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Blumen fuer Zoë

Blumen fuer Zoë

Titel: Blumen fuer Zoë
Autoren: Antonia Kerr
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unglücklichste aller Witwen sein.«
    Â»Um Witwe zu werden, muss man verheiratet gewesen sein.«
    Â»Na, dann heiraten wir eben, wenn ich auf dem Gipfel der Schönheit angekommen bin, wie du so oft sagst. Ich werde ein tolles weißes, jungfrauenhaftes Kleid …«
    Â»Jungfräuliches.«
    Â»â€¦ jungfrauenhaftes Kleid tragen und einen Schleier im Haar haben. Du wirst siebzig oder vielleicht auch achtzig sein, denn wir müssen ja warten, bis ich diesen berühmten Gipfel der Schönheit erreicht habe, von dem du die ganze Zeit sprichst, und ich habe keine Ahnung, wann er eintreffen wird. Und nur wenige Tage später wirst du an einem Herzinfarkt oder einem unbehandelten Prostatakrebs sterben, weil sich Glück und Leid im Leben ja abwechseln, wie du immer meinst. Ich werde bei dir am Bett sitzen und Zeuge deines Geröchels sein, und ich werde mir dabei die Seele aus dem Herzen heulen.«
    Â»Aus dem Leib heulen. Heißt das etwa, du willst mich heiraten?«
    Â»Ja.«
    Â»Bist du sicher?«
    Â»Ganz sicher.«
    Â»Der Pfarrer wird in Ohnmacht fallen, wenn er uns sieht, Zoë. Und wahrscheinlich sterbe ich sogar schon in der Hochzeitsnacht, weißt du. Die Trauung wird dich hinlänglich erregt haben, um mir abends den Garaus zu machen.«
    Wegen der erotischen Erinnerungen, die dieser Canyon in mir weckte, zog ich es vor, nicht länger davor stehen zu bleiben. »Auf nach Nebraska!«, rief Zoë mit einem jugendlichem Überschwang, der mich an Maddies erste Lebensjahre denken ließ. Hätte ich einen Sohn gehabt, sagte ich mir in diesem Moment, hätte ich vermutlich versucht, ihn mit Zoë zu verheiraten.

VII
    Beim ersten Kontakt mit kanadischem Boden sind mir Renatos Worte wieder in den Sinn gekommen: »Kanada, das ist wie Amerika, bloß weniger schlimm.« Die erste Person, die uns über den Weg lief, war ein Straußenzüchter namens Alfred. Der Typ trug Instruktionen bei sich, was im Falle seines plötzlichen Ablebens zu tun sei; er hatte sie auf ein Gliederarmband gravieren lassen sowie auf ein Medaillon und auch noch auf ein in Plastik eingeschweißtes Stück Papier geschrieben, das er in seiner Brieftasche aufbewahrte. Bei einem privaten Kryonik-Anbieter hatte er eine Versicherung abgeschlossen, die es ihm ermöglichte, in einen riesigen Gefrierschrank gestopft zu werden, sollte es bei ihm Peng machen und der Blitz einschlagen. Er hoffte beinahe, tödlich getroffen zu werden, weil er sich der Wunschvorstellung hingab, dass die Wissenschaft eines Tages über die Mittel verfügen würde, ihn wieder zum Leben zu erwecken.
    Â»Und was ist, wenn es einen Stromausfall gibt?«, fragte ich ihn.
    Â»Pass bloß auf, was du sagst, Ami!«
    Â»War ja nur mal so ’ne Frage!«
    Â»Zischt ab, ihr zwei, ich habe zu tun!«
    Es war Zoë gewesen, die ihn angesprochen hatte; wir waren im Auto vorbeigefahren, und da sie die Strauße Ȋußerst pittoresk« fand, hielt sie an, um Fotos zu machen. Daraufhin fingen die beiden ein Gespräch über die Viecher mit den langen Hälsen an, das mangels Inspiration aber wieder erstarb, als das Thema ›Giraffen‹ aufkam. Zoë stellte mich als ihren Onkel vor, auch wenn unsere unterschiedliche Hautfarbe ihre Version mehr als fragwürdig erscheinen ließ. Alfred hatte uns eingeladen, auf seiner Ranch ein Straußensteak zu essen und uns am Abend vorgeschlagen, in einem mit einem gotischen Bett möblierten Zimmer zu übernachten, sodass ich mich schon fragte, ob er uns nicht durchschaut hatte.
    Wir rückten jetzt langsam weiter östlich vor, in Richtung des Oberen Sees. Ich hatte die sommerlichen Temperaturen dieses Landes unterschätzt: Es war permanent heiß, und mein Hemd klebte feucht am Rücken. Bei Zoë hingegen perlten nur kleine Tropfen von der Schulter, und sie trank Jim Beam, wenn sie Flüssigkeit zu sich nehmen wollte. Sie vertrug hier noch mehr als anderswo – vielleicht hing das mit ihrem Temperament zusammen, das dem der Bonvivants im hohen Norden so ähnlich war. Die ländliche Lebensweise lag ihr sehr, sie lachte mit den Holzfällern und den Jungs aus den Raffinerien, und anstatt ihr den Hof zu machen, boten die Einheimischen ihr an, Hirsche jagen zu gehen. Aber vielleicht handelte es sich ja auch um die hiesige Anmachmethode. Sie trug nur noch weite Karohemden und spielte Billard mit Typen, die Arme wie indianische
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