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Blüte der Tage: Roman (German Edition)

Blüte der Tage: Roman (German Edition)

Titel: Blüte der Tage: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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verstehen, konnte es nicht glauben. Obwohl sie es in dem Moment gewusst hatte, als aus dem kleinen Küchenfernsehgerät die Stimme des Reporters an ihr Ohr gedrungen war.
    Kevin konnte nicht tot sein. Er war jung und gesund. Gleich würde er nach Hause kommen, und sie würden zusammen »Huhn Alfredo« essen.
    Die Soße hatte sie anbrennen lassen. Der Rauch hatte das Schrillen des Rauchmelders ausgelöst, und in dem hübschen Haus hatte nur noch Chaos geherrscht.
    Die fremden Männer rieten ihr, die Kinder zur Nachbarin zu schicken, damit sie Stella alles in Ruhe erklären könnten.
    Aber wie sollte das Unmögliche, das Undenkbare erklärbar sein?
    Ein Fehler. Das Gewitter, ein Blitz, und alles hatte sich für immer verändert. Nur ein Augenblick, und der Mann, den sie liebte, der Vater ihrer Kinder, lebte nicht mehr.
    Gibt es jemanden, den Sie anrufen möchten?
    Wen außer Kevin sollte sie anrufen? Er war ihre Familie, ihr Freund, ihr Leben.
    Sie redeten über Details, die kaum zu ihr hindurchdrangen, über Ansprüche, Rechtsberatung. Sie sprachen Stella ihr Beileid aus.
    Dann gingen sie, und sie blieb allein in dem Haus zurück, das Kevin und sie gekauft hatten, als sie mit Luke schwanger gewesen war. Das Haus, das sie sich gemeinsam erspart und gestrichen und eingerichtet hatten. Das Haus mit dem Garten, den sie selbst gestaltet hatte.
    Das Gewitter war vorbei, es herrschte wieder Stille. War es jemals so still gewesen? Sie konnte ihren eigenen Herzschlag hören, das Summen der sich einschaltenden Heizung, das Tröpfeln des Regens aus der Dachrinne.
    Und dann nahm sie ihr eigenes Wehklagen wahr, als sie in der Diele vor der Haustür zusammenbrach. Seitlich zusammengerollt, die angezogenen Knie an die Brust gedrückt, lag sie da. Sie weinte nicht, noch nicht. Ihre Tränen waren in ihrem Inneren zu einem harten,
heißen Knoten verdichtet. Der Schmerz war zu groß, um weinen zu können. Sie konnte nur daliegen und diese hohen klagenden Laute ausstoßen.
    Es war dunkel, als sie sich schwankend und zitternd auf die Beine kämpfte. Kevin. Kevin. Ihr Innerstes schrie seinen Namen wieder und wieder.
    Sie musste ihre Kinder abholen. Sie musste ihnen erzählen, was geschehen war.
    O Gott! O Gott, wie sollte sie ihnen das beibringen?
    Sie öffnete die Haustür und trat in die kalte Dunkelheit hinaus. Achtlos ließ sie die Tür hinter sich offen, ging zwischen den Chrysanthemen und Astern hindurch, vorbei an den glänzend grünen Blättern der Azaleen, die Kevin und sie an einem schönen Frühlingstag eingepflanzt hatten.
    Wie eine Blinde überquerte sie die Straße, ging durch Pfützen hindurch und weiter über nasses Gras auf die Verandalaterne ihrer Nachbarin zu.
    Wie hieß ihre Nachbarin überhaupt? Komisch, sie kannte sie schon seit vier Jahren. Sie hatten sich zu einer Fahrgemeinschaft zusammengeschlossen, und manchmal gingen sie zusammen einkaufen. Aber sie konnte sich nicht erinnern ...
    Ah, natürlich. Diane. Diane und Adam Perkins mit ihren Kindern Jessie und Wyatt. Nette Familie, dachte sie gleichgültig. Eine nette, normale Familie. Erst vor wenigen Wochen hatten sie zusammen gegrillt. Kevin hatte Hühnchen besorgt. Er grillte für sein Leben gern. Sie hatten einen guten Wein getrunken, Spaß gehabt und die Kinder hatten gespielt. Wyatt war hingefallen und hatte sich das Knie aufgeschrammt.
    Natürlich erinnerte sie sich.
    Dennoch stand sie nun vor der Haustür und wusste nicht recht, weshalb sie hier war.
    Ihre Kinder. Natürlich, sie war wegen ihrer Kinder gekommen. Sie musste ihnen sagen ...
    Nicht daran denken. Sie schlang die Arme um sich und wiegte sich hin und her. Denk jetzt nicht daran. Wenn du daran denkst, wirst du zerbrechen. In eine Million Teile zersplittern, die man nie wieder zusammenfügen kann.
    Ihre Kinder brauchten sie. Brauchten sie jetzt. Hatten nur noch sie.
    Sie kämpfte den heißen, harten Knoten zurück und klingelte.
    Sie nahm Diane wie durch einen Schleier wahr. Verwackelt, mit unscharfen Konturen. Hörte ihre Stimme wie aus weiter Ferne. Fühlte ihre Arme, die sich stützend und mitfühlend um sie legten.
    Aber dein Mann ist nicht tot, dachte Stella. Dein Leben ist nicht vorbei. Deine Welt ist noch dieselbe wie gestern. Du hast keine Ahnung. Keine Ahnung.
    Als sie merkte, wie sie zu zittern begann, wich sie zurück. »Nicht jetzt, bitte. Ich kann nicht. Ich muss die Jungen abholen.«
    »Ich kann mit dir kommen.« Unter Tränen streckte Diane die Hand aus und strich ihr über das Haar.
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