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Bleib ungezaehmt mein Herz

Titel: Bleib ungezaehmt mein Herz
Autoren: Jane Feather
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erklärte sie zuversichtlich. »Und du kannst mir glauben, es wird mir eine ungeheure Befriedigung sein, ihn so leicht erliegen zu sehen, wie sein Cousin meiner Koketterie erlegen ist. Es wird ihn lehren, nicht so überheblich zu sein.«
    Sebastian blickte sie noch zweifelnder an. »Ich mag es nicht, wenn du Motive so miteinander vermischst. Wir sind Gracemere so dicht auf den Fersen, Judith. Riskiere nichts.«
    »Das werde ich auch nicht, ich verspreche es. Ich will dem Marquis nur zeigen, daß ich Beleidigungen nicht einfach so hinnehme.«
    »Aber wenn du seine Neugier erweckst, wird er wissen wollen, wer wir sind und woher wir kommen.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Na und? Die übliche Geschichte wird seine Neugier vollauf stillen. Wir sind die Kinder eines kürzlich verstorbenen exzentrischen englischen Gentlemans von respektabler, obgleich obskurer Herkunft, der nach dem tragisch frühen Tod seiner Frau beschlossen hatte, den Kontinent für den Rest seines Lebens zu bereisen, mit uns im Schlepptau.«
    »Statt der Wahrheit«, fügte Sebastian hinzu, »daß wir die Kinder eines in Ungnade gefallenen Gutsherren aus Yorkshire sind, von seiner Familie enterbt, durch einen Skandal und den daraus resultierenden Selbstmord seiner Frau aus England vertrieben, gezwungen, seinen Namen zu ändern und sein Brot an den Spieltischen des Kontinents zu verdienen.« Die Geschichte ging ihm glatt von der Zunge, doch Judith kannte ihren Bruder und konnte seinen Schmerz hören, der auch ihr eigener war.
    »Und er brachte seinen Kindern alles bei, was er wußte, so daß sie bereits von einem schrecklich frühreifen Alter an seine Ermächtigten und Assistenten waren«, fügte sie hinzu.
    Sebastian schüttelte den Kopf. »Eine zu brutale Wahrheit, als daß die sensiblen, zartbesaiteten Herrschaften von Rang und Stand damit umgehen könnten, meine Liebe.«
    »Eben.« Judith nickte. »Mach dir keine Sorgen, Sebastian. Carrington wird von der wahren Geschichte nicht das geringste erfahren. Ich lasse mir irgendeine harmlose, lustige Erklärung für das zweifelhafte Kartenspiel heute abend einfallen. Und wenn er uns nicht noch einmal dabei erwischt und ich es schaffe, ihn ein bißchen zu umgarnen, wird er bestimmt nicht wieder davon anfangen, da bin ich mir ganz sicher.«
    »Der Mann, der dir nicht ins Netz geht, wenn du es darauf anlegst, ist mir bis jetzt noch nicht begegnet«, stimmte Sebastian grinsend zu. »Es ist direkt ein Vergnügen, dich bei deinen Bemühungen zu beobachten.«
    »Warte, bis ich meinen Charme bei Gracemere aufbiete«, erwiderte seine Schwester und warf ihm eine Kußhand zu. »Das wird ein Genuß, das garantiere ich dir.«
    Sie ging in ihr Schlafzimmer nebenan - ein ebenso schäbiger Raum wie das Wohnzimmer und nicht allzu sauber. Das Dienstmädchen des Hauswirts erledigte seine Arbeiten recht nachlässig, aber die Davenports hatten schon so lange, wie sie sich erinnern konnten, in solchen Unterkünften gelebt und waren daran gewöhnt, nur das zu sehen, was sie sehen wollten.
    Judith zog sich aus, legte sich ins Bett und blickte nachdenklich zu dem verblichenen Betthimmel hinauf. Gracemere war in London. Sie würden vielleicht zwanzigtausend Pfund Bargeld benötigen, um sich in London in einem einigermaßen angesehenen Stadtteil niederzulassen. Diener müßten bezahlt, eine Kutsche und Pferde angeschafft werden, auch wenn sie nur gemietet wären. Sie würden beide eine umfangreiche, elegante Garderobe brauchen und zumindest die Illusion eines großzügigen Einkommens. Das Kartenspiel würde ihre täglichen Ausgaben decken, wenn sie sich erst einmal etabliert hätten, aber sie würden im großen Stil auftreten müssen. Glücksspiele um hohe Einsätze waren eine durchaus übliche Beschäftigung in der Gesellschaft, für Frauen ebenso wie für Männer, man durfte jedoch nie den Eindruck erwecken, daß es einem etwas ausmachte, ob man gewann oder verlor.
    Sie würden ihre Doppelnummer erst am Ende einsetzen, wenn es Zeit für den Gnadenstoß war. Es war ein zu gefährliches und machtvolles Werkzeug, um außer im letzten Stadium des Plans benutzt zu werden.
    George Davenport hatte von dem betrügerischen Trick nie etwas gewußt. Er hatte seinen Kindern beigebracht, sich auf ihren Verstand und ihre Geschicklichkeit am Spieltisch zu verlassen, aber es hatte Zeiten dringendster Notwendigkeit gegeben... jene Tage, manchmal sogar Wochen, wenn er sich in die dunkle Welt seiner Seele zurückgezogen hatte und kein Geld für
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