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Blick in die Ewigkeit: Die faszinierende Nahtoderfahrung eines Neurochirurgen (German Edition)

Blick in die Ewigkeit: Die faszinierende Nahtoderfahrung eines Neurochirurgen (German Edition)

Titel: Blick in die Ewigkeit: Die faszinierende Nahtoderfahrung eines Neurochirurgen (German Edition)
Autoren: Eben Alexander
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gehalten. Wir alle beherbergen E.-coli- Bakterien in unserem Körper, vor allem im Magen-Darm-Trakt. Unter normalen Bedingungen stellt dies keine Gefahr für uns dar. Aber wenn E.-coli- Varietäten, die durch die Aufnahme von DNA-Strängen besonders aggressiv geworden sind, in den Liquor um Rückenmark und Gehirn eindringen, fangen diese primitiven Zellen augenblicklich an, die Glukose in der Flüssigkeit aufzufressen und auch alles andere, was sie verzehren können, einschließlich des Gehirns selbst.
    Nicht einer in der Notaufnahme vermutete zu diesem Zeitpunkt, dass ich eine E.-coli- Meningitis hatte. Sie hatten keinen Grund, dies anzunehmen. Diese Krankheit kommt bei Erwachsenen unendlich selten vor. Neugeborene fallen ihr am häufigsten zum Opfer. Es ist jedoch ausgesprochen ungewöhnlich, dass Babys, die älter als drei Monate sind, daran erkranken. Weniger als einer von zehn Millionen Erwachsenen pro Jahr erkrankt spontan daran.
    In Fällen einer bakteriellen Meningitis greifen die Bakterien zuerst die äußere Gehirnschicht an, den Kortex. Das Wort Kortex kommt aus dem Lateinischen und bedeu tet »Rinde« oder »Schale«. Wenn Sie sich eine Orange vorstellen, dann ist ihre Schale ein ziemlich gutes Modell für die Art und Weise, wie der Kortex die ursprünglicheren Bereiche des Gehirns umgibt. Der Kortex ist zuständig für Gedächtnis, Sprache, Emotionen, visuelle und auditive Wahrnehmung sowie Logik. Wenn also ein Organismus wie E. coli das Gehirn angreift, nehmen zunächst diejenigen Bereiche Schaden, die Funktionen erfüllen, welche für die Aufrechterhaltung unserer menschlichen Eigenschaften ent scheidend sind. Viele an bakterieller Meningitis Erkrankte sterben in den ersten paar Tagen der Infektion. Von denen, die mit einer rasanten Abwärtsspirale ihrer neurologischen Funktionen in einer Notaufnahme ankommen, wie es bei mir der Fall war, haben nur zehn Prozent das Glück zu überleben. Ihr Glück ist jedoch begrenzt, denn viele von ihnen werden den Rest ihres Lebens im Wachkoma verbringen.
    Obwohl sie keine E.-coli -Meningitis bei mir vermutete, dachte Dr. Potter, dass ich irgendeine Art von Infektion des Gehirns haben könnte. Deswegen entschied sie sich für die Durchführung einer Lumbalpunktion. In dem Moment, in dem sie eine der Krankenschwestern bat, ihr die Gerätschaften für die Lumbalpunktion zu bringen und mich für den Eingriff vorzubereiten, bäumte sich mein Körper auf, als wäre meine Bahre unter Strom gesetzt worden. Mit einem frischen Energieschub gab ich einen langen, gequälten Seuf zer von mir, bog meinen ganzen Rücken durch und warf meine Arme in die Luft. Mein Gesicht war rot, und meine Adern am Hals quollen extrem hervor. Laura rief weitere Leute zur Hilfe, und bald darauf hatten erst zwei, dann vier und schließlich sechs Pfleger alle Hände voll zu tun, um mich für den Eingriff in Position zu bringen. Sie zwangen meinen Körper in eine Embryonalhaltung, während mir Laura eine weitere Dosis eines Beruhigungsmittels verab reichte. Schließlich hatten sie mich so weit ruhiggestellt, dass sie die Nadel am unteren Ende meiner Wirbelsäule setzen konnten.
    Wenn ein Körper von Bakterien angegriffen wird, geht er sofort in den Verteidigungsmodus über und schickt Stoß trupps weißer Blutkörperchen aus ihren Kasernen in der Milz und im Knochenmark, um die Eindringlinge abzu wehren. Sie sind die ersten Opfer, die in dem massiven Zellkrieg gebracht werden, der immer dann stattfindet, wenn ein fremder biologischer Akteur in den Körper eindringt. Und Dr. Potter wusste, dass jede Trübung meiner zere brospinalen Flüssigkeit von meinen weißen Blutkörperchen stammen würde.
    Dr. Potter beugte sich nach vorn und konzentrierte sich ganz auf das Manometer, die durchsichtige, senkrecht stehende Röhre, in der die zerebrospinale Flüssigkeit gleich auftauchen würde. Die erste Überraschung für Laura war, dass der Liquor nicht aus mir heraustropfte, sondern hervorströmte, weil er unter einem gefährlich hohen Druck stand.
    Die zweite Überraschung war das Aussehen der Flüssigkeit. Die geringste Trübung würde ihr sagen, dass ich in großen Schwierigkeiten steckte. Was in das Manometer schoss, war dickflüssig und weiß mit einer leichten Grünfärbung.
    Meine zerebrospinale Flüssigkeit war voller Eiter.

3
    Aus dem Nichts
    Dr. Potter piepste Dr. Robert Brennan an, einen ihrer Kollegen am Lynchburg General Hospital, der auf Infektionskrankheiten spezialisiert ist. Während sie auf
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