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Blüte der Tage: Roman (German Edition)

Blüte der Tage: Roman (German Edition)

Titel: Blüte der Tage: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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»Soll ich mit dir kommen? Bei dir bleiben?«
    »Nein. Nicht jetzt. Ich muss ... die Jungen.«
    »Ich werde sie holen. Komm doch rein, Stella.«
    Sie schüttelte nur den Kopf.
    »Nun gut. Die Kinder sind im Spielzimmer. Ich werde sie dir bringen. Stella, wenn ich irgendetwas für dich tun kann – du brauchst nur anzurufen. Es tut mir Leid. Es tut mir so Leid.«
    Reglos stand sie in der Dunkelheit, starrte blicklos in die erleuchtete Diele und wartete.
    Sie vernahm die Protestschreie, die Beschwerden, danach das Getrappel von Schritten. Und dann standen ihre Jungen vor ihr – Gavin mit dem blonden Haar seines Vaters, Luke mit dem Mund seines Vaters.
    »Wir wollen noch nicht gehen«, teilte Gavin ihr mit. »Wir machen gerade ein Spiel. Dürfen wir das zu Ende spielen?«
    »Nein. Wir müssen nach Hause.«
    »Aber ich gewinne. Das ist nicht fair und –«
    »Gavin. Wir müssen gehen.«
    »Ist Daddy gekommen?«
    Sie blickte zu Luke hinunter, in sein glückliches, unschuldiges Gesicht, und brach fast zusammen. »Nein.« Rasch hob sie ihn hoch und küsste ihn zart auf den Mund, der so sehr Kevins Mund glich. »Gehen wir.«
    Mit Luke auf dem Arm und Gavin an der Hand machte sie sich auf den Rückweg zu ihrem leeren Haus.
    »Daddy würde mich fertig spielen lassen«, jammerte Gavin, den Tränen nahe. »Ich will zu Daddy.«
    »Ich weiß. Ich auch.«
    »Kriegen wir einen Hund?«, wollte Luke wissen und drehte mit den Händen ihr Gesicht zu sich herum. »Können wir Daddy fragen? Kriegen wir einen Hund wie Jessie und Wyatt?«
    »Lass uns ein andermal darüber reden.«
    »Ich will zu Daddy«, wiederholte Gavin nun etwas schriller.
    Er weiß Bescheid, dachte Stella. Er spürt, dass etwas nicht stimmt. Dass etwas Schlimmes passiert ist. Ich muss es den Kindern sagen. Jetzt.
    »Setzen wir uns ins Wohnzimmer.« Behutsam, ganz behutsam schloss sie die Tür hinter sich und trug Luke zum Sofa. Sie nahm ihn auf den Schoß und legte Gavin den Arm um die Schulter.
    »Ein Hund wäre so schön«, plapperte Luke weiter. »Ich will mich auch immer um ihn kümmern. Wann kommt Daddy?«
    »Er kann nicht kommen.«
    »Muss er noch in der anderen Stadt bleiben?«
    »Er ...« Gott, hilf mir. Steh mir bei. »Es gab einen Unfall. Daddy hatte einen Unfall.«
    »So was wie ein Autounfall?«, fragte Luke. Doch Gavin sagte nichts, sah sie nur unentwegt an.
    »Es war ein sehr schlimmer Unfall. Daddy ist jetzt im Himmel.«
    »Aber danach muss er wiederkommen.«
    »Das kann er nicht. Er kann nicht mehr nach Hause kommen. Er muss jetzt im Himmel bleiben.«
    »Er muss aber zurückkommen!« Gavin wollte weglaufen, doch sie hielt ihn fest. »Ich will, dass er jetzt zurückkommt.«
    »Das würde ich mir auch wünschen, mein Liebling. Aber er kann nicht mehr kommen, sosehr wir das auch wollen.«
    Lukes Lippen zitterten. »Ist er böse auf uns?«
    »Nein. Nein, nein, nein, mein Schatz. Nein.« Sie presste das Gesicht an sein Haar. Ihr Magen krampfte sich zusammen und ihr Herz pochte wie eine schmerzende Wunde. »Er ist nicht böse auf uns. Er liebt uns. Er wird uns immer lieben.«
    »Er ist tot«, stieß Gavin wütend hervor. Doch gleich darauf verzog er das Gesicht, und er war nur noch ein
kleiner Junge, der in den Armen seiner Mutter weinte.
    Sie hielt beide Kinder an sich gedrückt, bis sie eingeschlafen waren, und trug sie dann in ihr Ehebett, damit keiner von ihnen dreien allein aufwachte. Vorsichtig zog sie ihnen die Schuhe aus und deckte sie zu.
    Als sie wie eine Schlafwandlerin durch das Haus wanderte, Türen absperrte und Fenster schloss, ließ sie das Licht brennen. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass alles sicher war, schloss sie sich im Badezimmer ein. Sie ließ sich ein heißes Bad einlaufen, das den ganzen Raum mit feuchten Dampfschwaden erfüllte.
    Erst als sie in die Wanne stieg und in das heiße Wasser eintauchte, ließ sie es zu, dass der Knoten sich löste. Am ganzen Leib zitternd, saß sie in dem heißen Wasser und weinte. Weinte und weinte.
     
    Sie überlebte es. Man riet ihr zu Beruhigungsmitteln, doch sie wollte ihre Gefühle nicht unterdrücken. Außerdem brauchte sie allein schon wegen der Kinder einen klaren Kopf.
    Die Bestattung verlief in einem schlichten Rahmen. Kevin hätte es so gewollt. Stella kümmerte sich um jede Einzelheit für seinen Gedenkgottesdienst – die Musik, die Blumen, die Fotos. Für seine Asche, die sie über dem See verstreuen wollte, wählte sie eine silberne Urne. An diesem See hatte er an einem
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