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Blumen fuer Zoë

Blumen fuer Zoë

Titel: Blumen fuer Zoë
Autoren: Antonia Kerr
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verschwommen sah. Ich bat sie, Abstand zu nehmen, damit ich ihr Gesicht in allen Einzelheiten bewundern könne.
    Â»Wow, sechzig!«, rief sie aus.
    Â»Du bist schön, meine Löwin.«
    Â»Danke.«
    Â»Nein, nicht danke; du hast ja nichts dazu beigetragen. Bedank dich bei deinen Eltern. Bedank dich bei der Genetik, bedank dich bei deinen Chromosomen!«
    Â»Oder beim Herrn …«
    Â»Nein, bei dem nicht: Du weißt ja, was ich von dem Schwachkopf halte!«
    Â»Mensch, hör auf damit, Richard! Du weißt ganz genau, dass ich so erzogen worden bin!«
    Â»Du bist die weltlichste Glaubensschwester, die ich kenne, mein Engel!«
    Oh nein, bitte nicht das … Leider doch! Sie fing an, mich auszuziehen. Ich schlug eine Partie Scrabble vor, doch sie knöpfte bereits mein Hemd auf, wobei es ein Rätsel bleibt, wo dieses brennende Verlangen eines jungen Dings für einen klapperigen alten Mann herrührt. Ein Mal zu viel, und mit mir ging’s ab in die Grube.
    Außer Atem stand sie wieder auf. »Ich habe Hunger«, sagte sie, »einen Kojotenhunger!«

VI
    Â»Richard, was ist mit ›Elegie‹ gemeint?«
    Zoë lag nackt auf dem weißen Bettlaken und las in einem Roman von Philip Roth, den ich ihr geliehen hatte. Den Po in die Luft gestreckt, blätterte sie die Seiten um, ohne sich ihrer Schönheit bewusst zu sein. Ich erklärte ihr, eine Elegie sei ein melancholisches Gedicht, was sie mit einer kindlichen Schnute quittierte. »Ich hab’s satt«, verkündete sie und verschränkte dabei die Arme vor der Brust. Ich setzte mich auf den Bettrand und streichelte ihr Haar, das ihr, wie bei der Venus, bis zum Gesäß reichte. Die Naturwellen ihrer Mähne waren verschwunden, geglättet von den chemischen Lotionen, auf die sonnenhungrige Mädchen so versessen sind.
    Â»Was hast du satt, Liebes?«
    Â»Die Geschichten in den Büchern. Immer ist alles so kompliziert und traurig.«
    Â»Das liegt daran, dass das Leben so ist, mein Schatz.«
    Â»Dann habe ich also das Leben satt.« Sie vergrub das Gesicht in den Händen. »Ich will hier weg.«
    Â»Ist es wegen Philip?«
    Â»Ja, auch; du hättest mir ja wenigstens ein lustiges Buch ausleihen können.«
    Â»Tut mir leid, Liebes. Willst du, dass wir weiterfahren? Dass wir uns von Philip entfernen?«
    Sie nickte stumm. Charlie Chaplin kam herbei und schmiegte sich an ihre Beine. Sie trank einen Schluck Grog und tauchte ihren kleinen Finger ins Glas, um den Kater davon kosten zu lassen.
    Â»Gut, zieh dich an«, sagte ich. »Auf geht’s nach Kanada!«
    Obwohl ihre Haare bereits glatt waren, verschwand sie noch einmal im Bad, um sich diese Ammoniaktinktur aufzutragen, die ihre Mähne in japanische Seide verwandelte – als ich sie fragte, was sie da mache, antwortete sie: »Bloß ein paar kleine Korrekturen.« Ich nutzte die Gelegenheit, um mich von Renato zu verabschieden. Seit einigen Tagen behauptete er, in Kaikina, seine hawaiianische Nutte, verliebt zu sein, was sich auf seine Laune auf das Positivste auswirkte. Seine Trauer, mich von dannen ziehen zu sehen, hielt sich daher in Grenzen.
    Â»Ich wusste ja, dass dieser Tag kommen würde. Warte mal, ich habe noch etwas für dich.« Er verschwand und kehrte mit einer kleinen roten Schachtel zurück, die eine weiße Schleife schmückte. »Mach auf!« Darin befand sich ein merkwürdiger Apparat, der mit einem Bildschirm ausgestattet war.
    Â»Was ist das?«, fragte ich.
    Â»Ein GPS. Das ist ein ganz neues Gerät, das dir helfen wird, dich mittels Satelliten zu orten; damit kannst du sicher sein, auch in Kanada anzukommen.«
    Â»Ich habe ja schon Probleme, mich mit einer Straßenkarte zu orten, Renato, wie soll ich da mit Satelliten klarkommen?«
    Â»Du wirst sehen, es ist ganz einfach. Du befestigst es an der Windschutzscheibe, und das GPS erledigt dann den Rest.«
    Ich bedankte mich, wohl wissend, dass ein solches Gerät nichts für mich war. Dann ging ich Zoë meine neue technologische Errungenschaft vorstellen. Mit ihrer Aluminiumhaube auf dem Kopf war es ihr völlig schnuppe, was ich zu berichten hatte.
    Â»Weißt du was?«, meldete sie sich zu Wort, wobei sie einen blauen Lolly aus dem Mund zog. »Ich hätte Lust auf ein Piercing.«
    Â»Du willst dir doch nicht dein tolles Aussehen ruinieren, mein Schatz.«
    Â»In Afrika gibt es Stämme, die
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