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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Autoren: Unknown
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wie üblich den goldenen Mittelweg eingehalten und in der Theorie mit ‘ziemlich gut’ und in der Praxis mit ‘genügend’ abgeschnitten, schade aber um diese 14 Tage, da man ja doch kaum dazu kommt, das Gelernte praktisch auszuwerten. Dazu habe ich bei meinem Papierkrieg gar keine Zeit. Nicht vergessen will ich, dass ich bis zum 2.-5.12. Geld brauch für Kaffee, Butter, Käse etc., sieh aber zu, dass Du es so bald wie möglich schickst, im Fall ich kann schon früher kaufen. Dann habe ich eine Neuigkeit für Dich, heute habe ich mich in die Weihnachtsurlaubsliste eingetragen, und zwar ab 13.12. Es kann sich eventl. um ein bis zwei Tage vor- oder rückverschieben, aber es wird schon hinhauen. Du, das wäre ja nur noch knapp drei Wochen, man kann die Zeit kaum erwarten und freue ich mich ganz riesig, Dich wiederzusehen. Kleine Frau, denk mal, nur noch drei Wochen. Hoffentlich ist das Wetter bei Euch besser als hier, Sturm und Regen und schwimmt man bald davon. Heute bin ich wieder erst um 9 Uhr hier rausgekommen und liegt die Arbeit gestapelt hier, na morgen Mittag ist in Arnheim Schluss, dann gehe ich anschliessend baden und will zur Feier des Tages mal ins Kino gehen. Bitte sag Mutter, dass ich ihre Karte erhalten habe und ihr dafür danke. An Elli hab ich geschrieben und da der Brief nicht zurückgekommen ist, wird er wohl richtig adressiert gewesen sein.
    Dir wünsche ich nun einen recht schönen Sonntag und schicke Dir viele liebe Grüsse und Küsse und bin wie immer
    Dein Dichliebender Hans.
    Grüsse bitte beide Eltern vielmals von mir.
     
     
     
    Leipzig, den 28.11. 1944
    Mein lieber alter Strolch!
    Will hoffen, daß ich den Brief in Ruhe zu Ende schreiben kann, denn wir haben in dieser Woche schon eine Menge unangenehmer Überraschungen erlebt. Montag, Dienstag Alarm, Mittwoch kein Licht, und wäre es schlimm gewesen, wenn da auch noch die Flieger gekommen wären. Donnerstag Ruhe, Freitag Alarm, Sonnabend Ruhe. Man bekommt jetzt immer einen richtigen Schreck, wenn die Sirene losgeht, und sind auch immer alle bis auf den letzten Mann im Keller, sogar Vater. Man läßt nur abends den Sender gehen, damit man weiß, wann Leipzig weg bleibt und sich schon immer einrichten kann. Am Freitag habe ich sogar Heidi nicht fertig bei Kürbisens anziehen können, haben das dann im Keller fertig gemacht. Die Kinder tun mir in der Seele weh, denn so ganz ohne Einfluß wird es an ihnen nicht vorüber gehen. Kleiner Mann, man fängt an, langsam Angst zu bekommen. Wenn es abends finster wird, dann ist auch die Angst da, wenn Du doch wenigstens bei uns wärst. Aber ich will Dir nicht die Ohren voll jammern, wir wollen weiter auf unser gütiges Geschick bauen und hoffen, daß doch noch alles ein gutes Ende nimmt, und wir alle gesund aus diesem Krieg herauskommen. Aber der Haß entsteht wirklich bei all diesen Dingen.
    Ein Brief von Dir ist heute nicht angekommen, vielleicht kommt er morgen, denn Dein Kurs ist ja wohl am Donnerstag zu Ende gewesen, und wirst Du da auch erst geschrieben haben. Gestern war ich noch mal zu Frau Dr. Weise bestellt. Mutter hatte es ihr gesagt, und bin ich auch gleich dran gekommen. Ich habe nämlich jetzt sehr oft starke Schmerzen in den Beinen, und oft kann ich nur hinken. Habe deshalb von Frau Dr. zwölf Moorextraktbäder mit Massagen und Packungen bekommen und denke ich, daß das hilft. Für Heidi habe ich was zum Einreiben für Brust und Rücken bekommen, denn unser Kerlchen hat einen Schnupfen und ganz schönen Husten bekommen. Hat auch keinen rechten Appetit, ist sonst aber mobil. Nur heute nach Tisch hat sie gar nicht geschlafen, weinte laut und ließ sich auch nicht beruhigen, als ich mich mit ihr in mein Bett legen wollte, gab dann erst Ruhe als wir beide uns auf den Diwan gelegt haben, geschlafen hat sie auch dort nicht. Habe ihr dabei gedroht: “Na warte, heute gehst Du um 5 Uhr ins Bettchen.” Weißt Du was sie entgegnete? “Siem” (sieben). Und so ging es immer hin und her. Weiß ganz genau, daß um 7 Uhr ihre Zeit ist.
    Heute Morgen habe ich zum ersten Advent den kleinen Weihnachtskram auf dem Bücherregal aufgebaut und die Lichter angebrannt. Du hättest Heidis Augen strahlen sehen sollen. Der ‘Weinermann’ hat es ihr besonders angetan und auch die Esse vom Knusperhäuschen, weil aus ihr Rauch kommt. Und dann noch natürlich die ‘Muh’ und das ‘Schaf’ und die ‘Atta’, und die ‘Terne’ (Sterne) auf dem Transparent. Es gibt doch viel zu schauen fürs Kerlchen.
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