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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim
Autoren: Fischnapping
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hatte sie das gemacht? Ihre Arme
waren nackt, aber hatte sie nicht eben ihr Dekolleté zurechtgeschoben? Hatte
sie den Buchstaben dort versteckt, als ich rausgegangen war, um was zu trinken
zu holen? Und wie viele Buchstaben hatte sie noch im Ausschnitt und was für
welche? Einen Joker? Ein paar S? Ein Buchstabe ging ja noch, aber das hier war
schließlich mein Spiel. Ich beugte mich vor, riskierte einen Blick.
    »Augen aufs Brett, Al«, sagte sie. »Alles andere später.«
    Und los ging's. STERIL war ihr erstes Wort, freches Biest.
Ich hätte sie da schon einsetzen können, die Buchstaben, die ich in der
Hinterhand hatte, aber das hätte keinen Spaß gemacht. Es ging jetzt nicht
darum, diese Partie zu gewinnen. Es ging um den Gesamtsieg. Ich genoss es,
Michaela in Sicherheit zu wiegen, mit lahmen Drei-Buchstaben-Nulpen auf ihre
Fünf- und Sechs-Buchstaben-Hämmer zu antworten. An das T von ihrem STERIL
legte ich MUT. An ihr NEOLOGE mit doppeltem Wortwert legte ich GANS, woraufhin
sie sich geschlagene drei Minuten vor Lachen nicht mehr einkriegte. In dem Stil
ging es weiter, das Brett füllte sich, meine Chancen, das Blatt zu wenden,
verringerten sich mit jeder Minute. Okay, ich legte zwischendurch auch mal ein
Juwel. Zum Beispiel BIDET an ihr EVIDENT, aber es war ihr großer Auftritt, ohne
jeden Zweifel. Bloß, es scherte mich nicht, beunruhigte mich nicht. Ich weiß
nicht, warum, aber ich wusste, wenn der Zeitpunkt kam, würde ich legen können,
was ich geplant hatte. Ich fühlte mich unbesiegbar. Ich war unbesiegbar. Ich hatte Rump geschlagen, die Bowles aus
dem Rennen gekickt, und nicht mal Carol konnte mir was anhaben. Ich konnte
machen, was ich wollte, und vorläufig wollte ich einfach so dasitzen und
zuschauen, wie Michaela mich sozusagen auf dem Brett überrollte und jedes Mal,
wenn sie einen Treffer landete, mit dem Hintern auf dem Sofa hin und her
rutschte.
    »Ich glaub, ich gewinne«, sagte sie.
    »Sieht ganz so aus.«
    »Es scheint dir nichts auszumachen.«
    »Na ja, Gewinnen ist doch relativ, oder? Kommt drauf an,
wobei man gewinnt. Bei einer albernen Partie Scrabble oder bei etwas, das ein
bisschen größer ist. Du bist dran.«
    Und dann tat sie es. Lieferte mir das Wort, das ich
brauchte, lieferte es mir, als das Brett drei viertel voll war und ich so gut
wie verloren hatte.
    »Das Wort kenn ich nicht«, sagte ich.
    »Das wundert mich überhaupt nicht«, sagte sie. »Willst
du's nachschlagen?«
    »Nein, nein. Es genügt mir, wenn du es kennst. Hat sogar
ein I am Ende. Das ist ganz schön beeindruckend.«
    »Ich bin ganz schön beeindruckend«, sagte sie und spielte
wieder an ihrem Ausschnitt herum.
    Ich schob meine Buchstaben hin und her, schaffte es, sie
zu Boden fallen zu lassen. Es ging ganz schnell, sie in meine Tasche zu schmuggeln
und gegen die Trümpfe, die ich zurückgehalten hatte, auszutauschen. Sie lagen
auf dem Bänkchen, noch ehe Michaela ihre neuen Buchstaben sortiert hatte.
ÜGBHCNE. Alakazam! hatte mir doch so einiges beigebracht.
    »Tja«, sagte ich, »ich geb auf. Wenn das keine Pechsträhne
ist. Ich meine, kuck dir das an. Ein G und ein B, ein H und ein C, ein N und
ein E und zu allem Überfluss auch noch ein Ü.«
    »Bitte, Al. Du solltest mir nicht sagen, was du hast. Du
solltest es mir zeigen.«
    »Aber du bist so viel schneller als ich. Ich dachte, ich
wäre nicht schlecht, aber dein Wortschatz, phänomenal. Das letzte Wort zum
Beispiel, KAURI, na los, sag schon, was ist das?«
    »Ein neuseeländischer Nadelbaum.«
    »Da siehst du's. Ich meine, ich hab noch nie davon gehört,
von einem Kauri. Ist bestimmt groß, was? Ich wette, ein riesiger Hobbit würde
sich in einem dichten Kauri-Wald verirren.«
    »Ich glaube, du meinst Elfen, Al. Ein riesiger Hobbit ist
ein Widerspruch in sich.«
    »Dann eben Elfen. Eine Gruppe Elfen wäre in so einem Kauri-Dschungel
vor lauter Blättern nicht zu sehen. Jedenfalls bis der Herbst kommt.«
    »Es sind Nadelbäume, Al. Die legen ihr Blätterkleid nicht
ab.«
    »Also ein bisschen so wie du. Du hast kleidermäßig auch
noch nicht viel abgelegt, seit du hier bist, wenn ich das sagen darf.«
    »Darfst du nicht.«
    »Tja, ich wünschte, du würdest mir helfen, diese Buchstaben
abzulegen. Was soll ich bloß mit dem Ü anfangen? Nein, nein, nicht sagen. Mir
fällt schon was ein. Wie ist noch mal der Punktestand?«
    »Achtundneunzig für mich, einunddreißig für dich.«
    »Peinlich, was? Ist dir das nicht peinlich? Mir schon.
Moment mal. Dein Kauri. Hat
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