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Black Mandel

Black Mandel

Titel: Black Mandel
Autoren: Berni Mayer
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Kindern beim Schulausflug eine Schauergeschichte erzählt. Die vom unbenutzten Museumstrakt, wo sich niemand hineintraut, wo aber jede Nacht Geräusche zu hören sind.
    »Leute umgebracht?«, wiederholte ich.
    »Das musst du doch mitbekommen haben. Das stand damals in allen Zeitungen. Mittlerweile werden sogar Anwärter für den norwegischen diplomatischen Dienst einem Workshop in Sachen Black Metal unterzogen. Was hast du denn Anfang der Neunziger gemacht?«
    »Lass mich überlegen. Da hatte ich mein erstes eigenes Auto und bin mit der Ellen Weinzierl nach Südtirol gefahren. Zum Pfitscher, auf dieses Weingut, weil ihre Eltern … «
    »Warte«, sagte der Mandel und hielt den Wagen an. Er steckte seine EC -Karte in einen Maut-Automaten.
    »Geb ich dir dann später«, sagte ich.
    »Was gibst du mir später?«, fragte der Mandel, während er auf die Schranke wartete.
    »Meinen Anteil von der Maut.«
    Der Mandel schüttelte nur den Kopf. Als wir wenig später den Tunnel hinter uns gelassen hatten, griff er an mir vorbei ins Handschuhfach und holte eine CD heraus. Auf dem Cover war ein Mann mit langen Haaren in einer schwarzen Lederjacke zu sehen, der auf einer Lichtung stand. Sein Gesicht war in derselben Art geschminkt, die ich schon aus dem Video von Dark Reich kannte. Das Foto sah aus wie vierundzwanzigmal schwarz-weiß kopiert. Über der Lichtung befand sich der Schriftzug »Død« in Fraktur. Falls wer nicht weiß, was das ist: Eine Fraktur ist, wie der Name schon sagt, eine gebrochene Schrift. Wird fälschlicherweise gerne als altdeutsche oder altenglische Schrift bezeichnet. Macht sich immer gut bei nordeuropäischer Nationaltümelei, sieht manchmal aber auch wirklich cool aus. Am unteren Ende des Bildes stand in derselben Schrift: Si Satanas Pro Nobis, Quis Contra Nos – wen n der Teufel für uns ist, wer ist dann gegen uns.
    »Die musst du kennen«, sagte der Mandel.
    »Mach rein«, sagte ich zum Mandel und zeigte auf den Schacht des CD -Players.
    »Die zweite Død ist noch besser. Auf der zweiten ist weniger Schlagzeug. Aber wenn, dann ganz simpel und massiv wie aus weiter Ferne. Konzeptmusik, fast Avantgarde.«
    »Aha«, sagte ich, »aber kannst du trotzdem die erste einlegen, wo du sie grade in der Hand hältst?«
    Der Mandel steckte die CD ins Fach. Man kann jetzt nicht sagen, dass die Musik mit einem großen Knall begann. Noch nicht einmal mit einem kleinen. Dafür war sie viel zu schlecht abgemischt. Sie fing eher beiläufig an. Wie bei Dark Reich diese klirrenden Gitarren. Der große Unterschied lag allerdings im Gesang. War es bei Dark Reich eher ein Grunzen, so klang er jetzt abwechselnd asthmatisch keuchend und schrill und roh. Einen Bluthusten konnte man sich gut dazu vorstellen. Leider verstand man wieder kein Wort vom Text.
    »Was ist denn das für eine grässliche Produktion?«, fragte ich.
    »Das haben sie mit Absicht so gemacht. Wegen der Gegenkultur«, klärte der Mandel auf.
    »Ach so«, sagte ich. Die Musik klang, als ob jemand tödlich beleidigt war. Ich fand das interessant. Ich war dabei, mich einzuhören.
    »Reicht auch wieder, oder?«, sagte der Mandel und wechselte die CD . Kurz darauf sang jemand » Schwätzer umschwirrn mich. Mach mal das Licht aus, ist ja nicht anzusehen, die kann man nur niedermähn« zu einem 08/15-Riff.
    »Was ist denn das für ein Unsinn?«, fragte ich.
    »Der bewaffnete Blues«, sagte der Mandel.
    Laut dem Mandel verschlief ich das nächste kurze Stück Fähre über einen Fjord. Wenn ich zwischenzeitlich aufwachte, schimmerte das Navigationsgerät im Dunkeln, das der Mandel in den Aschenbecher geklemmt hatte, weil die Halterung für die Windschutzscheibe abgebrochen war. Es befand sich im Nachtmodus, glühte nur matt, und das Meer wurde als schwarze Fläche angezeigt. Der Mandel hatte extra eine Norwegen-Software draufgespielt. Ich habe vergessen, wie oft wir letztendlich auf eine Fähre mussten, weil wir ja für die kurzen Überfahrten nicht ausstiegen und ich meistens am Schlafen war. Es können zwei, aber auch fünf Mal gewesen sein. Ich weiß aber noch, dass ich immer mehr das Gefühl bekam, dass wir in Gebiete vordrangen, die nicht für den Personentransport vorgesehen waren. Hier gab es nur noch Tunnels und Fähren. Die Natur hielt das Heft in der Hand, und der autofahrende Mensch zwängte sich demütig zwischen ihren Auswüchsen aus Wasser und Stein hindurch. Ich wünschte, wir hätten ein Flugzeug genommen.
    Als wir nach einer Ewigkeit auf dunklen
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