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Blizzard-Fehde

Blizzard-Fehde

Titel: Blizzard-Fehde
Autoren: G.F. Unger
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Freudenmädchen geholt. Manche waren noch ziemlich betrunken. Doch sie alle waren gekommen. Alle außer Luke. Denn Luke hatte die schöne Lilly in ihren Klauen.
    John Brennan saß noch im Sattel, als wir uns um ihn versammelten.
    Er deutete zu den Verladecorrals hinüber, in denen sich noch die Hälfte unserer Herde befand, also etwa viertausend Tiere. Sie muhten und brüllten, waren unruhig und wären in ihrem Zustand draußen auf der Prärie längst bei dem geringsten Anlass in Stampede ausgebrochen. Hier konnten sie es nicht. Aber sie waren durstig. Es fehlte ihnen das Büffelgras in den Mägen. Und weil sie seit Monaten an das tägliche Wandern gewöhnt waren, machte das Gedränge in den Corrals sie verrückt.
    John Brennan sagte vom Pferd zu uns nieder: »Jungs, wir waren die letzte Herde. Man war nicht mehr auf uns eingerichtet. Die Aufkäufer der Konserven- und Fleischfabriken im Osten hätten mir die Herde noch abgenommen zu einem guten Preis. Aber die Eisenbahn schickt keine Leerzüge mehr nach Dodge City. Sie will vor Winteranbruch einige Streckenabschnitte reparieren und auch Brückenschäden beseitigen. Sie befindet sich jetzt im Wettlauf mit dem ersten Schneefall, der jeden Tag kommen kann. Ich werde diese viertausend Rinder hier nicht mehr los.«
    Als er verstummte, klang seine Stimme grimmig und bitter.
    Wir starrten zu ihm hoch.
    Einer fragte: »Boss, bekommen wir deshalb auch nur den halben Treiberlohn?«
    Er schüttelte den Kopf. »Natürlich bekommt ihr den vollen Lohn und noch eine Prämie«, erwiderte er. »Ihr habt mehr als nur eure Pflicht getan, wart eine erstklassige Mannschaft. Doch was mache ich mit viertausend wertlos gewordenen Rindern? Darüber habe ich nachgedacht. Und so werde ich eure Hilfe brauchen.«
    Er machte abermals eine Pause.
    Dann aber sprach er härter und energischer: »Ich will morgen mit diesen Rindern aufbrechen. Wenn die Eisenbahn glaubt, dass sie noch zwei oder drei Wochen Zeit hat, um vor Winteranbruch ihre Strecke reparieren zu können, so denke ich, dass wir es noch bis ins nördliche Nebraska schaffen können. Zum Niobrara River!«
    Er rief den letzten Satz irgendwie triumphierend.
    Einer von uns fragte: »Und was ist dort am Niobrara?«
    »Es ist ein herrliches Hügelland«, erwiderte John Brennan. »Der Fluss ist eingesäumt von Espen. Es gibt viele Zuflüsse, schöne Hügeltäler. Das ganze nordwestliche Nebraska ist ideal für die Rinderzucht. Die Täler geben den Herden guten Schutz vor den Blizzards. Ich will mit den viertausend Rindern ein großes Stück Weide besetzen und eine Ranch gründen. Und zumindest die halbe Mannschaft brauche ich dafür. Ich werde euch jetzt alle auszahlen und zugleich eine neue Liste auslegen, in die sich jeder eintragen kann, der mit mir nach Nebraska will.«
    Nun war also alles klar, und jeder von uns wusste Bescheid – auch ich. Doch ich wusste jetzt schon, dass ich nicht mitreiten würde nach Nebraska. Denn mein Bruder Luke würde nicht mitkommen, sondern bei der schönen Lilly McGinnes bleiben wollen, mochte kommen, was wollte.
    Und ich konnte Luke hier in Dodge City nicht allein lassen. Ich wusste, er würde mich noch brauchen.
    Als ich mir also von Onkel John für Luke und mich den Lohn geben ließ, dazu noch eine Prämie, da fragte er: »Und auf euch kann ich sicherlich ebenfalls zählen, nicht wahr? Ihr seid schließlich meine Erben, steht mir nahe wie Söhne, die ich niemals hatte. Tragt euch ein.«
    Aber ich schüttelte den Kopf und erwiderte: »Wir kommen sicherlich nach. Aber zurzeit ist es so, dass Luke den Verstand in der Hose hat, weil er verrückt ist nach einer schönen Hexe. Wenn er aufwacht aus seinem Rausch, wird er wieder vernünftig sein. Dann kommen wir nach, Onkel John. Ich muss in Lukes Nähe bleiben. Denn sein Erwachen in die Wirklichkeit wird ziemlich grausam sein. Dann braucht er mich.«
    Onkel John nickte.
    Er sah unserem Vater so ähnlich, wie Luke und ich uns ähnlich sahen. Ja, obwohl er nur unser Onkel war, konnte man uns für seine Söhne halten. Doch er war niemals verheiratet gewesen. Wir kannten seine Geschichte. Und vielleicht erlebte Luke nun fast die gleiche Geschichte wie Onkel John und würde fortan keiner Frau mehr vertrauen.
    »Dann pass gut auf, Jeff«, sprach er.
    Das war alles.
    Ich ritt wieder zur Stadt hinüber.
    Hinter mir brüllte die Herde. Es war recht kalt. Die Bäume und Büsche hatte nur noch wenige Blätter. Aber es konnte sein, dass der Schnee erst in zwei oder drei
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