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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel
Autoren: Ursula Poznanski
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nicht kannte.
    «Kommen Sie bitte aus dem Haus, mit erhobenen Händen. Wir garantieren, dass Ihnen nichts passiert, wenn Sie unbewaffnet sind.»
    Kein Schrecken in Nikolas Gesicht, nur ein mildes Lächeln. «Na, wenn das nicht freundlich ist. Siehst du, Frank? So macht man das. Hilft natürlich nicht immer, da war deine Methode mit dem Gasherd effektiver, nicht wahr?»
    Ribar starrte auf das abgedunkelte Fenster, einen Ausdruck brennender Sehnsucht in den Augen. «Lassen Sie mich am Leben. Ich stelle mich», flüsterte er. «Ich werde alles gestehen.»
    Schnapp, machte das Feuerzeug. «Dann lass uns über Ira sprechen. Du hast ein Talent dafür, mir die Menschen zu nehmen, an denen mir am meisten liegt.» Die Sachlichkeit, mit der er sprach, weckte in Beatrice viel mehr Angst, als jedes Geschrei es vermocht hätte.
    «Sie war mir so knapp auf den Fersen.» Ein Tropfen Benzin lief Ribar ins Auge, und er kniff es schmerzerfüllt zusammen. «Hat fast jeden Tag ein Foto eingestellt, einen Ort, wo ich erst kurz zuvor gewesen war. Und dann immer diese Panther-Anspielungen. Ich wollte weg aus dem Land, aber ich brauchte mehr Zeit. Meine Identität war noch unangetastet, nicht einmal Ira wusste, unter welchem Namen ich hier lebe. Trotzdem, sie hatte mich mehrmals mit dem Bus fahren sehen und hielt die Linie unter Beobachtung. Es wäre nur mehr eine Frage von Tagen gewesen, bis sie meine Spur bis zur Redaktion oder zu meiner Wohnung gefunden hätte.» Er sah Beatrice flehend an. «Ich brauchte nur Zeit! Wenn sie mich in Ruhe gelassen hätte, wäre nichts passiert, nichts!»
    Nikola ließ das Feuerzeug aufschnappen. «Wenn du ihre Mutter in Ruhe gelassen hättest, wäre nichts passiert, nichts!», äffte er ihn nach.
    «Aber das kann ich doch nicht mehr ändern», heulte Ribar. «Ich übernehme die Verantwortung, ganz bestimmt, ich –»
    «Wir möchten mit Ihrem Einverständnis einen Arzt zu Ihnen hineinschicken.» Die Stimme, die Ribar unterbrach, verstärkt über ein Megafon, gehörte Florin. «Wir vermuten, es gibt Verletzte. Können Sie uns dazu Informationen geben?»
    Schon ihn zu hören, vermittelte Beatrice das Gefühl, nicht mehr nur auf sich allein gestellt zu sein. Es gab wieder eine Verbindung zu der Welt außerhalb der nach Benzin und Pisse stinkenden Werkstatt.
    Nikola holte tief Luft und griff nach der Fernbedienung. Mit der anderen Hand packte er Beatrice an der Schulter und zog sie zu dem mit Wellpappe verdunkelten Fenster. Ein leichter Lufthauch strich über ihr Gesicht, wahrscheinlich war die Scheibe nicht mehr heil.
    «Sag ihnen, wir brauchen noch Zeit. Dass ich sofort den Sprengsatz zünde, wenn jemand die Nase hier reinstreckt. Und dass ich die Regeln in diesem Spiel festlege.»
    «Okay.» Sie räusperte sich. Wieso kamen ihr plötzlich die Tränen, wegen eines Hauchs frischer Luft?
    Nur eine dünne Wand zwischen mir und der Sicherheit, dem Weiterleben, den Kindern, Florin …
    Runterschlucken. Festigkeit in die Stimme legen. Er sollte sich nicht mehr Sorgen machen als nötig. «Florin?»
    «Ja! Ja, ich höre dich!»
    «Es geht mir gut. Wir brauchen noch mehr Zeit, es werden hier gerade wichtige Dinge geklärt. Gebt uns diese Zeit, bitte, der Sprengsatz ist immer noch hier, und wenn ihr etwas Falsches tut, dann –»
    Ihr versagte die Stimme, und sie fürchtete, dass auch ihre Knie gleich nachgeben würden. Nein. Nicht, solange sie noch eine Chance hatte, den Tag unversehrt zu überstehen.
    «Darf ich Ihren Namen erwähnen?», fragte sie leise.
    Nikola zuckte mit den Schultern. «Ich denke, das macht keinen Unterschied.»
    «Gut.» Ihre Stimme, war wieder unter Kontrolle, kippte auch nicht, als sie nach draußen rief. «Nikola sagt, er setzt die Regeln fest, nach denen es weitergeht. Nehmt das ernst. Ihr solltet auch wissen, dass hier drin Benzin vergossen worden ist, und für den Notfall alles bereithalten.»
    Sie hatte das letzte Wort kaum ausgesprochen, als Nikola sie zurückzerrte. «Über Benzin sprechen – das war nicht ausgemacht.»
    «In Ordnung», hörte sie Florins verstärkte Stimme antworten. «Nikola? Ich würde auch gerne mit Ihnen sprechen. In Ruhe. Wir können Ihnen eine Lösung für diese Situation anbieten, die Ihnen wahrscheinlich gefallen wird.»
    Nikola schüttelte nur den Kopf und führte Beatrice zur Werkbank zurück. Zu Ribar.
    «Nehmen Sie sich Zeit, darüber nachzudenken», hörte sie Florin rufen.
    In der Zwischenzeit hatte Ribar sich gefangen. Vielleicht war es Florin
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