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Blüte der Tage: Roman (German Edition)

Blüte der Tage: Roman (German Edition)

Titel: Blüte der Tage: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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ihr wie eine Blume, die nur sie allein sehen und fühlen konnte. Die nur sie allein kannte. Und je größer es wurde, desto größer und heftiger wurde ihre Liebe.
    In der schwülen stickigen Sommerhitze blühte sie auf, und zum ersten Mal in ihrem Leben erfuhr sie eine leidenschaftliche, glühende Liebe für ein anderes Wesen.
    Das Kind, ihr Sohn, brauchte sie. Sie würde ihn mit all ihrer Kraft beschützen.
    Die Hände fürsorglich über ihren runden Bauch gelegt, überwachte sie die Einrichtung des Kinderzimmers. Hellgrüne Wände und weiße Spitzengardinen; ein aus Paris importiertes Schaukelpferd, eine kunstvoll geschnitzte Wiege aus Italien.
    Sie ordnete die winzigen Hemdchen und Höschen in den kleinen Kleiderschrank ein. Irische und bretonische Spitze, französische Seide. Alles mit Monogrammen bestickt, den drei Anfangsbuchstaben des Babys, das James Reginald Conner heißen sollte.
    Sie würde einen Sohn haben. Ein Kind, das ein Teil von ihr war. Endlich jemand, den sie lieben konnte. Sie würden zusammen reisen, sie und ihr schöner Sohn. Sie würde ihm die Welt zeigen. Er würde die besten Schulen besuchen. Er würde ihr Stolz sein, ihre Freude. Was kümmerte es sie da, dass Reginald im Verlauf dieses schwülen Sommers immer seltener kam.
    Er war nur ein Mann. Der Mensch, der in ihr wuchs, war ein Sohn.
    Sie würde nie wieder allein sein.
    Als die ersten Wehen kamen, spürte sie keine Angst.
Während dieser qualvollen Stunden hatte sie nur einen Gedanken: ihr Kind. Ihr James. Ihr Sohn.
    Ihre Augen brannten vor Erschöpfung, und die Hitze, ein lebendiges atmendes Ungeheuer, war beinahe schlimmer als der Schmerz.
    Sie bemerkte, wie der Arzt und die Hebamme Blicke austauschten. Finstere, ernste Blicke. Doch sie war jung, sie war gesund. Sie würde diese Prüfung bestehen.
    Es gab keine Zeit mehr; die Stunden verschmolzen ineinander im Schein der Gaslampe, die flackernde Schatten an die Wände warf. Durch ihre Erschöpfung hindurch vernahm sie einen dünnen Schrei.
    »Mein Sohn.« Tränen rannen über ihre Wangen. »Mein Sohn.«
    Die Hebamme strich ihr über das Haar und murmelte: »Bleiben Sie still liegen. Trinken Sie etwas. Ruhen Sie sich aus.«
    Sie nippte an einem Glas, um das Brennen in ihrer Kehle zu lindern, und schmeckte Laudanum. Ehe sie protestieren konnte, trieben ihre Gedanken ab. Weit weg.
    Als sie erwachte, war es düster im Raum; die Vorhänge waren zugezogen. Sofort stand der Arzt aus seinem Sessel auf, hob ihre Hand und prüfte den Puls.
    »Mein Sohn. Mein Baby. Ich möchte mein Baby sehen.«
    »Ich werde Ihnen einen Teller Brühe bringen lassen. Sie haben sehr lange geschlafen.«
    »Mein Sohn. Er muss hungrig sein. Bringen Sie ihn mir.«
    »Madam.« Der Arzt setzte sich auf die Bettkante. Er wirkte sehr bleich, sehr besorgt. »Es tut mir Leid. Das Kind war eine Totgeburt.«
    Etwas Monströses, Grausames umklammerte ihr Herz, durchbohrte es mit Krallen aus Schmerz und Angst. »Das ist eine Lüge! Ich habe ihn schreien hören. Warum quälen Sie mich so?«
    »Es hat nie geschrien.« Behutsam ergriff er ihre Hände. »Die Geburt war lang und schwer. Gegen Ende befanden Sie sich im Delirium. Es tut mir aufrichtig Leid, Madam. Sie haben ein totes Kind zur Welt gebracht. Es war ein Mädchen.«
    Sie wollte es nicht glauben. Sie schrie, tobte, weinte, wurde mit Laudanum ruhig gestellt, nur um beim Erwachen erneut zu schreien, zu toben und zu weinen.
    Erst hatte sie das Kind nicht gewollt. Und dann war es der Mittelpunkt ihres Lebens geworden.
    Ihr Kummer war namenlos und unermesslich.
    Er trieb sie in den Wahnsinn.

ERSTES KAPITEL
    Southfield, Michigan, September 2001
     
    Sie hatte die Sahnesoße anbrennen lassen. Stella würde sich immer an dieses kleine, ärgerliche Detail erinnern, wie sie sich auch an das Donnergrollen des nahenden Gewitters und an das Gezanke ihrer Kinder, das aus dem Wohnzimmer zu ihr drang, erinnern würde.
    Ebenso an den beißenden Geruch, an das jähe Schrillen des Rauchmelders und an ihre mechanischen Handbewegungen, mit denen sie die Pfanne vom Herd genommen und ins Waschbecken gestellt hatte.
    Sie war keine begnadete, aber dennoch gute Köchin. Für dieses Willkommensmenü hatte sie »Huhn Alfredo« geplant, eines von Kevins Lieblingsgerichten. Dazu gab es Feldsalat, selbst gemachtes Pesto und frisches, knuspriges Weißbrot.
    In der ordentlichen Küche ihres hübschen Vorstadthauses hatte sie all ihre Zutaten bereitgestellt und das Kochbuch mit dem Plastikeinband auf
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