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Bis du erwachst

Bis du erwachst

Titel: Bis du erwachst
Autoren: Lola Jaye
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Blumen und besorgtem Gesicht umhereilten, an die Assistenzärzte mit frischen Gesichtern und gegeltem Haar, an die Chefärzte, die mit selbstsicherer Arroganz herumstolzierten. Sie war jetzt Teil des Ganzen, nicht mehr irgendeine Zuschauerin,die versehentlich eine Wiederholung von
Emergency Room
eingeschaltet hatte. Das hier war das echte Leben. Ihr Leben. Zumindest für den Augenblick.
    Zum Glück lag das Krankenzimmer ihrer Schwester ein wenig abseits und wirkte sauber. Aber es war wie alle Krankenzimmer langweilig und leblos. Es gab ein kleines Fenster und ein winziges Nachtschränkchen aus weiß lackiertem Metall, auf dem eine kleine Vase mit einem nicht mehr ganz taufrischen Blumenstrauß stand, daneben die nach Zitronengras duftende Feuchtigkeitslotion für Lenas Haar, Vaseline für ihre Lippen, ein Plastikkamm und eine Schachtel mit Kosmetiktüchern.
    Die Wände waren in einem neutralen Beige gehalten, an einer Wand hing ein verblasstes viktorianisches Bild von einem Kerl mit riesiger Nase – ein ziemlich hilfloser Versuch, den Raum ein wenig fröhlicher zu gestalten.
    «Wir sollten positiv denken, jawohl.
Müssen
wir ja.» Ades Stimme drang in ihre Gedanken. Sie fand, er sollte überzeugter klingen. War sie denn hier die Einzige, die wusste, dass ihre Schwester bald wieder aufwachen würde? Immerhin hatten die Ärzte Hoffnung, denn Lena konnte ohne Hilfe atmen. Es gab also Fortschritte. Na ja, immerhin gab es keine Verschlechterung.
Sie
hatte Hoffnung, und sie konnte gut darauf verzichten, dass man ihr etwas anderes einredete. Sie mussten positiv denken. Für Lena.
     
    Bei jedem Besuch saß sie am Bett und versuchte, Lena durch pure Gedankenkraft zum Aufwachen zu bewegen. Wie hatte das alles nur passieren können? Warum schlief ihre Schwester in einem fremden Bett? Warum, warum, warum? Sie wusste, dass es keinen Zweck hatte, aber es fiel ihr einfachleichter, ihre Gedanken in Zorn zu verwandeln und diesen Zorn dann gegen eine bestimmte Person zu lenken: Justin. Lenas Freund, der, soweit sie wusste, der Letzte gewesen war, der Lena
wach
gesehen hatte. Sie schluckte hart und versuchte nicht an ihn zu denken.
    Stattdessen überlegte sie, wann sie wieder an der Theke ihrer Bar stehen könnte. Sie würde noch verrückt werden, wenn sie dauernd an Lenas Bett saß und grübelte. Außerdem hatte ihr Barmädchen Eliza (Doolittle) den Thekendienst für sie übernommen, und die würde die Bar vermutlich in den Bankrott treiben, schon wegen ihres enormen Gläserverschleißes. Eigentlich musste sie wirklich dringend wieder arbeiten. Das bedeutete ja keineswegs, dass sie Lena im Stich ließ. Nein, sie würde nur ein paar Thekendienste übernehmen und trotzdem jeden Tag ins Krankenhaus gehen, um nach ihrer Schwester zu sehen.
    Mit ihrer sorgfältig manikürten Hand fuhr sie sich durch das kurze Haar und fragte sich, wo um alles in der Welt eigentlich Millie blieb. Inzwischen hätte sie längst hier sein müssen. Sie hatte sich verspätet. Wie immer.
    «Ich dachte, Sie erwarten Ihre Schwester?», fragte Schwester Gratten. Konnte sie Gedanken lesen? Cara schwieg, sah wieder auf die Uhr und fragte sich, wo sich ihre verantwortungslose kleine Schwester bloß wieder herumtrieb. Bestimmt ging es wieder um einen Mann.
    «Cara   …», begann Ade vorsichtig. Er wusste, dass sie sehr empfindlich reagierte, wenn man sie beim Denken störte.
    «Ade», unterbrach Cara ihn. «Das ist jetzt schon das dritte Mal, dass sie zu spät kommt. Kapiert sie es denn immer noch nicht? Lena sitzt hier fest und kann sich nicht bewegen, aber für Millie scheint das nicht auszureichen, umsie dazu zu bringen, rechtzeitig hier aufzutauchen. Sie ist ein verwöhntes Gör!»
    «Reg dich nicht auf.»
    «Noch mehr aufregen kann ich mich gar nicht. Wir müssen uns um unsere Bar kümmern, sie kann nicht einfach hereinschneien, wenn ihr danach ist!» Natürlich ließ sie ihre Wut an der falschen Person aus. Aber Ade würde damit klarkommen. Inzwischen waren sie seit über zehn Jahren zusammen, er kannte sie. Und er wusste, wie sehr sie ihn liebte.
    Ade schloss sie in seine muskulösen Arme. «Sie kommt schon noch», flüsterte er ihr ins Ohr. Er war über einen Meter achtzig groß und stark genug, um sie festzuhalten. Er bot ihr Liebe, Schutz, Sicherheit.
    Schließlich befreite sie sich aus seiner Umarmung. «Verdammt. Verdammt sei alles. Der Schuh. Justin, weil er so ein beschissener Freund ist und nicht auf sie aufgepasst hat. Was hat er sich bloß
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