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BLUFF!

BLUFF!

Titel: BLUFF!
Autoren: Manfred Lütz
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übersteigen kann, sich transzendieren kann, wie man sagt, und, indem er seine Grenzen sprengt, das endgültige Verlöschen eines Menschen als wesensfremd wahrnimmt. Im Ringen zwischen der Realität der Verwesung und der mindestens genauso wirklichen Realität der Liebe, haben Menschen zu allen Zeiten erlebt, dass die Liebe stärker ist als der Tod. Und nur der wird das als Illusion abtun, dem die Welt aufgrund all ihrer Fälschungen bloß noch als großer schöner Baukasten aus lustigen Atomen, Zellen und Organismen erscheint und für den Liebe also am Ende »nichts anderes als« ein evolutionär sinniges Hormonprodukt eines ehrgeizigen Weltalls ist.
     
    Für einen solchen Menschen wird in gleicher Weise die Moralität des Menschen eine bloße Einbildung sein. Und die Fälschung der Welt hat auch da ganze Arbeit geleistet. Sie hat so viele bunte Kulissen vor die schlichte existenzielle Erfahrung von Gut und Böse errichtet, dass völlige Verwirrung eingetreten ist, obwohl sich der Menschheit wohl noch nie so weitreichende moralische Fragen gestellt haben. Wer meint, sich die menschliche Moral im Sinne all der gefälschten Welten irgendwie als ein spaßiges Gemisch von Hirnstoffwechsel, früher Kindheit, Charity-Shows und zynischer Ethik des Heilens vorstellen zu können, oder wer glaubt, Moral sei, in einer demoskopischen Gesellschaft am besten immer das zu tun, was die Mehrheit richtig findet, der hat gar nichts vom existenziellen moralischen Ernst begriffen, der die Widerstandskämpfer gegen die Nazis antrieb, der Nelson Mandela jahrelange Haft erdulden ließ und der birmanischen Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi die Kraft gab, für den Freiheitskampf ihres Volkes gegen die Militärdiktatur die eigene Freiheit zu opfern.
    Jeder Mensch hat ganz natürlicherweise existenziell ein Gefühl von Gut und Böse. Das unterscheidet ihn vom Tier, und das macht seine Würde aus. Das endliche Leben stellt ihn immer wieder vor unaufschiebbare moralische Entscheidungen, auch plötzlich vor Entscheidungen auf Leben und Tod, über die er früher nie nachgedacht hat und von denen er doch tief im Innern weiß, dass er sie nach bestem Wissen und Gewissen fällen soll. Das macht das Leben so spannend.
    Auf diese Weise ist die Ökologiebewegung entstanden, die inmitten all der gefälschten Welten mit ihrem moralischen Anspruch auf Respekt vor der Natur einen neuen Aufbruch bewirkte. Es sieht so aus, dass die zunehmende Bedrängnis, in die der Mensch gerät, demnächst auch das Nachdenken über eine Ökologie des Menschen befördern könnte. Jedenfalls ist ein waches moralisches Bewusstsein erforderlich, um die Gefahren all der andrängenden gefälschten Welten erfolgreich zu bändigen. Damit der wissenschaftliche Fortschritt nicht zum humanen Rückschritt wird, damit die Psychologie nicht zur bloßen nützlichen Manipulation des Menschen verkommt, die Medien nicht hemmungslos Menschen zum Opfer bringen, die Finanzwelt nicht über Leichen geht und die Medizin sich bewusst bleibt, dass sie nicht all das darf, was sie kann.
    Aber Moral ist immer mühsam. Und so ist der Mensch stets in Gefahr, an diesem moralischen Anspruch an sich selbst zu scheitern, die Stimme seines Gewissens zu überhören und die eigene existenzielle Verantwortung für das, was er in seinem einmaligen Leben tut, nicht zu übernehmen. Nur mit psychischer Gewalt kann man freilich die innere Überzeugung, gut und human sein zu sollen, von außen dauerhaft gezielt betäuben. Das geschieht zum Beispiel durch den Gruppendruck bei islamistischen Terroristen und anderen verblendeten Fanatikern, für die die hemmungslose Bekämpfung des absoluten Feinds der Dreh- und Angelpunkt ihrer Welt geworden ist.
    Der unfassbare Zynismus der vielen Nazis wurde gezüchtet durch ein mit größter Selbstverständlichkeit auftretendes suggestives Gefühl der in einer großen elitären Gemeinschaft angeblich gemeinsam Wissenden. Und so wuchs der Eindruck: Wenn doch alle in dieser Gemeinschaft die Juden für Untermenschen und für den absoluten Feind hielten, dann konnte das eigene aus dem Gewissen aufsteigende Zweifeln gegenüber solchen Ansichten nicht recht haben. So kann man mit psychologischen Methoden Moral fälschen. Die Nazis nutzten für ihre verbrecherischen Zwecke hemmungslos auch all die anderen Welten. Sie manipulierten durch die Wissenschaft, deren »Eugeniker« die menschenverachtenden Thesen der Nazis scheinbar belegten. Sie nutzten die Medien mit perfide gemachten
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