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Bluteis: Thriller (German Edition)

Bluteis: Thriller (German Edition)

Titel: Bluteis: Thriller (German Edition)
Autoren: Marc Ritter
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Weihnachtsgeschenk ein Statement sein. Sie wollte ein emotionales, ein bedeutungsvolles, ein einzigartiges Geschenk, das wusste er. Ja, in diesem Jahr müsste es einmal wieder ein großer blinkender Stein sein. Die Inhaber und Geschäftsführer von Beyer, Gübelin, Bucherer und Co. würden ihn im Kaffee ertränken und mit Petit Fours stopfen und ihm die Stücke zeigen, die nicht in den Auslagen zu sehen waren. Die für die besondere Klientel, für Leute wie ihn, reserviert waren. Einzelanfertigungen. Alles sehr elegant. Nie protzig. Immer sehr teuer. Und irgendwann musste er dann zuschlagen. Musste einen sechsstelligen Betrag auf den Tisch des von ihm in diesem Jahr auserkorenen Hauses legen. Und dann musste er … Ja, dann musste er nach Hause.
    Ein Samstagnachmittag war zu überstehen, an dem das Haus einem Taubenschlag gleichen würde. Lieferanten würden sich die Klinke in die Hand geben, das Personal würde gar nicht nachkommen, die angelieferten Blumen, Dekorationen, Lebensmittel und Getränke in Empfang zu nehmen und zu verstauen. Bei dem Wetter konnte man nichts draußen stehen lassen. Die Kartons würden sich in der Küche und im Gang zu den Dienstbotenzimmern stapeln. Das wäre auszuhalten gewesen. Leider würde auch die Eingangshalle zugestellt werden, weil viele Fahrer heutzutage einfach nicht mehr wussten, dass ein ordentlich geführtes Haus einen Dienstboten- und Lieferanteneingang hatte. Sie würden ihre Sachen einfach abstellen und mit ihren weißen Kastenwägen wieder verschwinden.
    Winfried würde mindestens drei Mal von der Villa in die verstopfte Stadt hinunterfahren müssen, um eines der Mädchen vor den Konsumtempeln abzuliefern, in denen noch das eine ganz besondere Stück des geschliffenen Kristallweihnachtsschmucks abzuholen war. Oder die vierundzwanzigste Dessertgabel des Festtagsbestecks war nicht auffindbar und musste eiligst neu beschafft werden, obwohl sie am Heiligen Abend und an den Feiertagen nur jeweils gut anderthalb Dutzend Gäste erwarteten. Er hatte sich diesmal ausbedungen, dass nur seine Mutter und Isabels Eltern sowie deren drei Brüder mit den zugehörigen Frauen und Kindern angereist kamen. Das war Folter genug, denn die Familie Schlüter war unerträglich fruchtbar, jedenfalls Isabels Brüder. Sie kamen jedes Jahr mitsamt ihrer ständig wachsenden Kinderschar aus der ganzen Welt eingeflogen.
    An solchen Tagen wünschte sich Albert Sonndobler, die Swissair wäre damals dauerhaft am Boden geblieben und mit ihr der Flughafen in Kloten gleich mit zugesperrt worden. Doch er selbst hatte damals als Leiter der Umstrukturierungsabteilung von Freyfogl & Johnson einen erstklassigen Job gemacht und die Fluglinie so nachhaltig aufgestellt, dass die daraus entstandene Swiss einer der profitabelsten Air Carrier der Welt wurde. Den defizitären Flughafen hatte er gleich im selben Aufwasch saniert.
    Diese betriebswirtschaftlichen Großtaten hatten ihm den Job an der Spitze der Caisse Suisse eingebracht, den höchstdotierten Bankiersjob des Kontinents. Das war der gerechte Lohn für die Achtzigstundenwochen und ungezählten Nachtsitzungen. Die ungerechte Strafe war die unausweichliche Landung der Familie seiner Frau zu jedem Weihnachtsfest.
    Wenigstens hatte sich seine Sekretärin Annemarie Käppli in den letzten Wochen um die anderen Geschenke gekümmert. Für die weitläufige Verwandtschaft sowie die allerwichtigsten zweihundert Kunden hatte sie bebilderte Listen aus den Produktseiten von Architectural Digest, Vogue und GQ zusammengestellt und ihm so die Entscheidung vorbereitet, wer was bekommen sollte. Im Anschluss ging es an die Besorgung der schönen und in den meisten Fällen wertvollen Dinge: Kaschmirpullover, Hermès-Tücher, Zigarren und jede Menge ausgefallener Digitalspielzeuge. Viele der neu erschienenen Technik-Gadgets, die Albert für seine Neffen und Schwager ausgesucht hatte, gab es bisher nur in den Staaten oder in Asien. Annemarie besorgte sie über die Chefsekretärinnen der CS-Niederlassungsleiter in den entsprechenden Hauptstädten. Man konnte davon ausgehen, dass die Damen Himmel und Erde in Bewegung setzten, um jeden noch so ausgefallenen iPhone-gesteuerten Miniaturhubschrauber in Singapur oder New York zu beschaffen. Einen CEO wie Albert Sonndobler enttäuschte man nicht.
    Auch um die Gaben für Sonndoblers Kinder Albert junior und Lucille kümmerte sich Annemarie Käppli. Hier musste alles genauestens stimmen. Würden die beiden pubertierenden Biester nicht exakt
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