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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser
Autoren: László Darvasi
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ihm, blieb zurück, lief ihm nach. Sie sabberte, Rotz lief ihr herunter. Sie war verrückt. Manchmal machten sich die Träume Betrunkener über sie her, die armen kleinen Insassen von Gefängnissen, Kasernen und Internaten drückten ihre Bäuche auf sie und stießen in ihren unfruchtbaren Schoß, und sie sang aus Dankbarkeit, lala, lala, dann schien sie hinter einen riesigen Vorhang zu treten und kehrte in ihre eigene Welt zurück.
    Am Nachmittag traf sich Peter mit Herrn Schütz im Kaffeehaus Hungária, in den altertümlichen Lehnstühlen konnte man bequem versinken. Hier hatte Peter schon oft gefülltes Kraut und gebratene Koteletts vertilgt, und der Wein war passabel. Das Kaffeehaus war überfüllt, die Menschen übertrumpften einander mit ihren lauten Stimmen, die rauchige Luft war zum Schneiden. Es herrschte ein solcher Lärm, dass sie nicht viel reden konnten.
    Hast du das Boot?
    Und was für eins, Väterchen!
    Ist es schön?
    Ist das wichtig?! Hauptsache, es ist sicher!
    Ist es dort, wo es sein soll?
    Es wartet auf dem Marsplatz auf uns, sagte Peter.
    Geschrei ertönte vor dem Kaffeehaus, an der gurgelnden Stimme erkannte Peter, dass Gilagóg in einen Streit verwickelt war. Man wollte den Zigeuner nicht ins Kaffeehaus lassen, schließlich öffnete der Name des Doktors ihm doch die Tür. Peter ließ den Doktor mit Gilagóg allein und eilte auf den Hauptplatz. Der Wächter vor dem Rathaus salutierte, Peter drückte ihm Geld in die Hand, nahm ein Gläschen Palinka aus seiner Brusttasche und reichte es dem überraschten Burschen, dann lief er in das Gebäude und stieg die Treppe zum Turm hinauf. Oben sah er nur das mit dem Himmel verschmelzende Wasser, die Stadt war davon eingekreist, überall nur Wasser, schaudernd starrte er in das rot glänzende Licht des Sonnenuntergangs, die Theiß schien still vor sich hinzuglühen. Er dachte an Somnakaj, und Bitterkeit überkam ihn. Dann schienen auch die Dächer in Flammen aufzugehen, dort loderte eine Fabrik, von den Türmen der Kirchen fiel Glut herab. Zsófia stand neben ihm, sie hatte sich eingehakt und legte die Schläfe an seine Schulter.
    Erinnerst du dich noch, wie uns mein Mann im Bibliothekszimmer erwischt hat?
    Peter nickte, es war eine wirklich peinliche Situation, meine Liebe.
    Ich hatte gar keine Ausrede, die Wüstenblume lachte glucksend, Peter spürte das Zittern ihres Körpers. Wie gut wäre es, die Hand unter ihren Mantel zu stecken, ihre Brust zu berühren, ihr den Bauch zu streicheln. Dann wurde ihm bewusst, was sie gesagt hatte. Damals hatte sie ihn ja beruhigt, dass ihr Mann sie nicht sehen würde!
    Mein Mann war so wütend, dass er nur auf eine Art zu beruhigen war.
    Auf welche Art?! Peter sah sie forschend an.
    Ich habe ihm gesagt, wie wir es gemacht haben.
    Wie?!
    Weißt du, dann habe ich für ihn getan, was auch du so gern gehabt hast, die Wüstenblume kicherte in einem fort.
    Ach, Zsófia, Peter schüttelte den Kopf, ein dunkler Glanzflimmerte in seinen Augen auf, und auch mit Berger, stimmt das?!
    Zsófia antwortete nicht, in ihrem Blick schillerte es kokett.
    Das war zuviel für ihn, Peter raste die Turmtreppe herunter, keuchend presste er die Hand in die stechend schmerzende Seite. Ein düsterer Trupp von Arbeitern marschierte Richtung Norden, sie hielten ihre Mützen und Hüte, der Wind blies bereits heftig. Peter lief auf dem Platz umher, er verstand selbst nicht, warum er seine Zeit verschwendete, hier hatte er nichts zu suchen, er begann zu laufen, stolperte, stieß einen Fluch aus. Das Gewicht des Himmels schien auf seine Schultern zu stürzen, er blieb stehen.
    Mit einem Mal sah er, dass alles tot war, die Straßen verliefen leer ins Nichts, die Fenster der Häuser und die Schaufenster der Läden waren alle mit Brettern vernagelt. Die Ladenschilder waren ausgebleicht, große, weiße Papierblätter schienen im auffrischenden Wind der Dämmerung zu pendeln! Die nahende Nacht fraß am Rot des Himmels. Soldaten, die jetzt an ihm vorbeieilten, waren wie Gespenster, Eisen und Ketten schepperten. Auch die Patrouillen waren Visionen. Auf dem Platz trieben sich Schattengestalten herum, leichte Frauenmäntel, Häubchen, Dolmane. Auch sie waren Gespenster, Geister! Wo waren die Hunde?! Die Hunde kuschten, er hörte kein Bellen, kein Winseln!
    Eben hatte doch noch alles gelebt!
    Peter lief ins Hungária zurück, er ahnte, dass er dort den Alten finden würde. Der Doktor schlürfte Likör, die bauchige Flasche war nur mehr halb voll.
    Was machen Sie
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