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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier
Autoren: Patricia Cornwell
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Gerichtsmedizinerin, Dr. Scarpetta, könnte er unter einer seltenen Krankheit leiden, die sich in extremer Behaarung, deformiertem Gesicht und spitzen, weit auseinander stehenden Zähnen äußert.«
    Vielen Dank, Harris, dachte ich. Er musste alles auf mich schieben.
    »... sind gehalten, extrem vorsichtig zu sein. Öffnen Sie die Tür nicht, wenn Sie nicht wissen, wer davor steht.«
    Harris behielt in einer Hinsicht Recht. Die Leute reagierten panisch. Kurz vor zehn klingelte das Telefon.
    »Hallo«, sagte Lucy. So fröhlich hatte sie schon lange nicht mehr geklungen.
    »Bist du noch im MCV?«, fragte ich.
    »Wir machen hier alles fertig. Hast du das draußen gesehen? Es schneit wie verrückt. Wir sollten in einer Stunde bei dir sein.«
    »Fahr vorsichtig. Ruf mich, wenn ihr da seid, dann kann ich dir helfen, Jo reinzubringen.«
    Ich legte noch einmal zwei Scheite aufs Feuer, und so sicher meine Festung auch war, ich bekam es mit der Angst. Ich versuchte, mich abzulenken, indem ich einen alten Film mit Jimmy Stewart ansah, während ich Rechnungsformulare ausfüllte. Ich dachte an Talley, was mich bedrückte. Ich wurde wütend auf ihn. Zwar hatte ich mich ambivalent verhalten, aber er hatte mir nicht wirklich eine Chance gegeben. Ich hatte versucht, mit ihm Verbindung aufzunehmen, und er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, mich anzurufen.
    Als das Telefon klingelte, zuckte ich zusammen und ein Stapel Rechnungen fiel auf den Boden.
    »Ja?«, meldete ich mich.
    »Der Mistkerl ist tatsächlich dort untergeschlüpft«, sagte Marino. »Aber jetzt ist er weg. Abfall, Einwickelpapier, Dreck überall. Und Haare in dem verdammten Bett. Das Bettzeug stinkt wie ein schmutziger nasser Hund.«
    Mir schien, als stünde ich unter Strom.
    »HIDTA hat ein Sonderkommando hier, und ich habe Polizei her beordert. Wenn er in den Fluss will, haben wir ihn.«
    »Lucy bringt jetzt Jo zu mir, Marino«, sagte ich. »Sie ist auch irgendwo dort draußen.«
    »Bist du etwa allein zu Hause?«, schrie er mich an.
    »Ich bin im Haus, alle Türen sind zugesperrt, die Alarmanlage ist eingeschaltet, meine Pistole liegt vor mir auf dem Tisch.«
    »Du bleibst, wo du bist. Hast du mich verstanden?«
    »Mach dir keine Sorgen.«
    »Das einzig Gute ist, dass es richtig schneit. Es sind schon über zehn Zentimeter, und du weißt ja, wie der Schnee alles heller macht. Keine guten Bedingungen für ihn, um sich draußen herumzutreiben.«
    Ich legte auf und schaltete von einem Kanal zum nächsten, aber nichts interessierte mich. Ich stand auf, schlenderte in mein Arbeitszimmer und holte meine E-Mail, hatte jedoch keine Lust, sie zu beantworten. Ich nahm das Glas mit dem Formalin in die Hand und hielt es ans Licht. Ich betrachtete die kleinen gelben Augen, die einst goldene Punkte gewesen waren, und dachte, wie ich mit so vielem daneben gelegen hatte. Jeder langsame Schritt und jede falsche Richtung, die ich eingeschlagen hatte, peinigten mich. Zwei weitere Frauen hatten sterben müssen.
    Ich stellte das Glas mit Formalin auf den Tisch im großen Zimmer. Um elf sah ich die Nachrichten auf NBC. Natürlich wurde vor allem über Loup-Garou berichtet. Als ich auf einen anderen Kanal schaltete, ging die Alarmanlage los. Die Fernbedienung fiel zu Boden, als ich aufsprang und in den rückwärtigen Teil des Hauses flüchtete. Mein Herz schien meinen Brustkorb sprengen zu wollen. Ich schloss die Schlafzimmertür ab, griff nach meiner Glock und wartete darauf, dass das Telefon klingelte. Was es Minuten später tat.
    »Zone sechs, das Garagentor«, wurde mir gesagt. »Wollen Sie die Polizei?«
    »Ja! Und zwar sofort!«, sagte ich.
    Ich setzte mich aufs Bett und ließ den Alarm gegen meine Trommelfelle hämmern. Ich behielt den Airphone-Monitor im Auge, aber dann fiel mir ein, dass er nur ansprang, wenn die Polizei klingeln würde. Was sie, wie ich so gut wusste, nie tat. Ich hatte keine andere Wahl, als die Alarmanlage auszuschalten, neu einzustellen und dann in der Stille zu warten. Ich bemühte mich so sehr, jedes Geräusch wahrzunehmen, dass ich mir einbildete, den Schnee fallen zu hören.
    Knapp zehn Minuten später wurde laut an meine Haustür geklopft, und ich hastete den Gang entlang, als eine Stimme vor der Tür laut »Polizei« rief.
    Erleichtert legte ich die Pistole auf den Esszimmertisch und sagte: »Wer ist da?« Ich wollte sicher sein.
    »Polizei, Ma'am. Wir kommen wegen des Alarms.«
    Ich öffnete die Tür, und dieselben Beamten, die schon ein paar
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