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Bittere Mandeln

Bittere Mandeln

Titel: Bittere Mandeln
Autoren: Sujata
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wichtigsten Mitglieder einladen, bei einer großen Ausstellung im Mitsutan-Kaufhaus mitzuwirken. Bis dahin will ich alle Ressentiments ausgeräumt haben. Außerdem möchte ich dir nicht die Chance verbauen, in der Schule einen guten Eindruck zu machen.«
    »Sakura hatte schon recht, als sie mir sagte, daß ich nicht in diesen Kurs gehöre«, meinte ich. »Ich bin einfach nicht sonderlich gut in Ikebana. Laß mich in deinem Garten oder anderswo üben. Ich mag Blumen, aber ich will nicht in der Kayama-Schule bleiben.«
    Langes Schweigen. »Das heißt, du willst aufhören, Ikebana zu lernen? Das sieht dir aber nicht ähnlich.«
    Da hatte sie recht. Seit ich in Japan lebte, hatte ich fortwährend kanji- Zeichen gelernt und mich mit der japanischen Kultur und Sprache beschäftigt.
    »Ich habe keine Begabung dafür, und die Kursgebühren, die du für mich zahlst, sind einfach zu teuer. Ich würde die Kosten ja selber übernehmen, wenn ich es wirklich wollte, aber das ist nicht der Fall.« Mir war bewußt, wie lahm das alles klang.
    »Ich habe bis Juli vorausbezahlt«, sagte Tante Norie. »Nur deshalb haben sie dich in denselben Kurs gelassen wie mich.«
    »Dann gebe ich dir das Geld.«
    »Unter Verwandten tut man so etwas nicht. Was würde dein Vater wohl dazu sagen, wenn du den Kurs vorzeitig abbrichst? Ich glaube, er wäre sehr enttäuscht.«
    Mein Vater, der als Psychiater in San Francisco arbeitete, war unter anderem deshalb nach Amerika ausgewandert, weil er hoffte, dort größere persönliche Freiheit zu genießen. Wenn ich ihm erzählte, was Tante Norie mir da antat, würde er mir sicher einen Vortrag über die manipulative Macht asiatischer Familien halten und mir dann erklären, ich solle nach Hause kommen – in die Staaten.
    »Ich kann dich natürlich nicht dazu zwingen«, fuhr meine Tante fort. »Aber ich möchte, daß du mit Mrs. Koda sprichst. Sonst glaubt sie, du hast den Kurs verlassen, weil jemand Druck auf dich ausgeübt hat, und das wäre sehr schlecht für die Moral der Teilnehmer.«
    »Na schön, ich begleite dich«, sagte ich schließlich. »Aber nicht heute. Ich habe um drei einen Termin mit einer Kundin.«
    »Dann treffen wir uns nach deinem Termin, um fünf im My Magic Forest in Roppongi. Ich kaufe die Geschenke dort. Für das Treffen ziehe ich mein gelbes Kostüm von Hanae Mori an, also richte dich bitte ein bißchen danach.«
    Nach dieser Modeberatung legte meine Tante auf.

    An jenem Nachmittag verdiente ich mir ein paar schnelle Yen durch die Schätzung der Porzellansammlung einer alten Dame, die ihren Kindern ihr Haus ohne die Sachen darin übergeben wollte. Während ich Mrs. Moritas altes Imari-Porzellan bewunderte, hörte ich mir die Geschichte an, wie sie es in den zwanziger Jahren als Teil der Aussteuer erhalten hatte.
    »Wenn Sie möchten, kann ich die Sachen fotografieren und versuchen, Käufer dafür zu finden«, sagte ich. »Das ist viel besser als der Verkauf über einen Laden, weil Sie so nicht Gefahr laufen, daß das Porzellan beschädigt oder gestohlen wird.«
    »Was für Leute sind diese Käufer denn?« erkundigte sich Mrs. Morita argwöhnisch.
    »Damen der Oberschicht, denen daran liegt, die japanischen Kulturschätze der Vergangenheit zu bewahren. Ich habe auch zahlreiche Kontakte zu ausländischen Interessenten, die hier leben«, sagte ich und dachte dabei an Lila Braithwaite.
    »Mir wäre jemand aus Japan lieber«, sagte Mrs. Morita.
    »Aber ein solches Set würden nur Ausländer kaufen«, erklärte ich ihr und deutete dabei auf einige blau-weiße Eßteller mit kleinen roten, grünen und goldfarbenen Verzierungen. Die Teller, auf denen ein Steingarten mit Pflaumenbaum, winzigen Chrysanthemen und Bambus abgebildet war, sahen sehr hübsch aus. Allerdings würde kein japanischer Interessent einen zweiten Blick darauf werfen, weil Japaner normalerweise auf Sets von jeweils mindestens fünf Stück bestanden. Ausländer jedoch wußten nicht, wie wichtig es war, eine glückbringende Anzahl von Tellern zu haben.
    »Ja, ich weiß, die Zahl ist nicht gerade günstig«, sagte Mrs. Morita und verzog das Gesicht dabei. »Ich hatte die Teller weggeräumt und sie fast vergessen. Nehmen Sie sie mit. Wenn es Ihnen gelingt, sie zu verkaufen, beauftrage ich Sie vielleicht auch noch mit dem Verkauf der anderen Sachen.«
    Was für ein Glücksfall! Ich verpackte die neun Teller vorsichtig in Seidenpapier und stapelte sie in die stabile Kiefernholzkiste, in der sie sich ursprünglich befunden
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