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Blitz und Pam

Blitz und Pam

Titel: Blitz und Pam
Autoren: Walter Farley
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gleichzeitig, daß er sich auf eine solche Konversation überhaupt einließ. Die Augen des Mädchens waren von ungewöhnlichem Blau und aufmerksamer Lebhaftigkeit.
    »Oh, dann tu’ ich einfach so, als ob sie schiene. Das geht sehr gut, wissen Sie, man muß nur wollen. Als ich klein war, hob mich mein Vater jeden Morgen und jeden Abend ans Fenster — ob die Sonne schien oder nicht — und sagte: >Guten Morgen, Sonne!< und >Gute Nacht, Sonne!<.«
    »Dann müssen Sie ja immer gut aufgelegt sein«, meinte Alec, »ob die Sonne nun scheint oder nicht.«
    »Nicht immer, nicht jeden Tag — das ist gar nicht möglich«, wehrte sie lachend ab. »Aber meistens bin ich schon gut aufgelegt. Und Sie?« fragte sie unvermittelt.
    Alec stellte mit Unbehagen fest, daß ihn die Frage unangenehm berührte. Zudem wartete seine Besucherin die Antwort gar nicht erst ab; sie schien sie zu kennen, auch ohne daß Alec sie aussprach.
    »Ich bin gekommen, weil ich mich um die Stelle bewerben möchte«, sagte sie ernst. »Die Stelle, die Sie seit Monaten in Fachzeitschriften ausschreiben. Ich hoffe, Sie haben sie noch nicht besetzt.«
    Der Ausdruck in Alecs Augen wechselte plötzlich. Das Interesse darin war geschwunden. Er konnte niemanden wie dieses Mädchen hier für die Stelle brauchen. Er suchte jemanden, der etwas von der Sache verstand. Er hatte keine Zeit, sich mit Amateurreitern und Kindern abzugeben, die mit glänzenden Augen herumstanden. Und doch hörte er sich fragen: »Wie heißen Sie?«
    »Pam.«
    Alec wußte, daß ihre Gelassenheit in krassem Gegensatz zu seiner Unruhe stand, und auch sie schien diesen Gegensatz zu spüren.
    »Und wie noch?«
    »Athena.« Sie sah ihn unverwandt an, ohne mit den Wimpern zu zucken.
    »Das gibt’s doch nicht«, sagte er — lauter als er eigentlich wollte, und sein Unbehagen wuchs dadurch noch mehr. »Athena war eine griechische Göttin oder so was. Das kann doch nicht Ihr Familienname sein.«
    »Und warum nicht?« meinte sie. »Es heißt ja nichts Schlimmes, oder?« Ihre Stimme klang sehr klar und beinahe sanft. »Genau gesagt, Athena war die Göttin der Kunst und der Wissenschaft«, erklärte sie schlicht. »Wie Sie meinen«, war Alecs Entgegnung. Es hätte ihn auch keineswegs überrascht, wenn ihre Vorfahren Griechen gewesen wären. Das Sonnenlicht flutete durch das Fenster und fiel grell auf sie; ihre hohen Backenknochen, ihre blauen Augen mit den langen Wimpern und ihre sonnengebräunte Haut wurden dadurch noch hervorgehoben. Ihr langes blondes Haar war hinten zusammengebunden und ließ die Ohren frei, die so fein geschnitten waren wie ihre Nase. Trotz ihrer unbekümmerten Offenheit schien sie empfindsam und verletzbar zu sein.
    »Möchten Sie den Rest auch noch hören?« fragte sie, indem sie sich vom Fenster wegwandte und auf ihn zutrat.
    Erst jetzt wurde ihm bewußt, wie klein sie war. Ihr Kopf reichte ihm gerade bis zur Brust. »Welchen Rest?«
    Sie lachte. »Nun, zum Beispiel warum ich glaube, die Stelle ausfüllen zu können. Sehen Sie, ich habe schon immer Pferde um mich gehabt. Ich hatte mein erstes Pony, bevor ich überhaupt richtig gehen konnte. Es hieß Gu-Gu und war eine kleine braune Shetlandstute mit einer langen, goldenen Mähne, die ihr über die Augen fiel. Ihre Augen guckten mich jeweils zwischen den einzelnen Strähnen verstohlen an, und so taufte ich sie Gu-Gu. Als sie ihr erstes Fohlen bekam, wollte ich es Da-Da nennen, aber der Kleine wurde so schnell, daß ich ihm statt dessen den Namen Flink gab.
    Später erhielt ich dann mein erstes Pferd. Es war eine Araberstute, und ich taufte sie Tena, eine Abkürzung von Athena. Ich habe sie heute noch. Sie ist ein wunderschönes Pferd und bereits mehrfache Mutter. Früher, da ritt ich mit ihr stundenlang am Strand entlang. Sie liebte den Sand, und oft legte sie sich an den Strand wie ein Mensch zum Sonnenbad. Sie schwamm auch gerne, und manches Mal trieben wir ganze Schwärme von Fischen zusammen, die nahe ans Ufer herangeschwommen waren. Dann stürzten wir uns darein wie Cowboys in ihre Herden und trieben sie wieder auseinander. Es war herrlich — für uns beide! Das war in Florida, wo ich zu Hause bin«, fügte sie ruhig hinzu. »Florida?« wiederholte Alec erstaunt. »Sie kommen aus Florida?«
    »Ja, aber ich bin nicht mehr oft dort. Irgendwie ist es, wie wenn in meinem Kopfe immer von Zeit zu Zeit ein Wecker rasselte und mir das Zeichen zum Aufbruch gäbe. Die Zeit ist kurz, wissen Sie.«
    »Die Zeit...«, stutzte Alec,
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