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Bis zum bitteren Ende

Bis zum bitteren Ende

Titel: Bis zum bitteren Ende
Autoren: Jak Koke
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waren.
    Der Cyborg vor ihr bewegte sich nicht, obwohl die Brücke vollständig zerstört war. Lucero hatte den Eindruck, daß er sich ausruhte.
    Ich werde Lethe genannt, hörte sie eine Stimme in ihrem Geist. Du bist die Saat der Finsternis oder was von ihr noch übrig ist. Du bist diejenige, welche die Bresche in Thaylas Licht geschlagen hat.
    »Ich bin Lucero. Ich bin gekommen, um den Schaden wiedergutzumachen, den ich angerichtet habe.«
    Thayla ist tot.
    »Ich weiß. Vielleicht läßt sich ein Rest ihrer Schönheit wiederfinden.«
    Ich verstehe, Lucero. Du suchst Hoffnung.
    »Ja.«
    Darf ich dich um einen Gefallen bitten?
    »Ich bin frei, Lethe. Ich muß niemandem gehorchen.«
    Der Cyborg hatte sich nicht umgedreht. Er schien seine Hand zu mustern. Die ausfahrbaren Finger, die um das herzförmige Artefakt lagen, waren zusammengeschweißt, und er konnte sie nicht mehr einziehen. Das Artefakt war fest mit den Fingern verbunden.
    Ich befehle dir nicht, zu gehorchen, Lucero. Ich bitte lediglich um deine Hilfe, eine Gefälligkeit, die ein freier Geist einem anderen erweist.
    »Was willst du?«
    Es ist mir gelungen, alle meine Freunde bis auf einen zu retten. Dieser eine ist ein menschlicher Magier namens Talon. Sein Geist wurde auf eine angrenzende Metaebene geschleudert. Ich weiß nicht genau, was geschehen ist, aber er ist verschwunden.
    Lucero begriff. »Ich werde ihn suchen«, sagte sie. »Ich muß unendlich viel Buße tun.«
    Danke.
    Lucero verließ Lethe, der immer noch wie erstarrt dastand, während ihn das aus der Zerstörung der Brücke hervorgegangene überschüssige Mana durchfloß und seinen metallenen Körper vibrieren ließ und Licht abstrahlte. Sie verließ ihn und streifte durch den Wald.
    Sie durchsuchte mehrere Ebenen, wechselte von Wald zu grasbewachsener Ebene zu verbrannter Wüste. Sie reiste so weit sie konnte, angetrieben von ihrem Drang, Buße zu tun - und sei es auch nur ein klein wenig. Durch Brachland ijnd erstarrte Tundra, Gletscher und urbane Höllen, in denen Millionen absonderlicher Kreaturen in ihren eigenen Fäkalien lebten.
    Sie wußte, wie der Mensch aussah. Sie kannte den Geruch seiner Aura, und sie wußte, daß sie ihn finden konnte.
    Wieviel Zeit verging, bevor sie ihn traf, wußte sie nicht. Er taumelte und war fast verdurstet, hatte sich in den Salzwüsten einer abgelegenen Metaebene verirrt. Der Kadaver einer tentakelbewehrten Kreatur - einem der Ungeheuer der Tzitzimine - lag nur wenige hundert Meter von der Stelle, wo sie ihn fand.
    Ihr Kampf muß sie hierher geführt haben, dachte sie. Und er hat die Kreatur ganz knapp besiegt.
    »Bist du Talon?« fragte sie.
    Sein Nicken war nur ein leichtes Senken des Kinns.
    Er hatte nicht mehr die Kraft, sich ihr zu widersetzen. Sie hob ihn auf und trug ihn, flog mit ihm im Schlepptau zurück. Sie würde Talon zu Lethe bringen, der ihn in seinen Körper zurückschicken würde.
    Talon musterte sie mit dankbaren, intelligenten Augen. Sein Blick war so voller Dankbarkeit, daß sie ihn nie vergessen würde. Sie versuchte sein Leben zu retten, und er schenkte ihr sein ganzes Vertrauen.
    Noch nie hatte sich jemand so vollkommen auf sie verlassen. Sie hatte noch nie zuvor jemanden gerettet.
    In ihrem früheren Leben war es ihr nicht einmal gelungen, sich selbst zu retten.
    Und während sie über die Metaebenen schwebte, spürte Lucero, wie sie von einem Funken des Lichts berührt wurde. Von einem flüchtigen Ausblick auf Güte und Selbstaufopferung. Es war das beste Gefühl, das sie je empfunden hatte, und es wärmte sie lange, lange Zeit.

47
     
    Wieder in Dunkelzahns Anwesen in Georgetown saß Ryan auf einem weich gepolsterten Ledersessel und nippte an seinem Cognac. Fast im Halbschlaf, die Muskeln entspannt und alle Sorgen für den Augenblick vergessen, befand Ryan sich in einem Zustand extremer Zufriedenheit.
    Spätnachmittägliches Sonnenlicht fiel durch das Geäst der Kirschbäume draußen ins Wohnzimmer. Der Duft nach Kirschblüten vermischte sich mit dem Aroma des warmen Cognacs und füllte Ryans Kopf mit einem angenehmen Nebel.
    Ryan blinzelte, um wach zu bleiben, und konzentrierte sich auf den geschminkten Elf, der ihm auf einem ähnlichen Ledersessel gegenübersaß. Harlekin. Trotz der frühen Stunde hatte Aina sich auf ihr Zimmer zurückgezogen. Jane Foster saß auf dem Boden und hatte den Rücken gegen Harlekins Beine gelehnt. Ihr blonder Kopf ruhte auf dem weichen Lederpolster. Sie schlief.
    Harlekin lächelte müde und hob
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