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Blumen fuer Zoë

Blumen fuer Zoë

Titel: Blumen fuer Zoë
Autoren: Antonia Kerr
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Verstärkung war unter dem Vorwand abgelehnt worden, dass Zoë ja nicht meine Tochter sei. »Sie müssen schon Vertrauen zu uns haben«, hatte der Typ gesagt, »wir kümmern uns um den Fall.« Die Hoffnung, noch einmal den Duft ihrer havannafarbenen Haut zu riechen, hatte ich inzwischen aufgegeben, das alles gehörte nun der Vergangenheit an, die dem Untergang geweiht war. Ich hatte wieder mit meinen Wanderungen angefangen. Ich streifte jetzt nachts umher: lange Spaziergänge, bis die Morgendämmerung zwischen den Denkmälern des Battery Parks heraufzog, zwischen Obdachlosen und Möwen dahinwankend, dem Gestank des Vogeldrecks und dem Heulen der Sirenen ausgesetzt. Ich rief niemanden mehr an, und auch bei mir klingelte das Telefon nicht. Jedes Mal, wenn ich schließlich nach Hause zurückkehrte, gegen sechs etwa, legte ich mich hin und wartete darauf, dass der Schlaf mich davontragen würde – was nie sofort der Fall war. Immer zur selben Mittagszeit, zwischen Viertel vor zwölf und fünf vor zwölf, schreckte ich dann automatisch wieder hoch. Aber eines Morgens, als ich gerade von einer langen Runde heimkehrte und meine Jacke an der Garderobe aufhängte, fing das Telefon an zu schellen. Es war Evelyn, die hören wollte, wie es mir gehe – ihr war es auch nie gelungen, ein stabiles Verhältnis zum Schlaf aufzubauen.
    Â»Habe ich dich geweckt?«, fragte sie.
    Â»Ach, du kennst mich doch, ich bin und bleibe ein Nachtmensch. Wie geht es Bob?«
    Â»Der schläft.«
    Â»Und dir, wie geht’s dir?«
    Â»Geht so.«
    Â»Ist das alles?«
    Sie seufzte.
    Â»Bob ist lieb, er behandelt mich gut, aber er schläft sehr viel. Wenn ich wachliege, habe ich niemanden, mit dem ich reden kann. Wenigstens das hatten wir gemein, du und ich. Erinnerst du dich?«
    Â»Natürlich. Ich habe es geliebt, morgens um vier mit dir Kreuzworträtsel zu lösen.«
    Â»Ja, weil du immer auf die richtige Lösung gekommen bist. Das Talent hatte ich nie.« Sie hielt inne. »Ehrlich gesagt, mir fehlt das auch.«
    Ich hörte sie tief ein- und ausatmen, da drüben in Chicago. Beim Gedanken an unsere Zeit überkam mich plötzlich ein Anflug von Nostalgie, aber die Uhr ließ sich nun mal nicht zurückdrehen. Evelyn brach in Schluchzen aus und beschwor gemeinsame Erinnerungen, um den einen oder anderen glücklichen Moment unserer Beziehung wieder aufleben zu lassen, doch das alles gehörte der Vergangenheit an.
    Â»Ich fänd’s schön, wenn wir ab und zu mal telefonieren würden«, sagte sie. »Es ist einfach nicht richtig, wenn wir uns gar nicht mehr sprechen.«
    Â»An postamouröse Freundschaften glaube ich nicht.«
    Â»Wir könnten es doch wenigstens versuchen.«
    Musste man wirklich zu Freunden werden, nachdem man ein Liebespaar gewesen war? Ich versprach, mich von Zeit zu Zeit bei ihr zu melden. Ich wollte gerade den Hörer auflegen, als plötzlich Zoë mitten im Wohnzimmer stand. Ich glaubte, jetzt völlig den Verstand zu verlieren.
    Â»Oh mein Gott, wo bist du bloß gewesen?«
    Sie vergrub ihr Gesicht in meinem Nacken.
    Â»Und ich dachte, du kannst den Herrn nicht leiden«, sagte sie.
    Â»Jetzt schon, mein Schatz. Du hast es fertiggebracht, aus mir einen gläubigen Menschen zu machen.«
    Sie nahm Charlie Chaplin auf den Arm und schob ihn zwischen uns, während sie mir hoch und heilig versprach, dass so etwas nie wieder vorkommen werde. Aber bei ihr weiß man nie – ein gewisses Misstrauen würde bleiben.
    Sie hat mir nie erzählt, wo sie die ganze Zeit gesteckt hatte – ich musste meine eigenen Schlüsse aus ihrem Verschwinden ziehen. Seitdem hat sie mich nicht wieder verlassen. Letzte Woche kam ein Anruf von John-John, der uns mitteilte, dass Leroy eine kleine Schwester bekommen hat. Leider hat das Zoë einen Floh ins Ohr gesetzt, und sie wollte auf der Stelle ein Kind von mir. Ich habe ihr vorgeschlagen, es doch lieber mit einem Hund zu versuchen. Sie ist ins Tierheim gegangen und mit einem Boston Terrier zurückgekehrt, den sie Dean Martin genannt hat. Wir können von Glück sagen, denn Charlie Chaplin und Dean Martin verstehen sich ausgezeichnet.
    Heute Morgen war es dann an meiner Tochter, ein Lebenszeichen von sich zu geben.
    Â»Paps! Owen Jr. und Richard III. würden gern ihren Großvater kennenlernen ... Wann kommst du uns besuchen?«
    Â»Du hast ihn
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