns trafen, haben wir unsere Umwelt völlig ausgeblendet. Ich fühlte mich wohl an seiner Seite, auch wenn ich wusste, dass unsere gemeinsame Zeit immer sehr beschränkt war und niemand etwas davon mitbekommen durfte. Er war mit Carolin Mertens verheiratet, ich die Frau von Georg Brabender, des wohl mächtigsten Juweliers im Bergischen Land. Und ich bekam es bald schon mit der Angst zu tun: Bernd schmiedete Zukunftspläne, wollte mich aus dem goldenen Käfig befreien und mit mir ein neues Leben anfangen. Das war mir unheimlich, denn seine Liebe begann schon bald, mich zu erdrücken. Deshalb zog ich einen Schlussstrich, bevor etwas von unserer Affäre auffliegen konnte.«
    »Wie reagierte er darauf?«
    »Schrecklich wütend. Er drohte mich umzubringen, wenn ich mir meine Entscheidung nicht noch einmal überlegen würde. Es war schlimm, er setzte mich unter Druck, stellte mir nach und forderte ein Leben an seiner Seite ein. Ich glaube, das war der eigentliche Grund, weshalb ich mich in psychologische Behandlung begeben musste.«
    »Wusste er, wie der Laden Ihres Mannes gesichert ist?«
    »Natürlich. Er hatte eine ganz charmante Art, an seine Informationen zu kommen. Und das, was ich ihm nicht beantworten konnte, hat er sicherlich von seiner damaligen Frau in Erfahrung bringen können.«
    Ulbricht dachte nach. Gisela Brabender schien diesem Mann hörig gewesen zu sein. Und als sie sich von ihm getrennt hatte, war nicht nur eine Welt in ihm zusammengebrochen, sondern auch eine Sicherung durchgeknallt.
    »Er hat Sie also entführt, um Sie zurückzugewinnen?«
    »Ich hatte den Eindruck, ja. Er hat auch die eine oder andere Andeutung gemacht. Sagte, dass er bald schon ein neues Leben mit mir beginnen wollte. Weit weg von hier, im Ausland. Und das, obwohl er nicht viel Geld besaß.«
    »Ich glaube, das hat sich gestern geändert.«
    Gisela Brabender stutzte. »Sie meinen, er hängt mit dem Raub zusammen?«
    »Ich bin mir sogar ziemlich sicher. Er wollte mit der Beute an Reichtum gelangen, um Ihnen viel bieten zu können.«
    »Das ist krank.«
    »Ja«, nickte Ulbricht. »Das mag sein. Aber um das alles zu wissen, müssen wir ihn haben. Sie wollten mir doch noch seine Anschrift geben.«
    »Er ist von Carolin Mertens geschieden, seitdem weiß ich nicht, wo er wohnt.«
    Ulbricht klappte das Notizbuch, das er eben
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