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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel
Autoren: Ursula Poznanski
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war nur noch oberflächlich freundlich. «Sie haben doch sicher in der Zeitung gelesen, dass er gemeinsam mit einer weiblichen Leiche gefunden wurde.»
    «Sie haben mich nicht danach gefragt.»
    Florin und Beatrice wechselten einen Blick. «Da haben Sie völlig recht», sprang sie ein. «Und keine Sorge, wir wären noch darauf gekommen. Wissen Sie, wie die Frau hieß? Das ist jetzt sehr wichtig für uns.»
    «Sarah – so hat sie sich mir jedenfalls vorgestellt. Aber wir haben kaum miteinander gesprochen. Die meiste Zeit waren die beiden in der Stadt unterwegs, ziemlich untypisch für Gerry. Wenn sie hier waren, saß Sarah die ganze Zeit über in seinem Zimmer. Er hat nachts auf der Couch geschlafen und ihr das Bett überlassen, also waren sie vermutlich noch nicht … Sie wissen schon.»
    Ja, tue ich, dachte Beatrice. Das traurige Bild der beiden Toten trieb durch ihre Erinnerung. Kein Paar. Wie sie vermutet hatte.
    «Sarah – und weiter?»
    «Weiß ich nicht. Hat sie nicht gesagt.» Er runzelte die Stirn. «Aber ich glaube, sie war nicht von hier. Die Art, wie sie gesprochen hat, verstehen Sie? Nicht wie die Leute in Salzburg. Sondern wie jemand aus Deutschland. Und auch nicht aus Bayern, sondern von weiter nördlich.»
    Das hatte gar nichts zu bedeuten. Immer mehr Deutsche kamen nach Österreich, um hier zu arbeiten, und ganz besonders in die grenznahe Stadt Salzburg.
    Beatrice sah, wie Florin S arah aus Deutschland – ??? zu seinen Notizen hinzufügte.
    «Versuchen Sie bitte, sich zu erinnern», sagte sie. «Hat Gerald früher schon von ihr gesprochen? Jedes Detail, das er erzählt hat, kann wichtig sein.»
    «Nein.» Sachs’ Antwort kam mit aller Bestimmtheit. «Er hat sie nie erwähnt. Ich bin ziemlich sicher, er hat sie gar nicht gekannt, bis zu dem Moment, als sie an unserer Tür geläutet hat. Und selbst da hat er mehrmals nachgefragt, ob das nicht ein Irrtum wäre.»
    Beatrice versuchte, das Szenario vor ihrem inneren Auge ablaufen zu lassen. Ein blondes, lächelndes Mädchen und der schüchterne, zutiefst überraschte Pallauf. «Hätte er sie denn hier übernachten lassen, wenn sie eine völlig Fremde war?»
    Sachs lächelte, müde diesmal. «Das Mädchen war wirklich sehr hübsch. Solche wie die sehen Typen wie uns normalerweise nicht einmal an, und wenn doch, nur um zu warten, bis wir rot werden, damit sie sich dann kaputtlachen können.» Er zog an seinem linken Daumen, als wollte er ihn ausreißen. Als er Beatrice wieder ansah, lag etwas Herausforderndes in seinem Blick. «Sie müssen das doch selbst am besten wissen. Frauen wie Sie bemerken keine unscheinbaren Männer. Sie laufen vorbei, blond und langbeinig, und …» In offensichtlicher Ermangelung von Worten hob Sachs die Hände.
    Beatrice schüttelte den Kopf. «Ich fürchte, ich bin kein gutes Beispiel für Ihre Theorie. Lassen wir mich da besser raus.»
    «Okay. Sie sind ja auch schon älter … also nicht alt, natürlich, aber – Sie wissen ja.» Wie zur Demonstration dessen, was er vorhin gesagt hatte, färbte sich sein Gesicht fleckig rot.
    «Danke», erwiderte Beatrice trocken. «Für wie alt hätten Sie Sarah denn geschätzt?»
    «Hm. Zweiundzwanzig, dreiundzwanzig? So ungefähr. Und Gerry war völlig hin und weg von ihr.»
    Sie beließen es fürs Erste dabei. Fragten Martin Sachs noch nach Pallaufs Familie – keine Geschwister, die Mutter tot, der Vater nach Skandinavien ausgewandert. «Wir melden uns wieder. Bleiben Sie bitte in der Stadt.»
    Als sie die Tür von außen hinter sich schlossen, atmete Beatrice tief durch. «Wird ein wenig dauern, bis ich mir darauf einen Reim machen kann. Und Sauerstoff wäre jetzt eine gute Sache.»
    Auf dem Weg zurück zum Auto sprachen sie nicht viel. Der Tag würde warm werden. Die Flasche Wasser, die Beatrice im Auto liegen hatte, war es bereits.
    «Sie haben sich nicht gekannt», sinnierte Florin und setzte sich hinters Steuer. «Eine fremde Frau steht plötzlich vor der Tür. Pallauf lässt sie rein, beherbergt sie für ein paar Tage, und nun sind beide tot.»
    «Ist das normal bei jungen, schüchternen Männern?» Es sollte sachlich klingen, nicht neckisch. Misslungen. Beatrice biss sich auf die Lippen.
    «Was meinst du?», hakte Florin nach.
    «Dass sie hübsche Frauen bei sich aufnehmen, ohne lange nachzufragen, wer sie sind und was sie wollen.»
    Florins Augenbrauen wanderten nach oben. «Du denkst, ich kann dir diese Frage beantworten?»
    «Na ja.» Sie zuckte die Schultern. «Hättest
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