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Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt

Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt

Titel: Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt
Autoren: Becca Fitzpatrick
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noch da, aber der Schmerz ging nur noch halb so tief. Es hatte keinen Sinn mehr, an der Vergangenheit festzuhalten, wenn ich doch alles hatte, was ich gerade jetzt wollte. Und das hatte ich Patch zu verdanken. »Sie war so rücksichtsvoll, mich daran zu erinnern, dass mein Vater tot ist.«

    »Soll ich mal mit ihr reden?«
    »Das hört sich ein bisschen nach ›Der Pate‹ an.«
    »Wie hat der Krieg zwischen euch angefangen?«
    »Das ist es ja. Ich weiß es nicht einmal genau. Zuerst ging es darum, wer beim Mittagessen die letzte Schokoladenmilch bekam. Dann, eines Tages in der sechsten Klasse, kam Marcie in die Schule marschiert und hat ›Nutte‹ auf meinen Spind gesprüht. Sie hat nicht mal versucht, es zu vertuschen. Die ganze Schule hat zugesehen.«
    »Sie ist einfach so ausgerastet? Ohne Grund?«
    »Mhmhm.« Keiner, der mir eingefallen wäre, jedenfalls.
    Er schob eine Locke hinter mein Ohr. »Wer gewinnt den Krieg?«
    »Marcie, aber nur knapp.«
    Sein Lächeln wurde breiter. »Los, du kriegst sie noch, Tiger.«
    »Und da ist noch was. Nutte? In der sechsten Klasse hatte ich noch nicht mal irgendwen geküsst. Marcie hätte das besser an ihren eigenen Spind sprühen sollen.«
    »Das hört sich allmählich an, als wärst du ganz besessen von ihr, Engelchen.« Er ließ seinen Finger unter das Band meines Tank Tops gleiten, und seine Berührung jagte Stromstöße über meine Haut. »Ich wette, ich kann dich von Marcie ablenken.«
    Ein paar Lichter brannten im oberen Stockwerk des Farmhauses, aber da ich das Gesicht meiner Mutter nicht an eine Fensterscheibe gepresst sah, hatten wir vermutlich noch etwas Zeit. Ich nahm den Sicherheitsgurt ab und lehnte mich über die Mittelkonsole, fand Patchs Mund in der Dunkelheit. Ich küsste ihn langsam, genoss den Geschmack von Seesalz auf seiner Haut. Er hatte sich am Morgen rasiert, aber jetzt kratzten seine Stoppeln meine Haut. Sein Mund streifte meine
Kehle, und ich fühlte die Berührung seiner Zunge, was mein Herz gegen meine Rippen schlagen ließ.
    Patch küsste sich weiter meine Schulter entlang. Er schob den Träger meines Tank-Tops beiseite und streifte mit seinem Mund meinen Arm. In diesem Moment wollte ich ihm so nah sein wie nur möglich. Ich wollte, dass er nie mehr fortging. Ich brauchte ihn jetzt in meinem Leben und morgen und übermorgen. Ich brauchte ihn, wie ich noch nie zuvor irgendjemanden gebraucht hatte.
    Vorsichtig krabbelte ich über die Konsole und setzte mich auf seinen Schoß. Dann ließ ich meine Hände seine Brust hinaufgleiten, griff ihn um den Nacken und zog ihn an mich. Seine Arme lagen um meine Taille, hielten mich, und ich schmiegte mich dichter an ihn.
    Im Augenblick gefangen, schmuggelte ich meine Hände unter sein Hemd und dachte nur daran, wie schön es sich anfühlte, seine Körperwärme an meinen Händen zu spüren. Sobald meine Finger über die Stelle strichen, wo seine Flügelnarben gewesen waren, explodierte in meinem Hinterkopf ein Licht. Absolutes Dunkel, zerrissen durch einen Ausbruch blendenden Lichts. Es war, als würde man ein kosmisches Phänomen im Weltraum aus Millionen Meilen Entfernung sehen. Ich spürte, wie mein Geist in Patch hineingesogen wurde, in Tausende von persönlichen Erinnerungen, die dort aufgehoben waren, als er plötzlich meine Hand nahm und sie tiefer schob, weg von der Stelle, wo seine Flügel am Rücken hefteten, und alles wurde wieder normal.
    »Netter Versuch«, murmelte er, wobei seine Lippen beim Sprechen meine berührten.
    Ich knabberte an seiner Unterlippe. »Wenn du meine Vergangenheit einfach dadurch sehen könntest, dass du meinen Rücken berührst, dann würde es dir auch schwerfallen, der Versuchung zu widerstehen.«

    »Es fällt mir auch so schon schwer genug, meine Hände von dir zu lassen.«
    Ich lachte, aber mein Gesichtsausdruck wurde schnell ernst. Auch wenn ich mich scharf konzentrierte, konnte ich mich kaum daran erinnern, wie mein Leben vor Patch gewesen war. Nachts, wenn ich im Bett lag, konnte ich mich mit völliger Klarheit an den tiefen Klang seines Lachens erinnern, an die Art, wie sein Lächeln auf der rechten Seite ein bisschen höher reichte, an die Berührung seiner Hände – heiß, glatt und köstlich auf meiner Haut. Aber nur mit großer Anstrengung konnte ich Erinnerungen aus den vorangegangenen sechzehn Jahren aufrufen. Vielleicht, weil diese Erinnerungen im Vergleich zu Patch verblassten. Oder vielleicht, weil da eigentlich nichts wirklich Gutes gewesen war.
    »Verlass
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