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Henry - Das Buch mit Biss (German Edition)

Henry - Das Buch mit Biss (German Edition)

Titel: Henry - Das Buch mit Biss (German Edition)
Autoren: Holly Day
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Kapitel 1
Männer in Bäumen
     
    Menschen. Immerzu machen
sie sich Gedanken. Sorgen um ihre Familie, ihren Job, Geld. Eigentlich ein
Wunder, dass ihnen dabei nicht die Schädel explodieren. Gelassenheit ist wohl
etwas, das man erst im Tod erlangt. Das Exemplar vor mir war da keine Ausnahme.
     
    In einem kleinen
amerikanischen Örtchen, umgeben von größtenteils dunklen Nadelwäldern, und
bevölkert von grimmigen Bewohnern, deren Highlight des Jahres die hiesige
Monster-Truck-Show darstellt, stand ein Haus mit Baum im Vorgarten. In diesem
Haus, solide gebaut und nur schick für den, der es gern rustikal mag, lebte ein
Mädchen, deren Zimmer sich im ersten Stock befand.
    Natürlich
nicht irgendein Mädchen.
    Dieses
Mädchen war der Punkt, um den sich mein Leben seit einigen Monaten drehte. Die
mich magnetisch anzog, wie das Licht die Motte.
    Ihr
Name war Kaylen und der Duft ihres Blutes war ebenso süß wie sie. Sie saß auf
ihrem Bett und grübelte über einem Blatt Papier, wobei ihr langes helles Haar
ihr ins Gesicht fiel.
    Gott,
wie gern ich ihr jetzt durch ihre Haare streichen würde! Ich weiß, dass ich so
etwas gar nicht denken sollte, aber ich kann nichts dagegen tun. Ich bin ein
Sklave meiner Hormone, auch wenn ich mir gerne einredete, dass das Schicksal
uns zusammengeführt hatte.
    Kaylen
sah besorgt aus, wie sie auf ihre Unterlippe biss, die Augenbrauen kritisch
zusammengezogen. Sie las einen Liebesbrief von Nick aus unserem Biologiekurs.
Nick ist  Captain der Footballmannschaft. Strohdoof, aber mit Oberarmen wie
King Kong. Ich hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht, als er ihr den Brief
gegeben hatte. Aber ich ließ es bleiben. Was hätte ich auch anschließend mit
seiner Leiche gemacht?
    Sie
war bei den Kerlen eindeutig beliebter, als ihr gut tat. Kaylen war erst vor
kurzem nach Spoon gezogen, doch es war, als hätten alle pubertierenden Jungs in
der Umgebung nur auf ihr Erscheinen gelauert. Dabei sind die Mädchen von Spoon
nicht mal übel, obwohl ich zugeben muss, dass Kaylen in einer anderen Liga
spielt.
    Und
erst ihr Geruch… Am liebsten würde ich ihn einfangen, Marmelade daraus kochen
und auf mein Brötchen schmieren.
    Ich
saß wie fast jeden Abend seit letztem Monat in den Ästen des alten Birnbaums
gegenüber ihrem Fenster und schob Frust. Was, wenn sie mit Nick zusammenkam?
Würde ich dann noch eine Chance bei ihr haben? Doch es schien, als hätte ich
Glück, denn Kaylen zerknüllte den Brief.
    Tja,
Pech gehabt Nick! Ich grinste in mich rein. Anschließend warf sie einen Blick
aus ihrem Fenster (Ich versuchte, so unbedeutend wie möglich auszusehen) und
zog ihr Top aus. Ich rückte unwillkürlich näher heran – und verfluchte die
schlechte Sicht meiner Fledermausaugen. In Schwarz-Weiß kam Kaylen längst nicht
so gut zur Geltung wie in Farbe.
    Ich
bin kein Spanner oder so. Sie hatte mich schlicht überrumpelt. Wobei ich
zugeben muss, dass es mich schlimmer hätte treffen können. Als würdet ihr in
einer solchen Situation wegsehen.
    Momentan
wandte Kaylen mir den Rücken zu – einen ausgesprochen ansehnlichen Rücken -,
aber wenn sie sich umdrehte… Ich musste es versuchen. Mit einem leisen Plopp nahm ich meine Menschengestalt an, und wedelte kurz mit dem Armen um mein
Gleichgewicht zu halten. Meine Turnschuhe fanden auf dem glatten Ast nur schwer
Halt. Himmel, ich hatte ganz vergessen, wie hoch der Baum war! Nach einem
kurzen Panikmoment wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder Kaylens Fenster zu. Und
erstarrte.
    Sie
sah mich an, mit weit aufgerissenen Augen, obenrum mit nichts als einem, wie
ich nun erkannte, lila BH bekleidet. Au weia. Kaylen riss ihr Top an sich und
öffnete das Fenster.
    „Du“,
rief sie. „Du!“
    Ich
grinste unsicher. Winkte. „Hi.“
    „Duuuuu!“
Scheinbar suchte sie nach einem passenden Schimpfwort, doch entweder erinnerte
sie sich an ihre gute Erziehung und versuchte allzu unfeine Titulierungen zu
vermeiden, oder aber mein Erscheinen hatte sie so erregt, dass sie erstmal
Luftholen musste für einen passenden Konter. Ich nutzte ihre Sprachlosigkeit.
    „Ich
bin Henry. Nett, dich kennenzulernen“, stellte ich mich also artig vor.
    „Ist
mir schnuppe, wie du heißt. Was hast du auf unserem Baum zu suchen?!“ Die
Schockstarre hatte sich scheinbar gelöst. Dies waren die ersten Worte, die wir mit
einander wechselten.
    Ich
hatte es in der Vergangenheit vorgezogen, Kaylen von Weitem zu sondieren. Es
hatte mir gereicht, hin und wieder einen Hauch ihres Duftes
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