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Blut und Harz

Blut und Harz

Titel: Blut und Harz
Autoren: Timo Leibig
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Natalja laut auf. Mit einem Lächeln auf den Lippen, öffnete Elias die Augen, doch als er die weit aufgerissenen Augen seiner Freundin sah, die entsetzt an ihm vorbei Richtung Türe starrten, wusste er, dass etwas nicht stimmte. Mit einer ruckartigen Bewegung drehte er den Kopf nach hinten.
    Im schwach beleuchteten Türrahmen stand niemand anderes als sein Vater.
    ***
    Unter normalen Umständen hätten ihm die beiden nackten Leiber sicher gefallen, doch da es sich bei einem um seinen Sohn handelte, durchströmte Erik keine Woge der Erregung, sondern nur brennende Peinlichkeit. Wie erstarrt beobachtete er, wie sich Elias von der schlanken Blondine herunterwälzte und mit hochrotem Kopf auf ihn zugeschossen kam. Doch die grimmige Miene seines Sohnes nahm Erik kaum wahr. Vielmehr fesselte ihn der Anblick der jungen Dame, die splitterfasernackt mit gespreizten Beinen auf dem breiten Bett lag: Ihre helle Haut hob sich stark konturiert vom dunklen Bettbezug ab und verstärkte den Effekt ihrer weiblichen Kurven. Ihre kleinen, aber wohlgeformten Brüste verdeckte sie just in diesem Augenblick mit einer Hand, während sie gleichzeitig mit der anderen ihre blank rasierte Scham versteckte. Ihre grau grünen Augen waren immer noch weit aufgerissen und starrten ihn aus einem aristokratisch wirkenden Gesicht -
    Mit einem lauten Krachen schlug die Zimmertüre wenige Zentimeter vor seiner Nase zu. Der Windhauch pfiff ihm um die Ohren. Erik entfuhr ein leises Stöhnen.
    Verdammt! Sogar das erste Treffen hatte er versaut. Eigentlich hatte er heute in privaten Angelegenheiten alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte. Warum muss er es auch bei offener Türe mit seiner Freundin treiben? Hätten sie nicht abschließen können? Leise murrend machte er auf dem Absatz kehrt und schlurfte ins Erdgeschoss. Die Zeit ließ sich nun mal nicht mehr zurückdrehen. Damit mussten nun alle Beteiligten leben. Basta. Und trotzdem! Scheiße!
    In der geräumigen Küche angekommen, öffnete Erik eine mit Milchglas versehene Schranktüre. Er schnappte sich die erstbeste Weinflasche, die darin stand, und ein bauchiges Burgunderglas. Routiniert schenkte er sich voll. Der dunkelrote Portugieser, als was sich seine Wahl entpuppte, schimmerte im hellen Lampenlicht wie frisches Blut.
    Hättet ihr nicht bis heute Nacht warten können?, ärgerte er sich erneut. Immer noch schockiert ließ sich Erik Ritter am Küchentisch nieder. In einem langen Zug leerte er das halbe Glas. Der vollmundige Geschmack nach Trauben und Rosenblättern breitete sich an seinem Gaumen aus. Anschließend lockerte er sich den Krawattenknoten und fuhr sich mit den Fingern durchs fast schwarze Haar.
    Die kurze Begegnung spukte immer noch in seinem Kopf herum. Besonders das Gesicht von Elias Freundin manifestierte sich immer wieder vor seinen inneren Augen. Langes, blondes Haar, grüne Augen und markante Wangenknochen. Das Bild rief längst verblasste Erinnerungen wach, Erinnerungen, die Erik schon vergessen geglaubt hatte.
    Fast genauso hatte sie damals auch ausgesehen. Ihr klares, helles Lachen hallte über den beigefarbenen Badestrand, als sie auf einen seiner Witze reagierte.
    »Nein Erik, ich kenne den Witz mit den drei Nonnen im Aufzug nicht.«
    Erik grinste breit. „Ich auch nicht, ich bin die Treppe gelaufen.«
    Eine Sekunde verstrich. Dann prusteten alle drei lauthals los. Reimund, Eriks bester Kumpel, griff beherzt nach einer Dose Bier, die am Ufer im kühlen Wasser lag. Mit lautem Zischen knackte das Metall, als er es aufriss. Eine Fontäne aus Bierschaum spritze über Erik und ihre langen Beine.
    »Idiot! Kannst du nicht aufpassen! Jetzt klebt alles und stinkt nach Bier.« Erik stand fluchend auf und wischte sich die Bierspritzer von der gebräunten, nackten Haut.
    »Ach hab dich nicht so. Lasst uns ins Wasser gehen, dann sind die paar Tropfen auch schon wieder weg.« Reimund grinste über beide Ohren, dass seine weißen Zähne blitzten.
    »Reimund hat Recht. Lasst uns schwimmen.«
    Noch bevor Erik protestieren konnte, rannten beide bereits ins kühle Nass des glitzernden Sees. Die Abendsonne spiegelte sich wie eine zerfließende, goldene Scheibe in den kleinen Wellen und brannte immer noch heiß vom Himmel herab. Bald würde sie hinter den Bäumen untergehen, doch die Abende waren auch ohne sie lau genug, um zu baden.
    Als Erik ins kühle Wasser folgte, sah er wieder ihre grünen Augen, das verschmitzte Lächeln und die nassen Haare, die ihr im Gesicht klebten.
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