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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass
Autoren: John Sandford
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die Jagd auf wilde Truthähne mit Pfeil und Bogen an, feilte ein bisschen daran herum, bis die Waschmaschine zu Ende geschleudert hatte, dann schaltete er den Computer aus, warf die nassen Sachen in den Trockner und schlief eine Runde. Der Wecker holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Als er sich nach dem Duschen die Zähne putzte, hörte er, dass der Trockner auf Knitterschutz umgeschaltet hatte. Sein Timing war exzellent.
    Er nahm die Sachen aus dem Trockner, faltete sie, legte einen Teil weg und packte den Rest in den Matchbeutel. Dann warf er den Beutel hinten in seinen Truck, verschloss die Schrotflinte in einem Werkzeugkasten, klemmte eine halbautomatische Smith & Wesson Kaliber.40 unter den Vordersitz. Um zehn nach zehn war er aus der Stadt heraus und fuhr auf dem Highway 60 nach Südwesten.
    Eine Stunde später sah er, wie sich im Westen die Wolken zusammenballten und Blitze am Horizont aufflackerten, während im Rückspiegel immer noch die zunehmende Mondsichel zu erkennen war. Er erreichte Windom, als die ersten Sturmböen durch die Stadt fegten und Papierfetzen und vertrocknete Blätter aufwirbelten. Juli war gleich nach August der zweitbeste Monat, um in der Prärie zu sein. Da fing alles an, nach Getreide und der bevorstehenden Ernte zu riechen.
    Er hielt an einem Mini-Markt, um einen Kaffee zu trinken. »Es wird regnen, als ob’ne Kuh auf’nen flachen Felsen pisst«, sagte der langhaarige Mann an der Kasse, und Virgil antwortete: »Darauf können Sie Gift nehmen.« Er ging selbst pinkeln, stieg in den Truck, als die ersten Regentropfen gegen die Windschutzscheibe schlugen, und fuhr weiter nach Südwesten. In Worthington erreichte er die I-90, trank noch einen Kaffee und fuhr nach Westen.
    In den alten Westen, dachte er.
    Den echten alten Westen. Der alte Westen der Sioux mit seiner hohen, trockenen Prärie, dem Weideland und dem Land der Pferde und Büffel fing irgendwo zwischen Worthington und Bluestem an. Als er dort ankam, im alten Westen, goss es wie aus Kübeln auf seinen 4Runner, eine weitere Sintflut in einem rekordverdächtig nassen Sommer.
    So weit draußen gab es eh nicht viele Lichter, doch bei diesem Unwetter wirkte die I-90 wie ein Tunnel, vor ihm nichts, hinter ihm nur ein Paar schwache Scheinwerfer und gelegentlich ein Auto oder ein Truck auf der Gegenfahrbahn Richtung Osten. Er behielt die weiße Linie rechts von sich im Auge, fuhr seinem Scheinwerferlicht nach und hoffte, dass er nicht von der Straße abkam.
    Hörte über Satellitenradio Outlaw-Countrymusic, wechselte zu Jazz, dann zu Hardrock und wieder zu Country.
     
    Als er später darüber nachdachte, wusste er tatsächlich nicht, wann ihm der Lichtschein zum ersten Mal aufgefallen war.
    Er begann als winziger Punkt über dem rechten Scheinwerfer, weit weg im Regen, eine minimale Irritation des Auges. Dann wurde er deutlicher, und er bemerkte ihn, wobei ihm gleichzeitig klar wurde, dass er schon eine ganze Weile da gewesen war. Der Lichtschein war von einem strahlenden Gold und bewegte sich nicht. Nach weiteren drei Meilen wusste er, was es war - ein Feuer. Und zwar ein großes. Er hatte schon einige Feuer bei Nacht gesehen, aber dieses war oben am Himmel .
    Wie konnte es oben am Himmel sein und sich nicht bewegen?
    Er sauste unter einer Überführung hindurch, dann sah er eine halbe Meile rechts von sich die Lichter der Jesus-Christ-Radiostation, ein hundertfünfzig Meter hoher Sendemast - in der Prärie baute man sie eher niedrig - mit roten Lichtern, die das Wort Jesus leuchteten, dann dunkel wurden, dann Christ leuchteten, dann wieder dunkel wurden und schließlich ganz schnell hintereinander JesusChrist-JesusChrist-JesusChrist blinkten.
    Wenn er hier am Jesus-Christ-Sender war, dachte Virgil, dann war der Lichtschein nicht am Himmel, dann war er sechs Meilen vor ihm, nördlich von Bluestem auf dem Buffalo Ridge. Und es gab nur eines, was aus so großer Entfernung auf dem Buffalo Ridge einen so hellen Lichtschein erzeugen konnte - das Haus von Bill Judd. Das teuerste Haus im Umkreis von hundertfünfzig Meilen, und es brannte wie eine Scheune voller Heu.
    »Das ist etwas, das man nicht jede Nacht zu sehen kriegt«, sagte er zu Marta Gomez, die gerade »The Circle« im Radio sang.
    Bei immer noch strömendem Regen bog er auf den Highway 75, fuhr am Holiday Inn vorbei und dann immer weiter geradeaus auf das Feuer auf dem Bergplateau zu.
     
    Der Buffalo Ridge war eine geologische Kuriosität, eine von Felsbrocken übersäte
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