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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier
Autoren: Patricia Cornwell
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Ohren und das Fleisch auf ihrem Kinn waren von den Knochen gelöst. Röntgenaufnahmen förderten hunderte von Brüchen und eingeschlagenen Stellen zu Tage, besonders in ihrer Schädelplatte. Um sieben Uhr abends duschte ich. Das Wasser färbte sich hellrot, weil ich so blutig geworden war. Ich fühlte mich schwach und schwindlig, da ich seit dem frühen Morgen nichts mehr gegessen hatte. Außer mir war niemand mehr da. Ich trat aus dem Umkleideraum und trocknete mir mit einem Handtuch das Haar, als Marino plötzlich aus meinem Büro kam. Beinahe hätte ich laut aufgeschrien. Ich legte die Hand auf mein Herz, während mir Adrenalin ins Blut schoss.
    »Erschreck mich doch nicht so!«
    »Wollte ich nicht.« Er blickte grimmig drein.
    »Wie bist du reingekommen?«
    »Der Nachtwächter. Wir kennen uns. Ich wollte nicht, dass du allein zu deinem Auto gehst. Ich wusste, dass du noch hier bist.«
    Ich fuhr mir mit den Fingern durch das feuchte Haar, und er folgte mir in mein Büro. Ich warf das Handtuch über die Stuhllehne und sammelte ein, was ich mit nach Hause nehmen wollte. Ich sah die Laborberichte, die Rose auf meinen Schreibtisch gelegt hatte. Die Fingerabdrücke auf dem Eimer, den wir in dem Container gefunden hatten, stimmten mit denen des nicht identifizierten Mannes überein.
    »Das hilft uns jetzt beschissener Weise auch nicht weiter«, sagte Marino.
    Außerdem lag noch der DNS-Bericht da mit einer Notiz von Jamie Kuhn, der bereits über Ergebnisse verfügte.
    »- ein Profil gefunden ... sehr ähnlich mit sehr geringfügigen Abweichungen«, las ich laut vor, ohne mich wirklich dafür zu interessieren. »- stimmt mit dem Spender der biologischen Probe überein - naher Verwandter.«
    Ich sah zu Marino.
    »Also, um die lange Geschichte kurz zu fassen, die DNS des Mörders und des nicht identifizierten Mannes stimmen so weit überein, um nahe zu legen, dass diese zwei Personen miteinander verwandt sind. Punkt.«
    »Stimmen überein«, sagte Marino angewidert. »Ich hasse diese wissenschaftliche Scheiße. Die zwei Arschlöcher sind Brüder.« Ich zweifelte nicht daran.
    »Wir brauchen Blutproben der Eltern, um es zu beweisen«, sagte ich.
    »Wir rufen sie einfach an und fragen, ob wir vorbeikommen können«, sagte Marino zynisch. »Die netten Söhne der Chan-donnes. Hurra!«
    Ich warf den Bericht auf den Schreibtisch.
    »Hurra ist der richtige Ausdruck«, sagte ich.
    »Ist doch scheißegal.«
    »Ich würde wirklich gern wissen, was für ein Werkzeug er benutzt hat«, sagte ich.
    »Ich habe den ganzen Nachmittag damit verbracht, diese superteuren Häuser am Fluss abzuklappern.« Marino hatte die Denkrichtung gewechselt. »Die gute Nachricht ist, dass alle noch da und wohlauf sind. Die schlechte Nachricht ist, dass wir immer noch nicht wissen, wo er sich herumtreibt. Und draußen hat es minus vier Grad. Er wird also nicht einfach spazieren gehen oder unter einem Baum schlafen.«
    »Was ist mit den Hotels?«
    »Niemand mit starker Körperbehaarung oder einem französischen Akzent und hässlichen Zähnen. Auch nur annäherungsweise. Und Stundenhotels sind nicht darauf versessen, mit der Polizei zu plaudern.«
    Er ging mit mir den Flur entlang und schien keine Eile zu haben.
    Ich hatte den Eindruck, dass ihn noch etwas beschäftigte.
    »Was ist los?«, fragte ich. »Abgesehen von allem anderen?«
    »Lucy hätte gestern in D.C. sein sollen, Doc, um vor der Kommission auszusagen. Sie haben vier Waco-Typen eingeflogen, die sie befragen sollten, mit allem Drum und Dran. Und sie bestand darauf, hier zu bleiben, bis Jo wieder okay ist.«
    Wir gingen auf den Parkplatz.
    »Das ist ja verständlich«, fuhr er fort, während ich Angst bekam.
    »Aber so funktioniert die Sache nicht, wenn sich der ATF-Direktor die Ärmel hochkrempelt und sie einfach nicht erscheint.«
    »Marino, ich bin sicher, dass sie Bescheid gesagt hat«, verteidigte ich Lucy.
    »Oh ja. Sie hat angerufen und versprochen, in ein paar Tagen zu kommen.«
    »Können sie die paar Tage nicht warten?«, fragte ich, als ich meinen Wagen aufschloss.
    »Die ganze Scheiße dort unten wurde auf Video aufgezeichnet«, sagte er, als ich mich auf den kalten Ledersitz setzte. »Und sie sind die Sache wieder und wieder durchgegangen.«
    Ich ließ den Motor an, und die Nacht wirkte plötzlich dunkler, kälter und leerer.
    »Es gibt eine Menge Fragen.« Er vergrub die Hände in den Taschen seines Mantels.
    »Ob die Schießerei gerechtfertigt war oder nicht? Ist es nicht
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