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Bis du erwachst

Bis du erwachst

Titel: Bis du erwachst
Autoren: Lola Jaye
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wenigstens dieses eine Mal. Aber sie traute sich nicht.
    «Komm sofort her, Millie!»
    Ihr sank der Mut angesichts einer weiteren «Schicht» im Krankenhaus. Aber sie räumte folgsam den Staubsauger auf und schob einen Stapel Zeitschriften unters Bett. Sie hatte ihr Zimmer aufgeräumt, so gut sie konnte, und auch im Wohnzimmer damit angefangen, das sich in Lenas Abwesenheit allmählich in einen richtigen Schweinestall verwandelt hatte. In einem hatte Cara recht: Sie hatte es nicht so mit dem Saubermachen. Aber so, wie die Dinge lagen, war es gut, sich zu beschäftigen. Sie hatte ja ohnehin keinen Job. Außerdem musste das Haus bei Lenas Heimkehr picobello sein. Also würde sie sich in ein, zwei Tagen Badezimmer, Gästezimmer und vielleicht sogar die Küche vornehmen. Lenas Zimmer würde allerdings so bleiben, wie es war, genau wie sie es verlassen hatte. Millie war seit Lenas Unfall nicht mehr darin gewesen.
    Sie machte sich frisch, schlüpfte in ihre Röhrenjeans und fuhr sich mit Lipgloss über die vollen Lippen. Sie sah gut aus. Vorzeigbar. Sogar sexy. Und ihr Hintern war überhaupt nicht dürr, sondern wohlgeformt und fest, zumindest wenn man nach der Reaktion der Bauarbeiter ging, die ein paar Türen weiter das Haus renovierten. Millie hob ihre Handtasche vom Fußboden auf und sah sich stolz in ihrem beinahe ordentlichen Schlafzimmer um. Staubwischen musste sie noch – wenn sie nur wüsste, wo Lena diesen riesigen grünen Staubwedel aufbewahrte, der jeden Sonntag zum Einsatz kam, wenn sie mit ihrem MP 3-Player durch die Wohnung fegte und dazu sang – schief und viel zu laut. Millie kicherte, als sie daran dachte – Lena war wirklich keine begnadete Sängerin!
    Als sie sich zum Gehen wandte, sah Millie aus den Augenwinkeln oben auf dem Fernseher etwas aufblitzen – RiksArmbanduhr! Er würde wiederkommen müssen! Sie war plötzlich ganz aufgeregt.
     
    Millie blendete Caras Gemecker aus und legte sanft einen Finger an Lenas Wange. Sie war nicht kalt, obwohl sie jedes Mal heimlich damit rechnete.
    «Hörst du mir überhaupt zu, Millie?», fragte Cara jetzt. Sie hatte sich über ihr Zuspätkommen beschwert und dass sie jetzt aber wirklich unbedingt in die Bar gehen müsse, bla, bla, bla. Millie kam einfach nicht gegen sie an.
    «Klar höre ich dir zu», erwiderte sie mit einem Seufzer. In Wirklichkeit hatte sie an ihr letztes Telefongespräch mit Lena gedacht, doch sie konnte sich nicht erinnern, wann das gewesen war. Nach ihrer Einkaufsorgie im Ein-Pfund-Laden, als Lena sie angerufen hatte, um zu hören, ob mit ihr alles in Ordnung war, nachdem Rik sie am Abend davor versetzt hatte? Nein   … es musste kurz darauf gewesen sein, und sie hatte ihr eine SMS geschickt. Ja, so war es. Lena hatte beim Kindernotruf Kidzline mal wieder ewig Dienst geschoben, und Millie hatte ziemlich viel Zeit mit Rik verbracht. Obwohl sie im selben Haus wohnten, waren sie sich kaum begegnet. Millie hatte die SMS gelesen und gleich darauf gelöscht, der Speicher ihres Handys war fast voll gewesen, weil sie so viele Nachrichten von Rik aufbewahrt hatte. Jetzt aber schnürte es ihr schier die Kehle zu, als ihr der Wortlaut wieder einfiel:
Du fehlst mir, kleine Schwester. Wollen wir bald mal wieder gemeinsam frühstücken?
    Plötzlich dachte sie an all die Male, da sie auf die Anrufe und SMS ihrer Schwester nicht reagiert hatte, weil sie wegen irgendeines Typen völlig abgetaucht war. Aber als man ihr das Apartment kündigte, war ihre Schwester als Erste zurStelle gewesen. Cara hatte nur gemeckert, weil sie so «unverantwortlich» war. Und jedes Mal, wenn sie mal wieder ein Typ sitzengelassen hatte, war Lena für sie da gewesen, hatte sie in den Arm genommen, ihr die weichen, tränenfeuchten Locken aus dem Gesicht gestrichen und ihr gesagt, dass alles wieder gut werden würde. Genau wie damals, als sie noch klein waren.
    «Ach, wenn das alles nur nicht passiert wäre», sagte Millie. Sie wartete darauf, dass Cara sie wieder anfuhr. Aber ihre Schwester schaute nur müde hoch.
    «Das wünschen wir uns alle», sagte sie. Sie schauten auf Lena herab, als könnte ihr vereinter Blick sie wie durch ein Wunder dazu bringen, die Augen aufzuschlagen und ihnen ihr wunderschönes, smaragdgrünes Glitzern zu offenbaren. Kaum zu glauben, dass Millie ihre ältere Schwester als Kind damit gehänselt hatte.
    «Wach ganz schnell wieder auf   … Bitte. Ich – wir – brauchen dich, Lena.» Sie legte ihrer Schwester eine Hand auf den Arm, doch statt
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