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Bitterfotze

Bitterfotze

Titel: Bitterfotze
Autoren: Maria Sveland
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schwamm einfach weiter zu seiner Mama und seinem Papa.«
    »Aha. Bis morgen.«
    Er gibt mir schmatzende Küsse durchs Telefon, direkt ins Ohr. Ich schmatze zurück.
    »Ja genau. Bis morgen Abend, Sigge!«, sage ich mit belegter Stimme, dem Weinen nahe, wie immer, wenn ich mit ihm spreche. Johan kommt noch einmal ans Telefon.
    »Und, in welcher Stimmung bist du?«, frage ich. »Bist du böse, traurig, unbeschreiblich müde oder vielleicht sogar froh?«
    »Nein, ich bin nicht böse oder traurig. Eigentlich mehr auf die Arbeit konzentriert. Ehrlich gesagt, ich glaube, es war das Beste für uns, dass du gefahren bist. Sonst wärst du böse auf mich geworden«, sagt Johan.
    Ja, ich weiß genau, wie er ist, wenn eine Arbeit in die Endphase geht. Schweigsam und verschlossen. Oder mit seinen Worten: konzentriert. Genau das erkenne ich in den abwesenden Blicken der Männer hier in La Quinta Park, und es provoziert mich unglaublich.
    »Ich glaube, wir sollten das in Zukunft immer machen, wenn die Proben im Endstadium sind«, sagt Johan.
    »Was denn, dass ich wegfahre?«, frage ich.
    »Ja. Ich meine es ernst. Ich glaube, es ist supergut.«
    Genau für diese Andeutungen von Großzügigkeit liebe ich ihn. Sie geben mir das Gefühl, dass er mir wohlwill.
    »Ich habe viel nachgedacht, und wir müssen über vieles reden, wenn du nach Hause kommst«, sagt Johan.
    »Ich weiß. Ich habe auch nachgedacht«, antworte ich und denke an das neue Leben, das in meinem Bauch wächst, und an die Veränderungen, die wir vornehmen müssen, wenn wir noch ein Kind haben möchten.
    Wir sagen Tschüs, Tschüs, wir sehen uns morgen. Ich freu mich. Ich auch. Tschüs.
    Ich sitze zum letzten Mal auf dem Balkon und versuche, mir die Sonne einzuprägen, die Aussicht aufs Meer, das Geräusch, wenn die Rentner unten am Pool langsam vorwärtsschleichen. All dies werde ich mit in den winterlichen Alltag von Stockholm nehmen. Sogar die vergrämten Frauen mit ihren schweigsamen Männern werde ich mitnehmen, als eine Mahnung, wie die Liebe sich verwandeln kann.
    Am nächsten Morgen am Flugplatz sehe ich das Flugangstmädchen mit ihrem Freund.
    Sie sieht mich und kommt auf mich zu.
    »Hallo, jetzt freust du dich, nicht wahr?«, sagt sie fröhlich.
    »Ja, das stimmt«, sage ich und stelle fest, dass ihre Frage mich nicht provoziert. Ich freue mich wirklich. Auf beide, Sigge und Johan.
    »Hattet ihr eine gute Woche?«, frage ich, weil ich heute so großzügig gestimmt bin. Ich bin zufrieden und stolz, dass es mir gelungen ist, wegzufahren und lange nachzudenken.
    »Ja, allerdings kommt jetzt wieder die kleine Hölle, der Flug, du weißt schon.«
    Sie lächelt mich verschwörerisch an.
    »Ich habe schon vier große Whisky zum Frühstück getrunken, hoffentlich hilft es.«
    Ich lächle zurück. Da kommt ihr Freund. Er hat ein rot verbranntes Gesicht, besonders die Nase. Er dreht an seinem goldenen Ring im linken Ohr.
    »Ja, meine Güte, sie hat schon jetzt einen im Kahn, und das Flugzeug hat nicht mal abgehoben«, sagt er und lacht mir zu.
    Ich lache nicht mit. Nach einer Woche in La Quinta Park habe ich all die emotionsgehemmten Männer satt, die sich hinter Biergläsern und höhnischer Ironie verstecken. Ich habe Männer satt, die sich für ihre Frauen schämen.
    Ich schaue zum Flugangstmädchen, aber sie blickt zu Boden. Sie schämt sich auch, nicht wegen ihres blöden Freundes, sondern ihretwegen.
    Den Freund stört es offenbar, dass ich nicht mitlache. Sein Lächeln gefriert.
    »Ja, aber was soll ich denn machen, wenn sie immer nur Angst hat?«, fragt er, ohne eigentlich eine Antwort zu erwarten.
    Das Flugangstmädchen schaut immer noch zu Boden.
    Ob sie es wohl gewöhnt ist, dass ihr Freund über ihren Kopf hinweg mit fremden Frauen spricht?
    »Du könntest einmal versuchen, sie zu trösten, anstatt so verdammt höhnisch zu sein«, sage ich und gehe.
    Ich spüre, wie ich erröte und mir der Schweiß ausbricht. Mein Gott, was für eine Reaktion! Ich finde in einer abgelegenen Ecke ein Café und vergewissere mich, dass das Flugangstmädchen und ihr Freund mir nicht gefolgt sind, bevor ich mich setze. Ich bestelle Kaffee und ein Croissant, dann seufze ich vor Wohlbehagen, als der heiße, starke Kaffee meinen Mund füllt und mir die Zunge verbrennt.
    Auf dem Flug nach Hause kann ich kaum still sitzen. Die Beine zappeln, und die sechs Stunden ziehen sich. In meinem Bauch hat sich eine unendliche Sehnsucht breitgemacht. Ich versuche, über Isadora zu lesen, ich habe
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