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Blumen fuer Zoë

Blumen fuer Zoë

Titel: Blumen fuer Zoë
Autoren: Antonia Kerr
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mich eigentlich auch beruhigen. Und mich nicht dazu ermutigen, Viagra zu nehmen.«
    Â»Ich habe beschlossen, kein Geld mehr zu nehmen.«
    Â»Warum das denn?«
    Â»Tja, ich will von nun an der Gesellschaft einen Dienst erweisen. Ich habe genug verdient, um kostenlos meines Amtes zu walten. Bitte bezahlen Sie mich ab jetzt also nur noch mit Marihuana.«
    Â»Abgemacht!«
    Ich ließ das anschließende Schweigen auf mich wirken und stellte mich ans Fenster. Um die klaffende Lücke herum, die die Terroristen hinterlassen hatten, waren Kräne aufgetaucht.
    Â»Ach, sind sie tatsächlich schon beim Wiederaufbau?«
    Â»Und das Ende ist noch lange nicht in Sicht.«
    Â»Ich habe Angst.«
    Â»Sie werden die Landschaft schon nicht verschandeln.«
    Â»Nein«, entgegnete ich, »ich habe Angst, sie zu verlieren.«
    Â»Das ist normal.«
    Â»Nein, das ist mir noch nie passiert. Allein der Gedanke löst Panik in mir aus, verstehen Sie? Jeden Morgen sage ich mir, dass sie gehen und mich mit meinem Alter allein lassen wird.«
    Â»Das Risiko besteht.«
    Er holte den Mont Blanc wieder hervor.
    Â»Was soll ich tun?«
    Â»Haben Sie sich einen Donut gekauft?«
    Â»Wie bitte?«
    Â»Letztens, als wir telefoniert haben, hatte ich Sie doch gebeten, einen Donut zu kaufen. Haben Sie das gemacht?«
    Â»Warum in Gottes Namen hätte ich das tun sollen? Ich mag gar keine Donuts.«
    Â»Machen Sie es einfach, das ist alles.«
    Â»Sie sind der schlimmste Psychiater von ganz New York, ist Ihnen das klar?«
    Er grinste zufrieden.
    Â»Kaufen Sie sich diesen Donut und dann kommen Sie wieder her.«
    Mit den Jahren hatte ich mich so an diesen seltsamen Mann gewöhnt, dass ich ihn jetzt nur anlächelte und versprach, ihm nächste Woche sein Marihuana mitzubringen. Als ich nach Hause kam, staubte Zoë gerade die Regale im Wohnzimmer ab. Seit kurzem lieferte sie sich mit Condoleezza einen Machtkampf, der mit Hilfe des Staubwedels ausgetragen wurde. Als ich die beiden fragte, was sie in solche Niederungen treibe, antwortete Zoë, es handele sich um ein Konkurrenzproblem unter Frauen. Von nun an teilte sie ihre Zeit zwischen Küche und Wohnzimmer auf. Gekleidet war sie dabei wie ein Dienstmädchen, ein Aufzug, der mich permanent in Wallung brachte, obwohl er unstreitig zum Konventionellsten gehört, was es auf dem Gebiet erotischer Phantasien gibt. Und wenn es Abend wurde, brach sie zum Tanzen und Trinken in ihre Salsa-Discos auf – im Grunde hatte sich also nichts geändert. Um meine zahlreichen Schwächen wettzumachen, führte ich sie ins Theater und die Oper aus, und Freitagabends gingen wir immer essen. Am Wochenende fuhren wir nach Long Island, wo ich mir jüngst ein Ferienhaus zugelegt hatte. Zu meinem Glück fehlte mir vielleicht nur noch, den Demokraten meine Stimme zu geben. Trotzdem fühlte ich mich in New York noch genauso verloren wie vorher. »Der ewige Außenseiter«, hätte mein guter alter Vater gesagt.

VIII
    Es war sieben Uhr morgens, und Zoë war immer noch nicht von ihrer Disco-Tour zurück. Nachdem ich die Wohnung in alle Richtungen abgegangen war, sämtliche Schränke inspiziert sowie überprüft hatte, ob die Koffer noch an ihrem Ort standen, dachte ich daran, ein Kommando der Spezialeinheiten auf sie anzusetzen.
    Â»Sie müssen eine Amber-Alert-Kampagne starten«, sagte ich unter der 911.
    Â»Ihr Kind ist verschwunden?«
    Â»Gewissermaßen.«
    Â»Eine genaue Beschreibung bitte.«
    Â»Jung, schön, Bahamaerin.«
    Â»Ja, und weiter?«
    Â»Lange Haare, ausgeprägte Wangenknochen, luftiges Kleid, glückliche Pupillen …«
    Der Mann am anderen Ende der Leitung unterbrach mich und meinte, er könne keinen Dichter gebrauchen. Also gab ich ihm die umfassendste Beschreibung, zu der ich fähig war. »Ich schicke meine Truppen«, sagte er, als ginge es darum, einen Krieg zu gewinnen. Ich stellte mir Männer in Ritterrüstungen vor, mit Schutzschilden in den Händen und Helmen auf den Köpfen, die im Gleichschritt durch die Straßen marschierten und Zoë in einer dunklen Gasse ausfindig machen würden, in die sie sich verirrt hätte. Ich ging nicht mehr aus dem Haus, für den Fall, dass sie doch noch den Weg in meine müden Arme zurückfinden und in der Wohnung nach mir suchen würde. Aber eine Woche später war ich immer noch ohne Nachricht. Meine Bitte um
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