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BLUFF!

BLUFF!

Titel: BLUFF!
Autoren: Manfred Lütz
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Propaganda-Filmen wie »Jud Süß« zur Begleitung des Judenmords und »Ich klage an« zur Begleitung des Mords an Behinderten, sie erweckten skrupellos finanziellen Neid und die Habgier der Menschen und hatten ihre verbrecherischen Ärzte, die nicht nur an der Rampe von Auschwitz ihren Dienst taten, der nur so aussah wie Dienst. In Wahrheit war das Beihilfe zum Massenmord. Kaum je ist die Welt zur Betäubung der Gewissen so systematisch und diabolisch gefälscht worden wie von Goebbels und seinen Komplizen. Und doch kann keine Fälschung die Stimme des Gewissens völlig zum Schweigen bringen, die jeden Menschen existenziell zum Guten ruft und vor dem Bösen warnt. Die Stimme des Gewissens aber, sagt die religiöse Tradition, ist die Stimme Gottes.
     
    Der Philosoph Immanuel Kant hatte Zweifel, ob man Gott so einfach erkennen könne. Aber er hatte keine Zweifel an der Stimme des Gewissens. Er glaubte, dass jeder Mensch vom Kern seiner Existenz her weiß, dass er gut sein soll. Doch vernünftig ist diese jedem Menschen eigene Moralität nach Kant nur unter drei Voraussetzungen: Natürlich muss man dann davon ausgehen, dass der Mensch frei ist, denn sonst kann er zwischen Gut und Böse ja gar nicht unterscheiden. Zweitens muss es dann die Unsterblichkeit der Seele geben, denn wir alle machen die Erfahrung, dass der uneigennützig gute Mensch im Leben Nachteile zu gewärtigen hat, so dass es nur vernünftig ist, der Stimme des Gewissens zu folgen, wenn es nach dem Tod einen gerechten Ausgleich geben kann. Und drittens muss es aus Vernunftgründen dann nach Kant eine Instanz geben, die für diesen Ausgleich sorgt, und diese Instanz nennt Kant Gott.
    In all den gefälschten Welten, durch die wir gewandert sind, kommen nicht nur Liebe, Moralität und der Tod, in diesen Welten kommt auch Gott nicht vor. Er kann gar nicht vorkommen, denn in diesen Welten haben die existenziellen, die eigentlich wichtigen Erfahrungen des menschlichen Lebens prinzipiell keinen Platz. Das spricht natürlich überhaupt nicht gegen die Existenz Gottes, erklärt aber psychologisch, warum Menschen nicht glauben, dass er existiert.
    Der Philosoph Ludwig Feuerbach gilt als Kirchenvater des Atheismus. Doch er hat die Existenz Gottes bekanntlich keineswegs mit Argumenten widerlegt. Er hat einfach die Nichtexistenz Gottes vorausgesetzt und sich Gedanken darüber gemacht, wie man sich dann das merkwürdige Phänomen der Religion psychologisch erklären könne. Gehen wir aber einfach einmal umgekehrt davon aus, dass das unsterbliche Gerücht von der Existenz Gottes stimmt, an das seit Bestehen der Menschheit fast alle Menschen geglaubt haben und auch heute noch glauben. Dann müsste ebenso überzeugend dargelegt werden können, ob und wie man dann das merkwürdige Phänomen des Atheismus psychologisch erklären kann.
    Und tatsächlich: Die Fülle der Einflüsse all der vielen künstlichen Welten ohne Gott, in denen wir unvermeidlich leben, macht ein besinnungsloses Leben, das über die existenziellen Erlebnisse von Liebe, Gut und Böse und Sinn des Lebens einfach gedankenlos hinwegstolpert, psychologisch problemlos möglich. Es gibt kein einziges neues Argument gegen Gott, ganz im Gegenteil, die uralten, ewiggleichen atheistischen Argumente sind gerade durch die neueren naturwissenschaftlichen Erkenntnisse unbrauchbar geworden. Doch psychologisch ist das nicht wichtig. Psychologisch zählt, was psychologisch wirkt, und die psychologische Wirkung der Fälschung der Welt ist immens. Niemand kann sich dem völlig entziehen. Das Studio, in dem die gottlose »Truman-Show« unserer Tage stattfindet, ist viel umfassender als die Welt des Truman Burbank. Die Wissenschaftswelt, die Psychowelt, die Medienwelt, die Finanzwelt und die Welt der religiösen Prothesen türmen bunte verwirrende Kulissen auf, die niemand mehr wirklich überblickt. Und auf diesen Kulissen kommt Gott nicht vor, weil ein allmächtiger Gott keine Kulisse ist. Doch das sagt nichts zur Frage, ob er jenseits der Kulissen in der wirklichen Welt wirklich existiert.
    Feuerbach hat die Existenz Gottes nicht widerlegt und dieses Buch versucht nicht, Gott zu beweisen. Aber es versucht, die Scheinsicherheiten in Frage zu stellen und hinter die Pappkulissen zu schauen, es versucht, die absichtlichen und unabsichtlichen Fälschungen zu entlarven und zu ermutigen, das eigene, wirkliche, existenzielle Leben bewusst zu leben, indem man der Übermacht der täuschenden Eindrücke widersteht.
     
    Die Frage
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