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Bissgeschick um Mitternacht

Titel: Bissgeschick um Mitternacht
Autoren: Franziska Gehm
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ich es gar nicht mehr so schlimm«, sagte Helene.
    Daka runzelte die Stirn und wollte widersprechen. Als ihr Helene einen beschwörenden Blick zuwarf, sagte sie jedoch: »Wenn man sich erst mal daran gewöhnt hat, geht es. Eigentlich steht dir ein Schnauzbart ganz gut. Er passt gut zu deinen ... deinen Wangenknochen.«
    Silvania sah ihre Schwester zweifelnd an.
    »Und sieh doch mal die praktische Seite«, fuhr Daka fort, die jetzt richtig warmlief. »Ein Schnauzer hält warm und spart bei Schnupfen so manches Taschentuch.«
    Silvania verzog angewidert den Mund.
    »Der Schnauzbart hebt dich auf jeden Fall von der grauen Masse ab«, sagte Helene.
    Silvania schielte niedergeschlagen zu ihrer besten und einzigen Freundin. Obwohl Silvania genau wie ihre Schwester ein Halbvampir war, hob sie nicht gerne ab. Sie wollte sich auch nicht gerne von der grauen Masse abheben. Im Gegenteil, sie wollte in ihr untertauchen wie ein Wassertropfen im Meer.
    »Weißt du, wie du jetzt aussiehst?«, fragte Daka.
    Silvania machte ein Gesicht, als ob sie das lieber gar nicht wissen wollte. Was Daka allerdings nicht störte.
    »Wie einer der drei Musketiere«, fuhr Daka fort. »Und das waren alles zensatoi futzi Helden.« Daka zupfte spaßhaft an einem Barthaar ihrer Schwester.
    Silvania schlug Dakas Hand weg, »Ja, aber das waren alles Männer!«
    Daka wiegte den Kopf. »Bist du dir sicher?«
    »Ich kann so unmöglich den Klassenraum betreten«, sagte Silvania.
    »Wir könnten dir aus der Drogerie Rasierzeug holen«, schlug Helene vor.
    »Onkel Vlad hat mal erzählt, sein Bart sei erst richtig kräftig gewachsen, nachdem er ihn rasiert hatte«, warf Daka ein.
    »Dann stülpen wir dir eben eine Papiertüte über den Kopf und machen zwei Löcher für die Augen rein«, sagte Helene.
    »Und du meinst, das fällt weniger auf als mein Foliba?« Silvania sah Helene zweifelnd an.
    »Ich hab's. Wir holen uns von der Schulkrankenschwester einen Verband, wickeln den über den Foliba und sagen, du ... hast dir beim Pfeifen die Lippe verstaucht«, sagte Daka.
    »Wenn schon, dann beim Knutschen«, meinte Helene.
    Silvania schüttelte den Kopf. »Ich bleibe einfach auf dem Klo, bis der Foliba wieder weg ist. Die Achselhaare waren schließlich gestern auch nach ein paar Stunden verschwunden.«
    »Und mein Mega-Eckzahn auch«, stimmte Daka zu.
    Seit ein paar Tagen gingen seltsame Verwandlungen mit den Vampirschwestern vor sich. Als Halbvampire waren sie schon Einiges gewohnt. Ihr Vater, Mihai Tepes, war ein Vollblut-Vampir. Ihre Mutter, Elvira Tepes, war ein Vollzeit-Mensch. Aus der Liebe, die zwischen ihnen vor vielen Jahren in den Karpaten erblüht war, waren die Zwillinge Silvania und Daka entsprungen. Die ersten zwölf Lebensjahre hatten sie in Transsilvanien verbracht. Dann waren sie nach Bindburg, der Heimatstadt ihrer Mutter, gezogen. Sie führten also nicht nur ein Leben zwischen Menschsein und Vampirsein, sondern auch zwischen der alten und der neuen Heimat.
    Doch was in den letzten Tagen mit ihnen geschehen war, war befremdlicher und schräger als alles, was bisher in ihrem halbvampirischen Leben passiert war. Bei Daka hatte alles ganz harmlos mit einem einzelnen Pickel auf der Stirn angefangen. Es war Dakas erster Pickel gewesen. Offenbar war es ihm auf Dakas schneeweißer Stirn zu langweilig gewesen und er hatte sich mit ein paar Pickelkumpeln verabredet, die auch prompt am nächsten Morgen links und rechts von ihm erschienen waren. Die Pickel fühlten sich auf Dakas Stirn so wohl, dass dort schon am Nachmittag eine regelrechte Pickel-Party stieg, zu der weitere Pickel erschienen, die erst zusammen eine Polonaise tanzten und dann mit weiteren Pickeln ein Kreuz bildeten. Das Pickelkreuz war so gut sichtbar, dass eine alte Dame Daka bereits für einen Sanitäter gehalten hatte.
    Während auf Dakas Stirn die Pickelparty tobte, hatten sich gestern beim Aufstehen, als Silvania sich streckte, erste zarte Sprösslinge unter ihren Armen gezeigt. Die Härchen waren rotbraun, ganz fein und kaum zu erkennen. Und daher, wie Silvania zunächst leichtsinnig dachte, kein Grund zur Beunruhigung.
    In den ersten beiden Stunden (Mathe und Physik) wuchsen Silvanias Achselhaare um zehn Zentimeter. In den nächsten beiden Stunden (Deutsch und Geo) wuchsen sie weitere zwölf Zentimeter. Als es nach dem Geschichtsunterricht endlich zum Schulende läutete, kamen Silvania die Achselhaare schon zu den Ärmeln heraus. Und das, obwohl sie ein langärmliges Oberteil trug.
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