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Blut und Harz

Blut und Harz

Titel: Blut und Harz
Autoren: Timo Leibig
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unkontrollierbare Gefühlsdusselei. Natalja war zwar nicht die beste Wahl für Elias, aber nicht die schlechteste. Und sie war sichtlich von seinem Reichtum angetan. Vielleicht stellte sich das sogar als Vorteil heraus. Möglicherweise würde sie Elias sogar antreiben, bei ihm einzusteigen. Sie witterte sicher das große Geld. Ein Leben voller Luxus. Annehmlichkeiten.
    Nachdenklich kratzte sich Erik am Kinn.
    Natalja.
    Sie war der Knackpunkt des Abends. Sie war der Auslöser seiner Gefühlsausbrüche und seiner Verwirrtheit. Warum musste sie auch genauso aussehen? Die Ähnlichkeit war so enorm. Sie erinnerte ihn so stark an…
    Nein Erik! Lass die Vergangenheit ruhen! Was hatte Burkard immer gesagt? »Du musst nach vorne in die Zukunft sehen. Nicht nach hinten in die Vergangenheit. Dein Weg führt nach vorn, immer weiter!« Sein Vater hatte wie immer Recht. Sogar aus dem Grab heraus gab er ihm noch hilfreiche Anweisungen. Die Erinnerung an seinen Vater ließ ein winziges Lächeln auf seinen Lippen aufblitzen. Nach vorne sehen!
    Die Angelegenheit mit Elias und Natalja würde sich schon irgendwie lösen, beruhigte er sich. Vielleicht stellte sie sich auch gar nicht als Problem heraus.
    Erik kramte ein langes Metalletui aus dem Schreibtisch und entnahm sich eine darin verstaute Zigarre. Heute war er zwar nicht in Stimmung zu feiern, doch irgendwie musste er seine Gefühlswelt aufhellen. Es war so vieles nicht nach seinen Vorstellungen verlaufen, da konnte nicht einmal das Eingreifen von Frau Schwarz etwas bewirken, und dazu kam noch das ernsthafte Problem mit dem Waldbauern. Dafür musste er auch noch eine Lösung finden. Er hatte zwar Ideen gehabt, aber alle wieder verworfen. Alles zu kompliziert. Zu umständlich.
    Eine Packung Streichhölzer kam zum Vorschein, der er eines entnahm. Mit einem Ruck streifte er es am Rand entlang. Der Kopf entzündete sich knisternd, eine kleine Flamme erwachte leuchtend zum Leben. Der Geruch von Schwefel verbreitete sich.
    Aufmerksam musterte Erik den winzigen Feuerschein.
    Ein Gedanke durchfuhr seinen Geist.
    Wäre das eine Möglichkeit? So könnte er sich ein Problem vom Leib schaffen, oder? Behutsam entfachte er sich seine Zigarre und schmauchte den heißen Rauch in seine Mundhöhle. Das Streichholz landete im Aschenbecher, wo es lautlos erlosch. War das eine Option?
    Ruhe senkte sich über das Arbeitszimmer.
    Nach wenigen Minuten traf Erik Ritter eine Entscheidung.
    An der gegenüberliegenden Wand schob er eine Holzvertäfelung beiseite, hinter der ein kleiner Safe zum Vorschein kam. Mit wenigen Handgriffen tippte er die Zahlenkombination ein. Vorsichtig tastete er darin herum und entnahm dem Safe zwei Gegenstände: Ein Mobiltelefon und den passenden Akku. Wenig später flammte das Display des ordinären Handys im dunklen Zimmer auf, tauchte die Wände in grünlich krankes Licht und forderte die Eingabe des vierstelligen PIN.
    Die Zigarre knisterte. Erik atmete leise aus, dann tippte er eine Zahlenkombination ein. Das Telefon wurde aktiviert. Zufrieden paffte er erneut an der Havanna.
    Seine Finger öffneten daraufhin das Telefonbuch. Es beinhaltete genau einhundert Einträge. Erik wusste, dass alle uninteressant waren, bis auf einen: Eintrag Nr. 78. Diesen navigierte er mit den Pfeiltasten an, dann betätigte er die Wahltaste.
    Es klingelte dreimal, dann viermal, schließlich sieben Mal. Erik legte wieder auf.
    Ohne Hast griff er zum Weinglas. Noch während der süffige Wein über seine Zunge tanzte, begann das Telefon zu surren. Unbekannter Anrufer.
    Erik stellte den Wein zurück auf den Tisch, dann hob er nach einigen Sekunden ab. Seine Finger zitterten leicht und sein Puls beschleunigte sich merklich.
    Eine Stimme ertönte: »Sie haben einen Auftrag?«
    »Ja.«
    »Die Losung.«
    »Der Rabe.«
    Stille breitete sich über die Leitung aus. Erik wartete gespannt. Nach schier endloser Zeit vernahm er wieder die Stimme seines Gegenübers.
    »Schicken Sie die Daten wie gewohnt. Alles andere bleibt wie gehabt. Gibt es Besonderheiten?«
    Auf diese Frage hatte Erik gewartet. »Ja.«
    »Welcher Art?«
    »Keine Toten. Das Ziel soll aber bis auf die Grundsteine abbrennen.«
    Wieder vergingen einige Sekunden, bevor sich die durchdringende Stimme erneut meldete.
    »Verstanden.«

Kapitel 3
    Der dunkelblaue 5er BMW glitt leise über die Landstraße dahin, während links und rechts abgemähte Wiesen und Felder vorbeizogen, dahinter die gezackte, schwarze Silhouette des Waldes. Es war eine ruhige
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