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Bissige Spiele (German Edition)

Bissige Spiele (German Edition)

Titel: Bissige Spiele (German Edition)
Autoren: Nena Siara
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ich fühlte mich auf das gröbste in meinem Stolz verletzt!
    Das war die Höhe! Was dachte sich diese Person nur?
    „Ich bin nicht interessiert! Aber wenn du alleine sein willst, dann geh du doch auf eine andere Bank!“, fauchte ich sie an.
    Das Mädchen sah zum ersten Mal zu mir auf und ich konnte durch meine inzwischen zu Sehschlitzen gewordenen Augen nur lange rotblonde Haare erkennen. Nichts Ungewöhnliches – und doch konnte ich etwas trotz meines Schlafzimmerblickes erkennen. Ihre Haare waren sonderbar glänzend. Sie lagen locker und leicht über den Schultern und spiegelten das Wasser des Flusses in alle Richtungen wieder. Sie glitzerten im Laternenlicht wie die glühende Sonne, die an einem Abend über dem Meer unterging und sich in ihm über den gesamten Horizont spiegelte.
    Eigenartig, wieso wirkte dieses menschliche Wesen so anders auf mich, als die anderen? Was war an ihr so besonders, dass ich sie nicht sofort von mir weisen wollte? Das Aussehen war mir doch sonst auch immer egal gewesen.
    Für den Bruchteil einer Sekunde sah mir das Geschöpf in die Augen und unsere Blicke trafen sich.
    Ich erwartete, dass ich nun von einem unbezwingbaren Durst übermannt wurde, denn wenn dies sonst geschah, hatte ich meistens das Gefühl, als müsste ich mich vor Gier übergeben. Sonst spiegelten die Augen der Menschen den Duft ihres Blutes wieder, der langsam aber stetig durch ihre Adern zu mir hinüberwanderte. Der Duft von Frauenblut war eher sanft und anmutig und erinnerte mich an einen leichten Rotwein dezent gewürzt mit ein wenig Jasmin. Leicht und doch betörend für die Sinne, denn bei jedem Schluck, wurde die Gier schlimmer und schlimmer und hatte mich manchmal um den Verstand gebracht. Seitdem ich mich jedoch den Konserven verschrien hatte und nur noch mitleidige Menschen von ihrem Leben befreite, mied ich jedweden Augenkontakt zu Frauen und kam mit Abweisungen auch prima zurecht.
    Aber dieser Blick roch so unscheinbar, dass ich mich wunderte. Also würde ich bei der Vergiftung noch nicht einmal in den Genuss kommen und schmackhaftes Blut schmecken dürfen. Eine deprimierende Aussicht, die mich nicht gerade antrieb, mein Vorhaben, oder vielmehr meine Pflicht umzusetzen.
    Das Mädchen hatte Haare wie ein Engel, ihre Augen waren von Wimpern umrahmt, die bis an ihre Augenbrauen reichten, und ihre Gesichtszüge waren sanft und weich, und trotzdem roch ich so gut wie gar nichts. Meine Kehle, die sonst immer schlagartig anfing zu brennen, war ruhig und gelassen, aber etwas anderes in mir schrie auf, wie es sonst meine Gier nach Blut tat.
    Es war mein totes Herz!
    Auch wenn ich es nicht mehr spürte, war die Erinnerung daran so gegenwärtig und lebendig, dass ich das Gefühl hatte, als wäre mein Herz nach jahrhunderte langem Warten zum Leben erwacht.
    Ein kräftiges Zucken durchzog meine tote Brust, ließ mich für einen Augenblick vergessen, dass ich ein Killer auf Strafvollzug war, und gab mir zum ersten Mal seit meiner Verwandlung das Gefühl, etwas Menschliches zu besitzen. Um nichts auf der Welt hätte ich in diesem Augenblick meine Zähne in ihren Hals geschlagen und sie vergiftet. Irritiert starrte ich auf den toten Fluss, wie wir ihn nannten, denn kein Londoner wusste, wie viele Leichen dort verborgen lagen, und wusste nicht, ob ich den Schlag meines Herzens tatsächlich erlebt hatte, oder ob dies nur der schönste Traum war, den ich je geträumt hatte.
    „Bitte geh du!“, sagte sie plötzlich und riss mich aus meinen Vampirfantasien.
    Ich wollte nicht gehen, aber es schien ihr wichtig zu sein. Kein Wunder. Schließlich trachtete sie nach dem Tod. Aber was war mit mir los? Wieso hatte mein Herz einen Schlag getan? Und warum hier und jetzt?
    Eindringlich und mit großen bittenden Augen sah sie mich an, während ich immer noch den Nachhall in meinem Brustkorb spürte.
    „Nein!“
    Um nichts auf der Welt wollte ich in diesem Augenblick gehen. Vor einer Stunde wollte ich am liebsten meinem Dasein ein Ende bereiten, und nun? Beinahe sah es so aus, als wollte ich noch nicht einmal dafür sorgen, unsere Spezies zu erhalten. Nur mein Herz wollte ich spüren. Den Mensch in mir zurückholen. Koste es, was es wolle.
    „Dann muss ich wohl gehen!“, raunte sie mir entgegen und stand abrupt auf.
    Das hatte ich nicht beabsichtigt und ich hasste mich für meine vollkommene Unfähigkeit im Umgang mit dem anderen Geschlecht, während sie die rotblonden Haare unter einem Kapuzenpullover versteckte und davonging. Das
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