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AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN

AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN

Titel: AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN
Autoren: Gerhard Jelinek
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Vorwort
    Die Geschichte der Menschheit ist eine Abfolge von Affären. Und schon die erste Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau hatte weitreichende Konsequenzen: Adam und Eva brachten Verführung, Leidenschaft und Sünde in die Welt. Am Anfang des Menschengeschlechts steht eine Affäre. Dem Ende der Unschuld folgt die Vertreibung aus dem Paradies. Der Mensch wird zum Menschen.
    Mit Adam und Eva beginnen Affären, die die Welt bewegten und sie manchmal auch veränderten. Wären Mythen, Legenden und Künste ohne Liebe, Leiden und Leidenschaft denkbar? Wie stark und mächtig ist ein Gefühl, das den Verstand ausschaltet, die Vorsicht vergessen lässt, das Königskronen aufs Spiel setzt und für Momente der Lust den Tod in Kauf nimmt?
    Cäsar und Kleopatra riskierten mit ihrer Affäre das römische Weltreich. Abaelard und Heloisa – die Nonne und der Theologe – gingen als großes Liebespaar in die Geschichte ein. Petrus Abaelard zahlte für die leidenschaftliche Affäre mit seiner Schülerin einen hohen Preis: Er wurde entmannt.
    Rodrigo Borgia, der Renaissance-Papst ohne Skrupel, entführte die jugendliche Giulia Farnese vor ihrer Hochzeitsnacht und machte sie zur Geliebten im Vatikan. Martin Luther forderte Nonnen zum Verlassen ihres Klosters auf. Der Augustinermönch aus Wittenberg predigte so überzeugend, dass er Katharina von Bora, eine der Flüchtigen, geheim ehelichen musste.
    Friedrich der Große wurde als Kronprinz auf Befehl seines Vaters Friedrich Wilhelm I. gezwungen, die Enthauptung seines Lehrers und Geliebten Hans Hermann von Katte mit anzusehen. Luise Antoinette, Kronprinzessin von Sachsen, floh mit dem Hauslehrer ihrer fünf Kinder aus dem ehelichen Palast. Österreichs Kaiser Franz Joseph I. suchte menschliche Wärme jenseits der Mauern des Schlosses Schönbrunn in seiner zwölf Jahre währenden Beziehung zum Vorstadt-Mädel Anna Nahowski.
    Diese Affären bewegten die Welt, lange bevor es Klatschmagazine, „Yellow Press“, Paparazzi und einschlägige TV-Sendungen gab. Das Liebesleben der Mächtigen, der Schönen und Reichen erregte zu jeder Zeit die Fantasie der Völker. Geschichte als Abfolge rationaler Entscheidungen, als taktisches Schachspiel mit Soldaten, die geopfert werden wie die Bauern auf dem Brett, das beschreibt nur eine Seite der historischen Medaille.
    Verrat, Hass, Betrug, Wollust, Ekstase, Ausschweifung und – ja – auch Liebe haben Geschichte gemacht. Ist das Leben John F. Kennedys ohne seine zahlreichen Affären, ohne Marilyn Monroe, vollständig beschrieben? Wäre die Weltgeschichte anders verlaufen, hätte der englische König Edward VIII. auf die Ehe mit der geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson verzichtet und die Krone des britischen Weltreichs behalten? Und wäre das expressionistische Werk des Malers Oskar Kokoschka ohne seine Muse Alma Mahler denkbar? Hätten die Beatles ohne John Lennons Affäre mit der japanischen Künstlerin Yoko Ono weitere unsterbliche Lieder geschrieben, oder wären sie in Mittelmäßigkeit versunken?
    Was ist Ehe, was bedeutet Treue, wie drückt sich Liebe aus und wer be- und verurteilt, was eine Affäre ist? Die Begriffe, ihre Inhalte und ihre moralische Aufladung haben sich seit Adam und Eva (und Lilith!) mehrfach verändert. Die Ehe war über Jahrtausende als wirtschaftliche Zweckgemeinschaft definiert. Es ging um die erbrechtlich abgesicherte Zeugung von Nachkommen, darum, Besitz weiterzugeben oder Arbeitskräfte sowie Altersversorgung in einer bäuerlichen Subsistenzwirtschaft zu sichern. Liebe war nur ein Wort.
    Und das Versprechen „bis dass der Tod euch scheidet“ hatte keineswegs das Gewicht jahrzehntelanger Ehebanden. In der Antike, aber vor allem im europäischen Mittelalter betrug die durchschnittliche Lebenserwartung wenige Jahrzehnte. Die Chance (das Risiko) für einen Mann, schon nach wenigen Ehejahren Witwer zu sein, weil seine Frau nach einigen Geburten dem Kindbettfieber erliegen würde, war groß. In Herrschafts- und Adelskreisen diente die Ehe – lange vor dem Satz „Bella gerant alii, tu felix Austria nube!“ – als Mittel, Wohlstand, Reichtum und Macht zu erwerben, zu vergrößern, zu erhalten. Die ehemalige Schweizer Grafenfamilie der Habsburger sicherte sich durch geschickte Ehebündnisse im 15. Jahrhundert das reiche Burgund, Spanien (inklusive der Kolonien), später die Länder der böhmischen Krone und Ungarn. Die Ehen wurden als machtpolitische Bündnisse geschlossen. Braut und Bräutigam sahen einander
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