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Bloodcast 01 - Cast & Crew

Bloodcast 01 - Cast & Crew

Titel: Bloodcast 01 - Cast & Crew
Autoren: Michael Peinkofer
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blickte auf das Kuvert, das vor ihr auf dem Gartentisch lag. Es war am Morgen mit der Post gekommen. »Nein«, gab sie zu.
    »Na, dann mach schon!«, ermutigte ihre Großmutter sie und verschönerte den Strauß noch mit einigen Farnblättern. Blumen waren ihr Leben; die kleine Gärtnerei am Stadtrand von Leipzig ihre ganze Leidenschaft. Sie aus Altersgründen aufzugeben, wäre ihr nie in den Sinn gekommen. »Ich merke doch, wie es dich beschäftigt.«
    Gesine musste lächeln. Ihre Großmutter war nicht nur die fürsorglichste, sondern auch die klügste Frau, der sie je begegnet war. Zögernd griff Gesine nach dem Kuvert mit dem Firmenlogo von Kayne & Sparks. Rasch öffnete sie es, zog das Schreiben heraus und überflog es.
    »Und?«, fragte ihre Großmutter.
    »Ich habe es geschafft«, verkündete Gesine unbewegt. »Ich bin in der Endausscheidung.«
    »Das ist doch, was du wolltest, oder nicht?«
    »Ich weiß nicht.« Gesine schürzte die schwarz bemalten Lippen. »Ich schätze schon.«
    »Du musst das nicht tun, Kind.«
    »Ich weiß, Omi. Aber ich möchte es.«
    »Fertig«, sagte ihre Großmutter und betrachtete zufrieden den Strauß. »Eigentlich will mir nicht in den Kopf, warum du tagein, tagaus diese schwarzen Sachen trägst.« Sie hielt ihrer Enkelin demonstrativ den Blumenstrauß hin. »Die Welt ist bunt, Gesine, sieh dich doch nur um!«
    Gesine lächelte schwach. »Nicht meine Welt.«
    »Ich weiß.« Ihre Großmutter nickte so heftig, dass der Dutt, zu dem sie ihr graues Haar hochgesteckt hatte, wackelte. Resigniert ließ sie den Strauß sinken. »Deshalb hast du bei der Sache meine Unterstützung. Ich hoffe, dass du manches anders siehst, wenn du erst die Wahrheit kennst.«
    Gesine erlaubte sich noch ein zaghaftes Lächeln. »Manchmal hoffe ich das auch.«
    »Also wenn es das ist, was du willst, dann solltest du auch gehen«, bekräftigte ihre Großmutter sie in ihrem Entschluss. »Finde heraus, was damals geschehen ist, aber sieh dich vor! Beim geringsten Anzeichen von Gefahr rufst du sofort die Polizei! Dass ich dich verstehe, bedeutet nicht, dass ich mir keine Sorgen um dich mache.«
    »Ich weiß, Omi. Wird schon alles gut gehen.«
    Gesines Großmutter schluckte sichtbar. Ihr eben noch so freundlicher Gesichtsausdruck veränderte sich. Ein Schatten legte sich über ihre geröteten Wangen. »Nimm das nicht auf die leichte Schulter, Kind!«, mahnte sie ernst. »Noch einmal ertrage ich das nicht, hörst du? Ich habe bereits deine Mutter verloren.«
    »Ich weiß.« Gesine nickte. »Deshalb will ich ja auch herausfinden, was damals geschehen ist.«
*
    Das Buffet, das im Speisesaal aufgebaut worden war, stellte fraglos den nächsten Höhepunkt des Tages dar. Aus glitzerndem Eis geschnitzte drachenartige Kreaturen, die Wappentiere des Labels, thronten mit weit ausgebreiteten Schwingen über den Speisen. Diese bestanden bei aller bunten Opulenz, mit der sie angerichtet waren, im Wesentlichen aus rohem Obst und Gemüse. Die meisten Mädchen hatten den Tag über kaum etwas gegessen. Jetzt griffen sie herzhaft zu, freilich erst, nachdem sie das Buffet staunend umrundet und die Eiskreaturen von allen Seiten bewundert hatten. Kayne & Sparks, das stand inzwischen für alle fest, war zu außergewöhnlichen Dingen fähig. Alle schätzten sich glücklich, zum erlauchten Kreis derer zu gehören, die die Firma für würdig erachtet hatte, am Wettstreit teilzunehmen.
    Sie hatten das Abendessen kaum beendet, als Leander erschien. Er hatte sich umgezogen, trug jetzt löchrige Jeans und ein hautenges, schwarzes Shirt, das seinen muskulösen Oberkörper zur Geltung brachte. Mit ihm zusammen erschienen Nicolas und eine den Kandidatinnen bisher unbekannte Frau. Sie mochte Ende dreißig sein; ihr volles, schwarz gelocktes Haar, das üppig über ihre Schultern wallte, ließ eine südländische Herkunft vermuten. Dem widersprach ihr auffallend blasser Teint. Das lange Kleid mit hoher Taille und Trompetenärmeln mutete mittelalterlich an. Es war von tiefroter Farbe und entstammte der aktuellen Winterkollektion von Kayne & Sparks. Der Blick aus grünen Augen verriet Selbstsicherheit; jede ihrer Bewegungen war auf Wirkung bedacht.
    »Nun?«, erkundigte sich Leander, nachdem er seinen Blick aufmerksam über die Mädchen hatte gleiten lassen. »Habt ihr euch bereits ein wenig eingelebt? Fällt nicht weiter schwer an einem Ort wie diesem, oder?«
    Kopfnicken und beifälliges Gemurmel.
    Niemand wollte auffallen.
    Noch nicht.
    »Nicolas und
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