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Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt

Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt

Titel: Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt
Autoren: Becca Fitzpatrick
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Mond warf. Er zog seinen Mantel fester um sich, während er an engen, unbefestigten Hofeinfahrten vorüberkam, die mit Maschendraht eingezäunt waren; die Häuser dahinter waren dunkel und unheimlich still. Zweimal hatte er das Gefühl, verfolgt zu werden, doch als er sich umsah, war da niemand.
    Bei Monroe Nr. 1565 angekommen, öffnete er das Tor und ging nach hinten um das Haus herum. Er klopfte einmal und sah, wie sich hinter den Spitzengardinen ein Schatten bewegte.

    Die Tür wurde einen Spalt breit geöffnet.
    »Ich bin’s«, flüsterte Harrison.
    Die Tür ging gerade weit genug auf, um ihn hineinzulassen.
    »Ist dir jemand gefolgt?«, wurde er gefragt.
    »Nein.«
    »Sie steckt in Schwierigkeiten.«
    Harrisons Herz schlug schneller. »Was für Schwierigkeiten? «
    »Wenn sie sechzehn wird, kommt er sie holen. Du musst sie weit weg von hier bringen. Irgendwohin, wo er sie niemals finden kann.«
    Harrison schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht …«
    Ein drohender Blick seines Gegenübers unterbrach ihn. »Als wir diese Abmachung getroffen haben, habe ich dir gesagt, dass es Dinge gibt, die du nicht verstehen würdest. Sechzehn ist ein verfluchtes Alter in – in meiner Welt. Mehr brauchst du nicht zu wissen«, schloss er abrupt.
    Die beiden Männer sahen einander an, bis Harrison schließlich vorsichtig nickte.
    »Du musst deine Spuren verwischen«, wurde ihm gesagt. »Wo auch immer du hingehst, musst du von vorne anfangen. Niemand darf wissen, dass du aus Maine kommst. Niemand. Er wird nie aufhören, nach ihr zu suchen. Verstehst du?«
    »Ich verstehe.« Aber seine Frau? Und Nora?
    Harrisons Augen passten sich allmählich der Dunkelheit an, und er stellte verwundert und ungläubig fest, dass der Mann, der vor ihm stand, seit ihrem letzten Treffen nicht einen Tag älter geworden war. Tatsächlich schien er seit dem College nicht einen Tag gealtert zu sein, als sie sich ein Zimmer geteilt hatten und beste Freunde geworden waren. Ob es an den Schatten lag?, fragte sich Harrison. Es konnte nicht anders sein. Etwas jedoch hatte sich verändert. Da war eine
kleine Narbe unten an der Kehle seines Freundes. Harrison sah sich die Verunstaltung genauer an und zuckte zurück. Ein Brandmal, etwas erhöht und glänzend, kaum größer als ein Vierteldollar. Es hatte die Form einer geballten Faust. Zu seinem Entsetzen erkannte Harrison, dass sein Freund gebrandmarkt worden war. Wie ein Stück Vieh.
    Sein Freund spürte Harrisons Blick, und sein Ausdruck wurde stählern, abwehrend. »Es gibt Leute, die mich zerstören wollen. Die mich entmutigen und entmenschlichen wollen. Ich habe eine Gesellschaft gegründet, zusammen mit einem treuen Freund. Es werden ständig neue Mitglieder aufgenommen.« Er hielt inne, als sei er sich nicht sicher, wie viel er noch sagen sollte, dann sprach er hastig zu Ende. »Wir haben die Gesellschaft zu unserem Schutz ins Leben gerufen und ihr Treue geschworen. Wenn du mich noch so gut kennst wie früher, dann weißt du, dass ich alles Nötige tun werde, um meine Interessen zu schützen.« Er machte eine kleine Pause und fügte beinahe geistesabwesend hinzu: »Und meine Zukunft.«
    »Die haben dich gebrandmarkt«, sagte Harrison in der Hoffnung, sein Freund würde den Ekel nicht bemerken, der ihn erfasst hatte.
    Sein Freund sah ihn einfach nur an.
    Einen Augenblick später nickte Harrison, um zu zeigen, dass er verstand, auch wenn er es nicht für richtig hielt. Je weniger er wusste, desto besser. Sein Freund hatte das öfter klargestellt, als er zählen konnte. »Gibt es sonst noch etwas, das ich tun kann?«
    »Bring sie einfach nur in Sicherheit.«
    Harrison schob seine Brille auf dem Nasenrücken nach oben. Unbeholfen setzte er an: »Ich dachte, du möchtest vielleicht wissen, dass sie gesund und kräftig ist. Wir haben sie Nor…«

    »Ich will nicht an ihren Namen erinnert werden«, unterbrach ihn sein Freund schroff. »Ich habe alles getan, was in meiner Macht stand, um ihn aus meiner Erinnerung zu tilgen. Ich will überhaupt nichts über sie wissen. Ich will, dass keine Spur von ihr in meiner Erinnerung zu finden ist, die dieser Bastard entdecken könnte.« Er drehte sich um, und Harrison wusste, dass ihr Gespräch zu Ende war. Einen Augenblick blieb er noch stehen; so viele Fragen lagen ihm auf der Zunge, doch wusste er auch, dass es nicht gut wäre, ihn zu drängen. Er unterdrückte sein Bedürfnis, diese dunkle Welt zu verstehen, die seine unschuldige Tochter nicht verdient hatte, und
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