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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass
Autoren: John Sandford
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Nationalpark wurde, hatte Judd achtzig Hektar Prärieland gestiftet, was begeistert aufgenommen geworden war und ihm einen netten Steuerabzug beschert hatte. Als Teil des Deals hatte der Staat eine Zugangsstraße bis oben auf den Hügel gebaut, wo man eine Aussichtsplattform errichtete, damit die Touristen die Büffelherde des Parks betrachten konnten. Die Zufahrt zu Judds Haus ging von dieser Straße ab. So wie die Einheimischen die Dinge sahen, hatte er nicht nur Steuern gespart, weil er achtzig Hektar unfruchtbaren Felsbodens gestiftet hatte, sondern außerdem erreicht, dass der Staat seine Zufahrt instand hielt und im Winter den Schnee räumte.
    Virgil war schon etliche Male in dem Park gewesen und kannte deshalb den Weg. Er fuhr an einer Reihe von Autos und Trucks vorbei, die am Rand der County Road 8 parkten. Ein Streifenwagen des Sheriffs blockierte die Parkstraße auf den Hügel, und direkt davor stand eine Gruppe von Schaulustigen. Selbst aus einer halben Meile Entfernung sah das Feuer riesig aus. Er lenkte seinen Truck vorsichtig an den Gaffern vorbei auf den Streifenwagen zu. Ein Cop in einer Regenjacke kam auf ihn zu, und Virgil kurbelte das Fenster herunter und sagte: »Virgil Flowers, SKA. Ist Stryker da oben?«
    »Hey, ich hab schon gehört, dass Sie kommen«, sagte der Cop. »Ich bin Little Curly. Ja, er ist da oben. Ich fahr nur schnell meinen Wagen aus dem Weg.«
    »Was ist mit Judd?«
    Little Curly schüttelte den Kopf. »Nach dem, was ich gehört hab, können sie ihn nicht finden. Seine Haushälterin hat gesagt, er wäre heute Nachmittag da gewesen. Er ist ziemlich senil und fährt selbst gar nicht mehr. Also ist er wahrscheinlich immer noch im Haus.«
    »Das brennt aber ziemlich heftig«, bemerkte Virgil.
    »Das Feuer wütet wie ein Scheißtornado«, sagte Little Curly. Er ging zu seinem Auto zurück, kletterte auf den Fahrersitz und fuhr durch die Absperrung. Eine Frau mit einer Bierdose in der Hand schob die Kapuze ihres Regenanzugs zurück und starrte Virgil durch das Fenster auf der Fahrerseite an. Sie hatte dunkle Haare und dunkle Augen und sah gut aus. Sie grinste ihn an und winkte neckisch mit den Fingern ihrer freien Hand. Virgil grinste zurück, hob ermunternd den Daumen, fuhr an Little Curlys Auto vorbei und folgte der Asphaltstraße den Hügel hinauf.
    Als er am Haus ankam, fiel ihm als Erstes auf, dass die Feuerwehrleute das Feuer überhaupt nicht bekämpften. Es hätte auch keinen Sinn gehabt. Der Regen verhinderte, dass sich das Feuer weiter ausbreitete, und als Little Curly es mit einem Tornado verglichen hatte, war das kein Witz gewesen. Ein paar Tonnen Schaum auf dieses brennende Haus zu kippen, wäre nur Verschwendung von teurem Löschmaterial.
    Die Polizeiautos parkten hinter den Feuerwehrwagen, und Virgil stellte sich dahinter. Er löste den Sicherheitsgurt, kniete sich auf den Sitz und kramte hinten aus einer großen Tasche seinen Regenanzug hervor. Er hatte sich den Anzug für das Hechtangeln im Oktober und zum Segeln in Neuengland machen lassen; da ging nicht viel durch. Er zog den Anzug über und stieg aus dem Truck.
    Der Sheriff hieß Jim Stryker, und Virgil kannte ihn mehr oder weniger, seit Stryker während der Highschool im Baseballteam der Bluestem Whippets Werfer gewesen war. Doch alle auf dem Hügel waren in anonymes Regenschutzzeug aus Nylon gehüllt, deshalb musste Virgil dreimal fragen, bis er ihn gefunden hatte.
     
    »Bist du das, Jimmy?«
    Stryker drehte sich um. Er war ein großer Mann mit kantigem Kinn, blassblonden Haaren und harten jadegrünen Augen. Wie die meisten Männer in der Prärie war er wettergegerbt und trug Cowboystiefel. »Bist du das, Virgil?«
    »Ja. Was ist passiert?«
    Stryker wandte sich wieder dem Feuer zu. »Weiß nicht. Ich war bei mir zu Hause, hab aus dem Fenster geguckt und nichts gesehen. Und eine Minute später hör ich plötzlich Sirenen, guck wieder aus dem Fenster, und da war es da. Ein Mann, der gerade durch die Stadt fuhr, hat gesehen, wie’s losging. Er hat gesagt, es wäre einfach explodiert.«
    »Was ist mit Judd?«
    Stryker deutete mit dem Kopf auf das Haus. »Ich könnte mich irren, aber ich bin ziemlich sicher, dass er da drin ist.«
    Etwas näher am Feuer stand ein Mann im Trenchcoat und mit einem Regenschirm neben drei Feuerwehrleuten. Mit seiner freien Hand zeigte er, einen Finger ausgestreckt, hektisch auf das Feuer und auf die Feuerwehrwagen. Im Licht der Flammen konnte Virgil sehen, wie sich sein Mund bewegte,
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