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Bis das Blut gefriert

Bis das Blut gefriert

Titel: Bis das Blut gefriert
Autoren: Jason Dark
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fühlten sich in einen Horrorfilm versetzt, als sie jetzt endlich erkannten, was auf der Oberfläche schaukelte.
    Bleiche Knochen...
    Gebeine – der Teil eines Gerippes. Ein kleiner Skelettschädel, auch Knochenarme und ebensolche Beine. Die Rest eines oder mehrerer Menschen. Ein Schädel lag so, dass sie direkt in die leeren Augenhöhlen schauen konnten.
    Rosanna war vor Entsetzen starr geworden. Nie hätte sie gedacht, dass ein derartiger Schrecken einmal wie ein Blitz in ihr Leben würde einschlagen können. Sie wunderte sich darüber, dass sie noch sprechen konnte. Nur mühsam stieß sie die Worte hervor, und der Satz war nichts anderes als ein abgehacktes Flüstern.
    »Das ist doch nicht wahr, Flavio! Verdammt, sag, dass es nicht wahr ist!«
    »Hör auf!«
    »Warum?«
    »Das ist kein Traum. Wie auch die Kälte. Wir bilden uns beide nichts ein.«
    Er hatte Recht. Rosanna konzentrierte sich allmählich wieder auf sich selbst. Sie spürte, dass ihr Herz viel schneller schlug als gewöhnlich, aber es arbeiteten auch die Gedanken. Wieder fiel ihr das Gerücht ein. Das kalte Blut im Taufbecken, von dem der Pfarrer gesprochen hatte. Es war so unvorstellbar, und Rosanna hätte es niemals geglaubt. jetzt sah die Sache anders aus.
    Vor ihr schwamm das alte Blut. Es war nicht nur kalt, es stank auch widerlich, als befänden sich darin versteckt noch irgendwelche Menschen, deren Körper allmählich verwesten.
    Das bekamen sie nicht zu sehen. Es blieb bei den Knochen, die auf der Oberfläche schwammen. Die Masse stieg nicht mehr. Es war auch kaum möglich. Bei einem weiteren Anstieg wäre sie über den Rand des Brunnens geschwappt.
    Diesmal war es Flavio, der die Starre als erster abstreifte. Er umfasste den Arm seiner Freundin. Er übte nur einen leichten Druck der Finger aus, aber Rosanna verstand das Zeichen. Sie wollten hier weg. Sie mussten weg, denn wer konnte schon sagen, was da noch alles passierte.
    Sie ging zurück, ohne auch nur einen Blick über die Schulter zu werfen. Dass auf der Decke die noch nicht leere Flasche stand, sah sie nicht. Mit der Hacke stieß Rosanna dagegen. Die Flasche kippte um, der Rest des Weins ergoss sich über die helle Decke hinweg, die nun aussah wie in Blut getaucht.
    Aber das schwere Blut war nicht übergeschwappt. Es blieb innerhalb des Brunnens und drang auch nicht über den Rand hinweg. Auf ihm schwammen die Gebeine zwischen den Blasen, die noch immer blubberten und zerplatzten.
    Rosanna warf sich in Flavio’s Arme. »Bitte«, flüsterte sie, »bitte, ich... ich will weg. Ich kann nicht mehr. Verstehst du?«
    Er streichelte ihr über das Haar und auch über den Rücken. »Ist schon klar. Es ist alles in Ordnung. Wir haben es geschafft.«
    »Ich will auch nichts wegräumen. Nur nicht mehr bleiben. Bitte, ich... ich kann nicht.«
    Flavio konnte sie verstehen. Ihm erging es nicht anders. Auch ihn hatte die Furcht gelähmt. Obwohl in seinem Innern die Hektik wahre Triumphe feierte, bewegte er sich langsam. Er wollte alles der Reihe nach machen. Nur nicht durchdrehen.
    Er ging zu seiner Maschine und wollte schon den Ständer lösen, als er Rosanna’s leisen Ruf vernahm. Es war mehr ein Schrei, der im letzten Augenblick erstickt wurde, aber er zwang den jungen Mann, seinen Kopf zu drehen.
    Rosanna stand fest wie eine Säule auf ihrem Platz. Sie hatte den rechten Arm halb erhoben, den Zeigefinger ausgestreckt und deutete auf eine bestimmte Stelle.
    Zuerst glaubte er, sie würde ins Leere zeigen, doch das stimmte nicht. Als er genauer hinsah, da fielen ihm die Bewegungen in der Dunkelheit auf.
    Um den Brunnen herum standen mehr oder weniger weit entfernt die alten Ruinen. Im ersten Moment hatte er den Eindruck, als wären sie dabei, sich zu bewegen. Nein, so weit ging der Zauber nicht. Aber es bewegten sich andere, und er fragte sich, ob das tatsächlich noch Menschen waren...
    Beim ersten Hinsehen sahen sie aus wie Mönche. Männer, die in Kutten steckten, die eigentlich viel zu groß waren. Sie hatten sie um ihre Körper geschlungen und bewegten sich lautlos über das alte Ruinenfeld hinweg. Sie kamen von drei verschiedenen Seiten. Nur die Seite, an der sich die beiden jungen Menschen aufhielten, blieb leer.
    Mönche? Menschen?
    Weder das eine oder das andere kam für Flavio in Betracht. Auch wenn er seine Freundin auf Grund ihres Aberglaubens vor kurzem noch ausgelacht hatte, jetzt würde er das nicht mehr tun, denn diese Gestalten waren seiner Meinung nach Gespenster. Er wusste
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