Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut und Rüben

Blut und Rüben

Titel: Blut und Rüben
Autoren: Uwe Voehl
Vom Netzwerk:
Diensthund und fletschte die Zähne. Der junge Mann wich zwei Schritte zurück.
    »Halten Sie diese Bestie zurück! Allmächtiger, ich glaube, ich bin in Baskerville gelandet.«
    »Ausweis! Führerschein!«, schnarrte Krause.
    Norbert legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Lassen Sie mal gut sein. Der Mann ist offensichtlich nicht zurechnungsfähig.« Er seufzte. »Als hätten wir hier nicht schon Probleme genug.«
    »Aber ist dies nicht die Burgschenke Rübezahl ?«, fragte der Neuankömmling ungläubig.
    »Sie müssen sich verlesen haben«, klärte ich ihn auf. »Das ist die Ruine Felsenburg. Zur Burgschenke müssen Sie noch ein ganzes Stück weiterfahren. Immer geradeaus und dann Richtung Bad Meinberg.« Langsam klärte sich sein Blick. »Ich verstehe. Ich las nur das Wörtchen Burg und war vor Freude außer mir. Sie müssen wissen, dass ich zum ersten Mal hier in der Heimat meines Großonkels bin.«
    »Ich weiß. Und ihr Name lautet Oliver Dylan Dickens.«
    »Sind Sie Hellseher?«
    »Nein, aber wenn ich mich nicht sehr täusche, wohnen wir zwei demnächst unter einem Dach. Ich bin ein ...« Ich überlegte, wie ich mich bezeichnen sollte. Freund der Familie kam mir etwas hochgegriffen vor. Duffy würde mich augenblicklich einen Hochstapler schimpfen, wenn er es erführe. Also stapelte ich lieber tief und fuhr fort: »... Mieter Ihres verstorbenen Großonkels. Außerdem haben Ihr verstorbener Großonkel und ich jeden Freitag eine Runde Schach gespielt. Ich wollte mich sowieso gerade verabschieden. Wenn Sie nichts dagegen haben, können Sie hinter mir her fahren, Mr Dickens.«
    »Sagen Sie Ollie zu mir. Alle Welt nennt mich so.«
    »Fein, also Ollie. Und jetzt lassen Sie uns gehen.«
    Aber so schnell schien er sich nicht verabschieden zu wollen von diesem heimeligen Platz. »Warum ist die ganze Polizei hier?«, fragte er erstaunt, als würde er die Herren und Damen in Uniform erst jetzt wahrnehmen.
    »Das erzählt Ihnen Herr Morgenstern auf der Rückfahrt«, erklärte Norbert und schob Ollie zu seinem Gefährt zurück. »Mr Dickens, dies ist ein Tatort, wir haben hier unsere Arbeit zu erledigen.«
    Und keine Zeit für Spinner. Ich kannte Norbert. Er war kurz davor, zu platzen.
    »Aber diese Burg ist fantastisch!«, schwärmte Ollie weiter. »Ich würde mich gerne noch umschauen.«
    »Ein andermal, Ollie«, beruhigte ich ihn. »Ein andermal wird es schon klappen. Und seien Sie froh, dass es sich nicht um Ihre Burg handelt. Schließlich sind es nur Ruinen, die Sie sehen. Ihr neues Domizil ist da von ganz anderem Kaliber.«
    Ich bugsierte ihn wieder in sein knallrotes raketenförmiges Gefährt. »Warten Sie unten auf mich. Ich komme sofort nach.«
    »Warum steigen Sie nicht ein?«
    War es Vorsicht? War es Misstrauen einem Fremden gegenüber? Oder war es gar pure Angst? Ich entzog mich einer detaillierten Analyse und winkte ihm nur zu.
    Verständigen konnte man sich sowieso nicht mehr, weil er inzwischen wieder den Motor gestartet hatte. Er legte den Rückwärtsgang so hart ein, dass ich zusammenzuckte.
    »Grüße ans Getriebe!«, brüllte ich. Keine Ahnung, was er verstand, aber er lächelte freundlich.
    Ruckweise zog sich die Schnauze, die sich so keck um die Ecke gewunden hatte, wieder zurück. Die Raketentriebwerke wummerten weiter vor sich hin, wurden aber mit jeder Kurve erträglicher.
    »Er ist verrückt, nicht wahr?«, sagte Norbert.
    »Ich werde es herausfinden«, versprach ich. »Mach du mal schön hier deine Arbeit weiter.«
    Als ich mit Luna endlich wieder unten an der Straße ankam, wusste ich plötzlich, warum die ganze Polizeimeute einschließlich Norbert so übernervös reagiert hatte.
    Die Herren fuhren mit einer schwarzen Mercedes-Limousine vor. Die Scheiben waren verdunkelt, sodass man dahinter nur Schatten erkennen konnte. Dennoch wäre ich jede Wette eingegangen, dass die Insassen Sonnenbrillen trugen.
    Dabei schien die Sonne gar nicht. Nach wie vor ging ein leichter Nieselregen über das Lipperland nieder.
    In dem Mercedes hätten auch Mitglieder der Mafia sitzen können. Oder ein Politiker, der sich mal einen Tatort in echt anschauen wollte. Ich wusste es besser:
    Das BKA war angereist. Ich erkannte es am Nummernschild. Ein Wiesbadener Kennzeichen. Das waren keine Touristen.
    Ganz schön schnell, dachte ich. Wer hatte sie derart rasch hierher beordert? Und aus welchem Grund?
    Normalerweise, wenn ein rechtsradikales Motiv im Spiel war, wäre zunächst einmal der Bielefelder Staatsschutz informiert
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher