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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim
Autoren: Fischnapping
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Bowles-Anzeige sehen, die Sie vorhin
hatten?«
    »Die darf ich Ihnen eigentlich nicht zeigen.«
    »Nur ausnahmsweise. Sie sind mir noch was schuldig, wie
Sie selbst sagen. Von Karpfenfreund zu Karpfenfreund.«
    Er wühlte wieder in seiner Brieftasche, reichte mir das
Formular. Ich wischte das Fischmehl weg. Anzeigenformular 101, Datum: 23.Juli,
blablabla, Anzeigensteiler: Frederic Bowles, derzeit wohnhaft Marbella Avenue
32, Wool. Den Rest konnte ich mir sparen.
    »Es könnte«, sagte ich, als ich das Formular zurückgab,
»wohl nicht zufällig eine Verbindung zwischen beiden bestehen? Ihrem Fisch und
meinem Fisch?«
    »Was meinen Sie?«, fragte er.
    »Na ja, da stiehlt ein Pärchen meinen Fisch, und dasselbe
Pärchen ist genau zu der Zeit, als Ihr Fisch gestohlen wird, in seinem
klapprigen Volvo ganz in der Nähe von Ihrem Haus unterwegs.«
    »Ich versteh nicht ganz«, sagte er.
    »Bei beiden Delikten geht's um Fische, nicht? Vielleicht haben
die zwei ein ungesundes Interesse an Fischen.«
    »Es ist kaum möglich, ein ungesundes Interesse an Fischen
zu haben, Al.«
    »Einverstanden, aber vielleicht sind sie davon besessen,
Fische zu stehlen, so, wie
manche Leute Schuhe stehlen ... oder Toblerone.« Wieso sagte ich das?
    Er tat den Gedanken mit einem abfälligen Schnaufen ab.
»Unterschiedlicher Modus Operandi, Al. Das ist ein Fachbegriff, aber laienhaft
formuliert heißt das, dass unterschiedliche Verbrecher bei unterschiedlichen Delikten
auf die gleiche Weise vorgehen - oder bei den gleichen Delikten auf
unterschiedliche Weise? Ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls, ich will damit
sagen, dass Ihre Fische aus Holz sind, meine Fische dagegen sind aus ... na,
Fisch. Verstehen Sie? Außerdem, einen solchen Eindruck haben die beiden nicht
auf mich gemacht. Sie kamen mir wie ausgesprochen redliche Bürger vor,
Mitglieder des Wandervereins, so was eben. Sie haben darauf beharrt, Anzeige
gegen Sie zu erstatten, was sie wahrscheinlich nicht getan hätten, wenn sie
waschechte Kriminelle wären.«
    »War nur so ein Gedanke. Ich nehme an, da können Sie wohl
nichts machen. Die beiden zur Vernunft bringen, meine ich.«
    »Al, glauben Sie mir, ich würde, wenn ich könnte, nach
dem, was ich Ihnen heute Morgen zugemutet habe.« Er schloss seine Aktentasche
mit einem Klick, stand auf. »Die einzige Möglichkeit wäre, ich hätte irgendwas
gegen sie in der Hand, dann könnte ich ihnen einen Deal anbieten: Wenn sie die
Anzeige gegen Sie zurückziehen, lassen wir im Gegenzug die Anschuldigungen
gegen sie fallen.«
    »Na, wenn die wirklich so redlich sind, wie Sie sagen,
wird es dazu wohl nicht kommen. Dann werde ich mich dem Gesetz stellen, auf das
Beste hoffen müssen.«
    »So ist's recht.« Er klopfte mir auf den Rücken. »Wissen
Sie was, Al? Es macht mich immer traurig, einen leeren Teich zu sehen, ohne
Kois, die ihn beleben. Ich werde Ihnen zwei von meinen schenken, als
Entschuldigung, weil ich Sie falsch eingeschätzt habe. Kommen Sie doch abends
mal vorbei und bringen Sie eine Kühlbox mit. Sie haben die freie Auswahl, bis
auf Mutter Teresa natürlich, falls ich sie wiederkriege. Was sagen Sie dazu?«
    Was konnte ich dazu sagen? Ich sagte Danke und brachte ihn
zur Tür, sagte erneut Danke, als ich noch mit zu seinem Wagen ging und
zuschaute, wie er sich anschnallte. Würde ich ihn beim Wort nehmen? Ich wusste
es nicht. Aber eines wusste ich genau. Ich würde ihm seinen Fisch zurückgeben,
so schnell ich konnte.
     
    Ich hatte keine Zeit zu verlieren. In acht Stunden würde
Emily auftauchen, um meinem neuen Leben einen Kickstart zu verpassen. Acht
Stunden, um alles zu regeln. Ich holte die Kühlbox, ging zum Teich und füllte
sie mit Wasser. Ich streifte der Nymphe ein letztes Mal das T-Shirt über und
machte das Rufsignal. Mutter Teresa war im Nu da, blies mir durchs Wasser
Bläschen zu. Im Grunde war sie nicht mein Typ, aber es war trotzdem schön, sie
zu sehen. Sie war schließlich ein Koi.
    Ich streute ein paar Pellets rein, und während sie fraß,
hob ich sie so sanft mit dem Kescher hoch, dass sie es kaum merkte. Ich zog sie
schwungvoll aus dem Wasser, hielt sie einen Moment lang in der Luft, sodass
Licht auf ihren nassen Rücken fiel und ihre Farben aufblitzten wie elektrisehe
Funken. Ich hätte sie auch gleich in die Box hinunterlassen können, aber ich
tat es nicht. Ich wollte sie fühlen, wollte wieder fühlen, wie ein Fisch mir
durch die Finger glitt, fühlen, wie das Leben sie durchwogte, flink und sicher.
Ich schob
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