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Blut Licht

Titel: Blut Licht
Autoren: Rebecca Abrantes
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fester, ebenso wie das Beben allmählich stärker wurde.
    Plötzlich sah ich den Sand hüpfen, als wäre knapp unter unseren Füßen eine vibrierende Fläche. Schließlich flogen die einzelnen Sandkörner bis zu meinem Oberkörper hinauf und wir mussten uns aneinander festhalten, damit wir nicht umkippten. Trotzdem vernahm ich keinerlei Geräusche, so als würde das Beben im Ultraschallbereich stattfinden. Einzig unsere Atmung und das leise Rascheln des hüpfenden Sandes durchschnitten die Stille.
    Was, in aller Welt, passierte hier?
    „Ach du heilige Scheiße!“
    Alistairs Ankündigung ließ mich aufmerken. Ich blinzelte gegen den fliegenden Sand an und folgte der Blickrichtung meines Bruders. Dann sah ich es. Gut hundert Meter von uns entfernt war ein schwaches Blinken. Erst ein Punkt auf der rechten Seite, dann links von uns. Es wurde stärker. Die einzelnen Punkte flossen nun ineinander und breiteten sich schließlich von oben nach unten aus, als würde ein dunkles Tuch von etwas Hellem abgestreift werden. Mit einem Mal erstreckte sich eine lange, weite Wand aus hellem Licht vor unseren Augen. Ich hatte Mühe, Genaueres zu erkennen. Mir kam es vor, als starrte ich direkt in die Sonne. Vielleicht sogar in etwas weitaus helleres. Zum Schutz dagegen bedeckte ich meine Augen mit der Hand.
    Ebenso überraschend, wie das Beben begonnen hatte, endete es. Mit einem letzten Rauschen fielen die Sandkörner nieder und auf einmal war es dermaßen still, dass es in den Ohren schmerzte. Mittlerweile brannten meine Augen vor Anstrengung. Das Leuchten vor uns war kaum zu durchdringen. Was war das?
    Die Vorstellung war noch nicht beendet, denn nun durchbrach ein dumpfes Grollen die Stille und abermals bebte der Boden. Diesmal nur kurz. Schon ergoss sich ein Lichtstrahl aus der Wand, der in seiner Helligkeit alles andere überlagerte. Anfangs schmal wurde er breiter und breiter, bis er uns wie ein Kegel umfing. Mir entwich vor Erstaunen ein stummer Laut.
    Als hätte jemand ein Einsehen mit uns, wurde die Helligkeit schwä-cher. Endlich konnte ich meine Hand senken. Dennoch musste ich zwinkern, um zu erkennen, was sich dort vor uns aufgetan hatte. Als das geschah, stockte mir der Atem.
    Niemals hätte ich erwartet, es zu Gesicht zu bekommen. Nicht in diesem Leben. Nicht zu einem solchen Zeitpunkt. Dennoch war es geschehen. Jetzt und hier.
    D iese Mauern kannte ich ebenso gut wie das geöffnete Tor. Diese geschwungenen Ornamente, das ganze Gebilde. Alles war mir vertraut. Genau das erweckte jetzt in mir eine ungeahnte Wut. Oh, verdammt!
    „Hättet ihr nicht eher kommen können?“, fauchte ich meinen Zorn hinaus. Umgehend machte ich mich von Alistair frei und sprang auf. Dann wies ich anklagend auf den leblosen Körper meines Mannes. „Das habt ihr ja prima versaut. Wo seid ihr, wenn man euch am dringendsten braucht? Harfe spielen?“
    Wir waren die gesamte Zeit über bei dir, Faye. Inzwischen hatte ich genug Übung, um das Dröhnen zu dämmen, das Michaels Stimme in meinem Kopf verursachte, wenn er mich direkt anfunkte.
    „Bei mir?“ Jetzt platzte mir völlig der Kragen. „Bei mir? Ihr hättet bei ihm sein müssen. Er hat eure Hilfe nötig gehabt. Jetzt ist es zu spät.“
    Es ist niemals zu spät, Faye. Es ist immer die richtige Zeit. Es gibt kein Falsch.
    „Sag mal, brüllst du die etwa an?“, machte Alistair sich neben seinem Flüstern mit einem Zupfen an meinem Ärmel bemerkbar. „Bist du irre?“
    „Das hier ist falsch!“, wütete ich ungeachtet dessen weiter in Richtung des Lichtstrahls. „Genau so falsch wie euer beschissenes Timing! Wärt ihr eher hier gewesen und hättet uns bei diesen Bestien beigestanden, wäre das alles nicht geschehen. Ich will meinen Mann zurück. Sein Tod ist sinnlos.“
    „Niemals ist etwas sinnlos“, erklang Michaels Stimme laut und überall vernehmbar. „Dein Leid vernebelt dich. Alles, was geschieht, ist Bestimmung. Auch sein physischer Tod. Es war ihm bestimmt und er wusste es.“
    „Was?“ Mir verschlug es die Sprache. Erschüttert sackte ich neben Darians sterblichen Überresten nieder und streckte meine Hand nach ihm aus. Verflucht. Ich hatte es geahnt. Die Zeichen waren alle da gewesen. Dennoch hatte ich es negiert. Bis zuletzt. Ja, er hatte es gewusst, ebenso wie ich. Doch warum hatte er deswegen geschwiegen?
    „Weil du das, was geschehen musste, sonst versucht hättest abzuwenden. Das musste verhindert werden.“ ln Michaels Worten lag eine Entschlossenheit, die durch
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