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Bloodman

Bloodman

Titel: Bloodman
Autoren: Robert Pobi
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denn der funktionierende Teil seines Verstandes wusste, dass er nicht wieder hochkommen würde, wenn er hinfiel. Seine Füße bluteten stark, und er spürte, wie alle Wärme aus seinem Körper sickerte.
    Er war noch drei Meter von der Dachkante entfernt, als er hinter sich die Tür aufscheppern hörte. Die Strahlen von Taschenlampen zuckten durch die Nacht. Vereinigten sich auf ihm. Rufe. Er sah seinen eigenen Schatten, der sich vor ihm bis zum Rand des Daches streckte und darüber hinaus in die dunkle Leere.
    Noch mehr Geschrei.
    Sein Name.
    Er blickte nicht zurück.
    Hielt nicht an.
    Sein Schatten tanzte. Schritte platschten hinter ihm. Stimmen forderten ihn auf, stehen zu bleiben.
    Sahen sie denn nicht, dass er keine Wahl hatte? Dass dies hier getan werden musste?
    Er zweifelte keine Sekunde lang, weder an seiner Mission noch an seinen Beweggründen. Er wusste, dass es der einzige Weg war, dem zu entrinnen, was kommen musste. Er hatte zu lange in Furcht gelebt. Niemand konnte ihn retten. Nicht einmal Jake. Jetzt nicht mehr.
    Es kostete ihn das letzte Quäntchen Kraft und seine ganze Konzentration, um weiterzugehen, aber sein Geist gestattete ihm noch eine kurze Erinnerung, ein Bild von Mia, wie sie sich vor ach so vielen Jahren an Deck des Segelboots gesonnt hatte. Jung und schön, als das Leben noch vor ihnen lag.
    Er erreichte den Rand des Daches.
    Hob einen blutigen Fuß aus dem Wasser.
    Und trat hinaus in den Himmel.

79
    Jake bewegte sich langsam, aber geschmeidig von Franks Leiche fort, als wären seine Knochen aus Gummi. »Würden Sie mir sagen, was hier vorgeht?«, fragte er.
    Hauser trat herab in das versenkte Wohnzimmer. »Ich dachte, das wäre Ihr Job, Hexendoktor. Sich die Scheiße zusammenzureimen.« Er sagte es sanft, beinahe freundlich, aber hinter den Worten lauerte etwas Zorniges. Er hielt seine Pistole in der Hand.
    Â»Wo ist meine Frau? Mein Kind?«
    Hauser trat an den offenen Kamin. Die noch vorhandenen Vorhänge tanzten wie Geister im Wind, zerfetzt und zerschlissen. Der Sheriff warf einen Blick auf Franks verformten Kopf, den ausgehängten Kiefer. »Ich stelle hier die Fragen, Jake«, sagte er und hob die Sig. Und in dem Moment sah Jake den großen Grabendolch an seinem Gürtel hängen – das Messer eines Killers, nicht das eines Polizisten.
    Jake merkte, dass ein Teil von ihm – der Teil, der wusste, es würde bald alles vorüber sein – aufgehört hatte, sich Sorgen zu machen. Und ihm fiel auf, dass ganz im Hintergrund, im statischen Rauschen der Ungläubigkeit über die Entwicklung der Dinge, Kays und Jeremys Stimmen verstummt waren. Eine große Müdigkeit überfiel ihn. Er nickte zur Küche hin. »Ich brauche etwas zu trinken.« Es war eine Feststellung, keine Bitte. Er bat schon lange nicht mehr irgendjemanden für irgendetwas um Erlaubnis, und er würde jetzt nicht wieder damit anfangen, nicht einmal, wenn er in die Mündung einer 9- mm-Parabellum starrte.
    In der Küche hatte es dreißig Zentimeter hoch den Sand angeschwemmt, und er musste die Schranktür unter der Spüle mit Gewalt aufzerren. Er brachte eine Flasche Bourbon zum Vorschein, die sich ganz hinten versteckt hatte, und goss zwei Fingerbreit in eine Teetasse. In seinem Kopf summte es wie durchbrennende Glühbirnen, und er hörte das scharfe Knistern von kurzgeschlossenen elektrischen Schaltkreisen. Er wusste, nach dem scharfen, weißen Stoß, der sein Herz erschüttert hatte, würde es ein paar Minuten dauern, bis sich die Rädchen in seinem Denkkasten wieder in Gang setzten. Spencer war tot. Frank war tot. Während er ohne Bewusstsein dalag, hatte jemand beide ermordet. Nein, nicht jemand – der Mann, vor dem sein Vater Todesangst gehabt hatte. Jeremys Mann im Boden – der Kumpan. Das gesichtslose Porträt seines Vaters. Der Killer. Der Bloodman. Sie alle zusammen. »Möchten Sie auch einen Drink?«, fragte er Hauser.
    Hauser nickte müde und kam näher, die Pistole im Anschlag. »Warum nicht?«
    Â»Sie sind im Dienst«, sagte Jake und schenkte Hauser ein.
    Â»Und Sie sind ein trockener Alkoholiker.«
    Â»Lediglich ein Säufer zwischen zwei Räuschen.« Er ließ die Tasse über die Küchentheke schlittern, dann hob er seine eigene und trank Hauser zu. Über Hausers Schulter sah er Frank tot in seinem Stuhl sitzen, wie den Leuchtturm hinter Rachael Macready
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